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Gering im Wert, groß in der Wirkung – Zusammenrechnung geringwertiger Wirtschaftsgüter bei der Beurteilung wesentlicher eigener Betriebsmittel iSd § 4 Abs 4 ASVG

CHRISTINA SCHNITTLER (WIEN)
  1. Das Vorhandensein nicht nur geringwertiger Wirtschaftsgüter iSd § 13 EStG 1988 im Betriebsvermögen ist eine notwendige, aber nicht in allen Fällen ausreichende Voraussetzung, um von wesentlichen eigenen Betriebsmitteln iSd § 4 Abs 4 ASVG ausgehen zu können. Werden darüber hinaus auch Betriebsmittel des DG genutzt und kommt diesen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegenüber den eigenen Betriebsmitteln eine so überragende Bedeutung zu, dass dadurch die eigene unternehmerische Struktur ganz in den Hintergrund tritt, liegen keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel iSd § 4 Abs 4 ASVG vor. In die Gesamtbetrachtung haben auch die für organisatorische Belange bereitgestellte Infrastruktur sowie etwa das Angewiesensein auf den Marktauftritt des Auftraggebers einzufließen.

  2. Es ist unerheblich, ob die Wertgrenze des § 13 EStG 1988 durch ein Wirtschaftsgut allein oder durch die Zusammenrechnung mehrerer Güter erreicht wird. Notwendig ist aber im Hinblick auf nicht schon ihrer Art nach nur der betrieblichen Tätigkeit dienende Güter, dass eine steuerliche Veranlagung überhaupt stattfindet, da sonst eine Widmung für die betriebliche Verwendung nicht feststellbar ist und der gänzliche Verzicht auf das Absetzen von Betriebsausgaben gegen eine unternehmerisch ausgeübte Erwerbstätigkeit spricht.

  3. Wurde die Geringwertigkeitsgrenze einmal überschritten – sei es durch ein einziges Wirtschaftsgut, sei es durch die Zusammenrechnung mehrerer in das Betriebsvermögen aufgenommener Güter –, ist das Vorhandensein wesentlicher eigener Betriebsmittel zu bejahen, solange die betreffenden Wirtschaftsgüter tatsächlich genutzt werden, auch wenn sie bereits vollständig abgeschrieben sind.

1 Mit Bescheid [...] stellte die Österreichische Gesundheitskasse [ÖGK] fest, dass der Revisionswerber auf Grund seiner Tätigkeit als [...] als DN für den Verein K [...] der Pflichtversicherung in der KV, UV und PV [...] unterlegen sei. [...]

2 Mit dem angefochtenen [...] Erk gab das BVwG der vom Revisionswerber [...] erhobenen Beschwerde teilweise statt. Es stellte fest, dass der Revisionswerber [...] als freier DN für den Verein K gem § 4 Abs 1 Z 14 iVm Abs 4 ASVG der Pflichtversicherung in der KV, UV und PV [...] unterlegen sei. [...] 6 Dem Revisionswerber sei zu Jahresbeginn eine Excel-Tabelle mit bereits gelisteten Anfragen übermittelt worden [...]. Per E-Mail habe der Revisionswerber die für ihn in Frage kommenden Wanderführungen mit Datumsangabe mitgeteilt. Sofern er

dafür ausgewählt worden sei, habe ihm der Verein eine Bestätigung ausgestellt, dass ihm die Tour zugeteilt worden sei.

7 [...] Die vom Verein [...] erstellten und angebotenen touristischen Wandertouren würden auf dessen Website veröffentlicht und beinhalteten neben der Tourenbeschreibung samt Angabe des Wanderziels auch Informationen zum Schwierigkeitsgrad, der Tourenkategorie, zur voraussichtlichen Gehzeit, der Anzahl an Höhenmetern, der Länge, den Einkehrmöglichkeiten sowie Angaben zum Ausgangspunkt. Die Naturführungen würden unter Angabe des Themas der Naturführung, der Dauer/Rückkehr, des Treffpunkts und der Kosten abgebildet. [...] Das Thema der Wanderung sei jeweils vorgegeben, wobei die konkrete Themenaufbereitung dem Revisionswerber oblegen sei.

8 Der Revisionswerber habe sich bei der Durchführung der Wandertouren stets an den herrschenden Witterungsbedingungen sowie auch an den körperlichen Fähigkeiten seiner Teilnehmer orientiert. Dabei sei er berechtigt gewesen, eigenständige Entscheidungen ohne Rücksprache mit dem Verein zu treffen, auch in Hinblick auf die Wahl des Weges zum Tourenziel, sofern dieses über mehrere Wege erreichbar gewesen sei. Ein Abgehen vom Tourenziel sei grundsätzlich möglich gewesen, hätte aber der Zustimmung sämtlicher Teilnehmer unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrads bedurft. Insofern sei eine Bindung an das Tourenziel vorgelegen.

9 Seiner Tätigkeit sei der Revisionswerber stets persönlich nachgekommen. [...]

10 Weisungen seien ihm nicht erteilt worden [...]. Auch hätten keine Besprechungen mit dem Verein stattgefunden. [...]

11 Für die Wandertouren wesentliche Betriebsmittel seien dem Revisionswerber nicht zur Verfügung gestellt worden. Über Bergschuhe, Funktionsbekleidung, Rucksack, Erste-Hilfe-Ausrüstung, Schneeschuhe, Schneeschaufel, Sonde, Bücher etc habe er selbst verfügt. Der Revisionswerber habe keine eigene Homepage gehabt. Er habe Visitenkarten verteilt.

12 Die Abrechnung mit dem Verein sei mittels Honorarnotenlegung nach ganzen oder halben Tagen nach durchgeführter Wandertour anhand der ausgeschriebenen Tourgehzeit unter Zugrundelegung des vorab bekannten Stundensatzes erfolgt. Zudem sei ihm auch Kilometergeld ausgezahlt und Aufwandersatz (etwa für Parkgebühren) erstattet worden.

13 Der Revisionswerber sei [...] bei drei weiteren Auftraggebern tätig gewesen. [...]

15 Im Anschluss bejahte das BVwG, dass den Revisionswerber eine persönliche Arbeitspflicht getroffen 454 habe. Es verneinte jedoch [...] die persönliche Abhängigkeit des Revisionswerbers. [...]

16 Es bleibe zu prüfen, ob ein freier Dienstvertrag iSd § 4 Abs 4 ASVG vorgelegen sei. Die demnach maßgeblichen Voraussetzungen sah das BVwG als gegeben an: [...] Was die von ihm genutzte Ausrüstung betreffe, so handle es sich um geringwertige Wirtschaftsgüter, die auch der privaten Lebensführung dienten und auch privat bei Wandertouren zum Einsatz kämen. Vor diesem Hintergrund sei von einem Fehlen wesentlicher eigener Betriebsmittel auszugehen. [...]

17 Der Aufbau einer unternehmerischen Struktur (etwa durch eine Homepage etc) sei [...] nicht ersichtlich. Vielmehr profitiere der Revisionswerber von der Präsentation der Touren auf der Website des Vereins. [...]

19 Da der Revisionswerber somit seine Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich und gegen Entgelt erbracht und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt habe, liege ein freies Dienstverhältnis gem § 4 Abs 4 ASVG vor. [...]

23 Im weiteren Vorbringen [...] wird geltend gemacht, dass der Revisionswerber [...] über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügt habe. In diesem Zusammenhang [...] wird vorgebracht, dass Rsp des VwGH zu der Frage fehle, ob und unter welchen Voraussetzungen die Anschaffungskosten mehrerer geringwertiger Wirtschaftsgüter für die Beurteilung der „Wesentlichkeit“ iSd § 4 Abs 4 ASVG zusammenzuzählen seien. Der Revisionswerber habe eine LVS-Lawinenausrüstung, Bergschuhe, Funktionsbekleidung, Orientierungsmaterial, Handy-Apps, Rucksack, Erste-Hilfe-Ausrüstung, GPS-Geräte, Fachliteratur etc anschaffen müssen. Keine dieser Anschaffungen habe einzeln den Wert von € 800,– überstiegen, seine Tätigkeit als Bergwanderführer habe aber das Vorliegen aller Betriebsmittel in ihrer Gesamtheit erfordert. Die gesamten Anschaffungskosten hätten den Betrag von € 800,– bei weitem überschritten. [...]

24 Gem § 4 Abs 4 ASVG unterliegen freie DN der Pflichtversicherung nach dem ASVG, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen.

25 Im vorliegenden Fall ist weder die Entgeltlichkeit der Tätigkeit noch die persönliche Erbringung der Dienstleistungen strittig (das gilt auch für die weiteren in § 4 Abs 4 ASVG genannten [...] Voraussetzungen [...]). Auffassungsunterschiede bestehen hinsichtlich der Frage, ob der Revisionswerber über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügte.

26 Dem Gesetz selbst ist nicht zu entnehmen, nach welchen Kriterien und Maßstäben die „Wesentlichkeit“ der Betriebsmittel zu ermitteln ist. Die Gesetzesmaterialien zum ASRÄG 1997, auf das die geltende Fassung des § 4 Abs 4 ASVG im Wesentlichen zurückgeht, sind insofern aufschlussreich, als es im Ausschussbericht 912 BlgNR 20. GP 5, heißt:

„Gleichzeitig soll die [Anm: in der Regierungsvorlage noch enthaltene] Voraussetzung des Nichtvorhandenseins einer unternehmerischen Struktur durch die gleichwertige, aus dem Begriff der wirtschaftlichen Abhängigkeit (vgl § 4 Abs 2 ASVG) ableitbare Voraussetzung, dass die freien Dienstnehmer über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, dh ihre Tätigkeit im Wesentlichen mit Betriebsmitteln des Dienstgebers ausüben, ersetzt werden. Die Tätigkeit mit fremden Betriebsmitteln (wirtschaftliche Abhängigkeit) ist eine Folge der persönlichen Abhängigkeit.“

27 Zunächst leitete der VwGH aus den zitierten Gesetzesmaterialien ab, dass § 4 Abs 4 ASVG nicht bloß dann zur Anwendung kommt, wenn keinerlei eigene Betriebsmittel eingesetzt werden, sondern nur dann nicht, wenn derjenige, der die Leistung erbringt, im Wesentlichen nicht auf ihm zur Verfügung gestellte Betriebsmittel angewiesen ist (vgl insb VwGH 24.1.2006, 2004/08/0101, Aerobic-Trainerin [...]).

28 Im Erk VwGH 23.1.2008, 2007/08/0223, entwickelte der VwGH dann präzisere, vorrangig heranzuziehende Grundsätze für die Beurteilung des Vorhandenseins „wesentlicher eigener Betriebsmittel“ [...]. Er hob hervor, dass jedenfalls dann von einem arbeitnehmerähnlichen freien Dienstvertrag nach dem ASVG auszugehen sei, wenn der freie DN [...] „innerhalb und unter Verwendung der betrieblichen Struktur des Auftraggebers“ [...] tätig sei. Umgekehrt sei jedenfalls von der „Unternehmerähnlichkeit“ und damit der Pflichtversicherung nach dem GSVG statt dem ASVG auszugehen, wenn eine „unternehmerische Organisation bestimmten Ausmaßes“ klar zutage trete. In anderen als diesen beiden Fallgruppen könne die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein.

29 Maßgeblich dafür sei die Beurteilung der „wesentlichen Betriebsmittel“, die nach den Verhältnissen beim freien DN [...] zu erfolgen habe. Dazu wurde der folgende, mittlerweile in stRsp vielfach wiederholte Rechtssatz gebildet: „Grundsätzlich wird ein Betriebsmittel dann für seine (dadurch als unternehmerisch zu beurteilende) Tätigkeit wesentlich sein, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer entweder durch Aufnahme in das Betriebsvermögen (und der damit einhergehenden steuerlichen Verwertung als Betriebsmittel) der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist.“ Dabei sei stets vorausgesetzt, dass es sich um ein Sachmittel handle, welches für die konkret in Rede stehende Tätigkeit des freien DN wesentlich (iSv „dienlich“ bzw durch die Tätigkeit veranlasst) sei. Die „Dienlichkeit“ ist zwar [...] nicht mit der „Wesentlichkeit“ gleichzusetzen und daher nicht ausreichend, um diese zu bejahen; sie ist aber Grundbedingung dafür, dass ein Betriebsmittel wesentlich iSd § 4 Abs 4 ASVG sein kann. [...]

31 In späteren Entscheidungen forderte der VwGH – über das Vorhandensein nicht geringwertiger Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen hinaus – immer wieder eine „Gesamtbetrachtung“, um wesentliche eigene Betriebsmittel bejahen zu können: So wurde im Erk 2012/08/0163 betreffend einen Vertreter die Verfügung über eine nicht 455 nur geringwertige Laserwasserwaage als für sich allein noch nicht ausschlaggebend angesehen; in Zusammenhalt mit einer Büroausstattung samt PC und dem ebenfalls betrieblich genutzten, in das Anlagevermögen aufgenommenen PKW wurden jedoch wesentliche eigene Betriebsmittel bejaht. Im Beschluss VwGH 25.4.2018, Ra 2018/08/0044 bis 0045, betreffend eine Organisatorin von VHS-Kursen, erklärte der VwGH, dass es nicht ausreichend sei, wenn irgendein einzelnes nicht geringwertiges Betriebsmittel überwiegend beruflich genutzt werde, sondern eine Gesamtbetrachtung aller eingesetzten Betriebsmittel vorgenommen werden müsse, um zu beurteilen, ob sich die erwerbstätige Person damit eine eigene betriebliche Struktur geschaffen habe. Im Erk VwGH 22.2.2022, Ra 2020/08/0133, wurde ausgeführt, dass bei Vorhandensein nicht nur geringwertiger Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen in einem zweiten Schritt zu untersuchen sei, ob den darüber hinaus vom DG zur Verfügung gestellten Betriebsmitteln – im Rahmen der anzustellenden Gesamtbetrachtung – entscheidende Bedeutung für die ausgeübte Tätigkeit zukomme, oder ob es sich dabei um Hilfsmittel untergeordneter Bedeutung handle.

32 Das Vorhandensein nicht nur geringwertiger Wirtschaftsgüter im Betriebsvermögen ist also eine notwendige, aber nicht in allen Fällen ausreichende Voraussetzung, um von wesentlichen eigenen Betriebsmitteln iSd § 4 Abs 4 ASVG ausgehen zu können: Sollte in einer Gesamtbetrachtung der für die konkrete Tätigkeit des DN insgesamt eingesetzten Betriebsmittel die Nutzung von Betriebsmitteln des DG gegenüber dem Einsatz eigener Betriebsmittel so weit überwiegen, dass diese nur eine untergeordnete Bedeutung hätten und die mit ihnen geschaffene eigene unternehmerische Struktur des DN ganz in den Hintergrund träte, dann wären wesentliche eigene Betriebsmittel iSd § 4 Abs 4 ASVG zu verneinen.

33 Im vorliegenden Fall verfügte der Revisionswerber (bei dem keine unternehmerische Struktur „klar zu Tage trat“ [...]) über kein Betriebsmittel, das für sich genommen nicht nur geringwertig war. [...]

36 Der Revisionswerber bringt [...] vor, dass die von ihm eingesetzten geringwertigen Wirtschaftsgüter (LVS-Lawinenausrüstung, Bergschuhe, Funktionsbekleidung, Orientierungsmaterial, Handy-Apps, Rucksack, Erste-Hilfe-Ausrüstung, GPS-Geräte, Fachliteratur etc) zusammen bei weitem die Grenze der Geringwertigkeit überschreiten würden. Zu der Frage, inwieweit eine Zusammenrechnung geringwertiger Wirtschaftsgüter für die Zwecke der Abgrenzung nach § 4 Abs 4 ASVG in Betracht kommt, hat sich der VwGH bisher noch nicht geäußert.

37 Der Begriff der geringwertigen Wirtschaftsgüter stammt aus § 13 EStG 1988. Gem dieser Bestimmung können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von abnutzbaren Anlagegütern als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn diese Kosten für das einzelne Anlagegut € 800,– (im revisionsgegenständlichen Zeitraum; aktuell € 1.000,–) nicht übersteigen. Es handelt sich um eine Sondervorschrift zu § 7 EStG 1988 betreffend die „Absetzung für Abnutzung“, die verteilt auf die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu erfolgen hat. Von dieser Aufteilung auf mehrere Jahre wird bei Bagatellbeträgen aus Gründen der Vereinfachung abgesehen [...]. § 13 EStG 1988 enthält auch eine Regelung für Wirtschaftsgüter, die aus Teilen bestehen: Sie sind als Einheit aufzufassen, wenn sie nach ihrem wirtschaftlichen Zweck oder nach der Verkehrsauffassung eine Einheit bilden. Der Sinn dieser Zusammenfassung liegt darin, dass über derartige Einheiten üblicherweise einheitlich disponiert wird, sodass die Anwendung der auf isolierte Einzelgegenstände abstellenden Vereinfachungsregel des § 13 EStG 1988 nicht gerechtfertigt ist (vgl VwGH 30.1.2014, 2011/15/0084, mwN).

38 Das Abstellen auf die Betragsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter in der Rsp des VwGH zu § 4 Abs 4 ASVG verfolgt aber andere Zwecke, als sie dem § 13 EStG 1988 zugrunde liegen. Es geht nicht wie im Einkommensteuerrecht um die Bestimmung einer Schwelle für administrative Erleichterungen, sondern darum, Betriebsmittel zu erfassen, die zum einen als Teil des Betriebsvermögens steuerlich geltend gemacht werden (worin sich die Entscheidung manifestiert, unternehmerisch tätig sein zu wollen) und die zum anderen eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung haben. Gemessen an diesem Zweck ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Betragsgrenze durch ein Wirtschaftsgut allein oder durch die Zusammenrechnung mehrerer (nicht unbedingt eine wirtschaftliche Einheit bildender) Güter erreicht wird. Notwendig ist allerdings im Hinblick auf nicht schon ihrer Art nach nur der betrieblichen Tätigkeit dienende Güter, dass eine steuerliche Veranlagung überhaupt stattfindet, weil sonst eine Widmung für die betriebliche Verwendung nicht feststellbar ist und im Übrigen der gänzliche Verzicht auf das Absetzen von Betriebsausgaben gegen eine unternehmerisch ausgeübte Erwerbstätigkeit spricht. Geht man [...] davon aus, dass es sich bei den wesentlichen eigenen Betriebsmitteln um solche Sachmittel handeln muss, die der konkreten Erwerbstätigkeit dienen, so ist überdies zu folgern, dass die zusammenzurechnenden Wirtschaftsgüter im Allgemeinen schon bei Aufnahme der Tätigkeit vorhanden sein und dann im Rahmen der ersten Steuererklärung (wenn auch allenfalls im Rahmen der Inanspruchnahme einer Pauschalierung) geltend gemacht werden müssen. Wird die Grenze der Geringwertigkeit dennoch (ausnahmsweise) erst durch Zusammenrechnung mit einem später hinzukommenden Betriebsmittel überschritten, so wäre die Pflichtversicherung nach § 4 Abs 4 ASVG ab dem Zeitpunkt von dessen Aufnahme in das Betriebsvermögen zu verneinen. Wurde die Geringwertigkeitsgrenze einmal überschritten – sei es durch ein einziges Wirtschaftsgut, sei es durch die Zusammenrechnung mehrerer in das Betriebsvermögen aufgenommener Güter –, so ist das Vorhandensein wesentlicher eigener Betriebsmittel zu bejahen, solange die betreffenden Wirtschaftsgüter tatsächlich genutzt werden, auch wenn sie bereits vollständig abgeschrieben sind.

39 Diese Grundsätze bedeuten für den vorliegenden Fall, dass wesentliche eigene Betriebsmittel iSd § 4 Abs 4 ASVG nicht schon deswegen verneint werden durften, weil die einzelnen [...] Ausrüstungsgegenstände 456 nicht die Grenze der Geringwertigkeit überschritten. Es wäre vielmehr zu prüfen gewesen, ob diese (nicht von vornherein „betriebsspezifischen“) Gegenstände – als Grundvoraussetzung für die Aufnahme in das Betriebsvermögen – zumindest überwiegend betrieblich genutzt und dementsprechend (allenfalls nach Abzug eines Privatanteils) steuerlich abgeschrieben wurden. Für die Beurteilung der „Wesentlichkeit“ wären dann zeitraumbezogen die Werte aller (sei es einzeln, sei es im Rahmen einer Pauschalierung) steuerlich geltend gemachten und noch genutzten Betriebsmittel zusammenzurechnen, und zwar mit dem einkommensteuerrechtlich anzusetzenden Betrag (idR die Anschaffungskosten, allenfalls aber etwa auch der Teilwert zum Zeitpunkt der Einlage) ohne Abzug eines Privatanteils (ein allfälliger Privatanteil war auch nach der bisherigen Rsp zu § 4 Abs 4 ASVG nicht für die Beurteilung der Geringwertigkeit maßgeblich). [...]

41 Sollten die für die Tätigkeit eingesetzten Ausrüstungsgegenstände des Revisionswerbers steuerlich geltend gemacht worden sein und insgesamt die Geringwertigkeitsgrenze überschreiten, so wäre in einem zweiten Schritt noch zu prüfen, ob er darüber hinaus auch Betriebsmittel des DG nutzte, die gegenüber den eigenen Betriebsmitteln eine so überragende Bedeutung hatten, dass die durch diese konstituierte unternehmerische Struktur ganz in den Hintergrund trat. In die demnach vorzunehmende Gesamtbetrachtung hätten auch die für organisatorische Belange bereitgestellte Infrastruktur sowie etwa das Angewiesensein auf den Marktauftritt des Auftraggebers einzufließen. [...]

ANMERKUNG
1.
Einleitung

Ein weiteres Mal hatte sich der VwGH mit der Abgrenzung zwischen dienstnehmerähnlichen freien DN nach § 4 Abs 1 Z 14 iVm Abs 4 ASVG und unternehmerischen freien DN, die dem GSVG zuzuordnen sind (hier nach dem Auffangtatbestand des § 2 Abs 4 GSVG; siehe 2.), zu befassen. Im Fokus stand erneut das in § 4 Abs 4 ASVG enthaltene Abgrenzungskriterium der „wesentlichen eigenen Betriebsmittel“, dessen Vorliegen zu einer GSVG-Pflichtversicherung führt. In der Praxis bereitet die „Betriebsmittelfrage“ immer wieder Schwierigkeiten, da dem Gesetz selbst nicht zu entnehmen ist, nach welchen Kriterien und Maßstäben die „Wesentlichkeit“ zu ermitteln ist.

Diesmal ging es um einen Tiroler Bergwanderführer, der für einen Verein Wandertouren durchführte. Während die ÖGK diesen als DN nach § 4 Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 ASVG qualifizierte, gelangte das BVwG (auch nach neuerlicher E vom 12.2.2025, I413 2278277-1/29E) zu der Ansicht, dass es sich um einen freien DN gem § 4 Abs 4 ASVG handle. In der ao Revision wurde jedoch (ua) das Vorliegen wesentlicher eigener Betriebsmittel und somit Unternehmerähnlichkeit vorgebracht.

Im vorliegenden Fall hatte sich der VwGH erstmals mit der Frage zu befassen, ob die Wesentlichkeitsschwelle auch durch das Zusammenrechnen mehrerer – für sich genommen nur geringwertiger Wirtschaftsgüter nach dem heranzuziehenden § 13 EStG 1988 – überschritten werden kann und dies bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen bejaht (siehe 3.2.). Wenngleich das Ergebnis in diesem Punkt überzeugt, bleiben dennoch Fragen offen – Fragen, die das BVwG in seiner neuerlichen Entscheidung vom Februar 2025 als solche von grundsätzlicher Bedeutung ansieht und die Revision (diesmal) zulässt. Der Berg der Ungewissheit scheint für Bergwanderführer somit noch nicht gänzlich erklommen (siehe 4.).

2.
Dienstnehmerähnlicher vs unternehmerischer freier Dienstvertrag – Abgrenzungskriterien im Überblick

Ob freie DN dem ASVG oder dem GSVG unterliegen, entscheidet sich nach den Kriterien des § 4 Abs 4 ASVG. ASVG-Pflichtversicherung besteht grundsätzlich dann, wenn aus der Tätigkeit ein Entgelt bezogen wird, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbracht werden und der freie DN über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt.

Im konkreten Fall wurden weder die Entgeltlichkeit noch die im Wesentlichen persönliche Erbringung von Dienstleistungen bestritten. Auch das Vorliegen der sonstigen Kriterien des § 4 Abs 4 ASVG (Subsidiarität zu einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 GSVG, keine Tätigkeit für eine Privatperson etc) war unstrittig (Rz 25). Der VwGH hatte sich daher „lediglich“ mit dem Abgrenzungskriterium der wesentlichen eigenen Betriebsmittel zu befassen (siehe 3.). Aus Platzgründen kann im Folgenden nicht auf alle Aspekte eingegangen werden (siehe etwa zum Know-how als Betriebsmittel Stadlober, Zusammenrechnung geringwertiger Wirtschaftsgüter zur Beurteilung wesentlicher eigener Betriebsmittel nach § 4 Abs 4 ASVG, ASoK 2025, 86).

Aus den Gesetzesmaterialien zum ASRÄG 1997, BGBl I 1997/139 (AB 912 BlgNR 20. GP 5), auf die auch der VwGH verweist, ergibt sich, dass § 4 Abs 4 ASVG jene freien DN umfassen soll, die – wie „echte“ DN – grundsätzlich fremde Betriebsmittel einsetzen (Mosler in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 4 ASVG Rz 191 [Stand 1.7.2020, rdb. at]) und damit vom Vertragspartner (als Folge der persönlichen Abhängigkeit) wirtschaftlich abhängig sind. Dies bedeutet – stark vereinfacht –, dass § 4 Abs 4 ASVG nicht nur dann zur Anwendung gelangt, wenn der freie DN keine eigenen Betriebsmittel einsetzt, sondern nur dann nicht, wenn er im Wesentlichen nicht auf ihm zur Verfügung gestellte Betriebsmittel angewiesen ist (VwGH 2004/08/0101 ASoK 2007, 273 [Grünberger]).

3.
Kriterium der „wesentlichen eigenen Betriebsmittel“
3.1.
Prüfschema des VwGH

Im Laufe der Zeit hat der VwGH präzisere Grundsätze für die Beurteilung der Wesentlichkeit eigener 457 Betriebsmittel herausgearbeitet. Ausgehend von der E zu einem Botenfahrer (VwGH 2007/08/0223 DRdA 2009, 325 [Mosler]) lässt sich ein Prüfschema erkennen (vgl Stadlober, ASoK 2025, 87 mwN), das stets – auch durch die vorliegende E – ergänzt und konkretisiert wurde:

(1) Klar erkennbare eigene unternehmerische Struktur: Von wesentlichen eigenen Betriebsmitteln ist zunächst dann auszugehen, wenn sich der freie DN mit Betriebsmitteln eine eigene „unternehmerische Struktur bestimmten Ausmaßes“ geschaffen hat, die klar zutage tritt. Die Prüfung der Wesentlichkeit erfolgt dabei nicht in Bezug auf den Betriebsgegenstand des konkreten Auftraggebers, für den der freie DN tätig wird. Anderenfalls wären freie DN in großen, anlagenintensiven Unternehmen mangels eigener (im Vergleich) wesentlicher Betriebsmittel regelmäßig als arbeitnehmerähnlich einzustufen – selbst dann, wenn sie tatsächlich über eine beachtliche eigene unternehmerische Struktur verfügten. Umgekehrt würden freie DN in kleinen Betrieben bereits bei Vorhandensein irgendwelcher eigener Betriebsmittel als unternehmerähnlich gelten. Entscheidend ist vielmehr, ob der freie DN selbst eine unternehmerische Struktur aufbauen und das damit verbundene wirtschaftliche Risiko tragen will. Kennzeichnend dafür sind bspw – losgelöst vom konkreten Auftrag – die Anschaffung spezifischer Betriebsmittel, der Marktauftritt, die Kalkulation eigener Spesen im Honorar oder eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber. Liegt eine derartige Infrastruktur vor, ändere laut Burger (Privat-Pkw als wesentliches eigenes Betriebsmittel, ZAS 2014, 185 [189]) auch der Verzicht auf eigene Betriebsmittel im einzelnen Auftragsverhältnis (weil der Auftraggeber etwa aus Sicherheitsgründen sämtliche Betriebsmittel zur Verfügung stellt) nichts an der Unternehmerähnlichkeit. Dem ist insofern zuzustimmen, als § 4 Abs 4 ASVG auf die „Angewiesenheit“ auf fremde Betriebsmittel iS einer wirtschaftlichen Abhängigkeit abstellt (siehe 2.), die in einem derartigen Fall gerade nicht vorliegt.

(2) Vorhandensein wesentlicher eigener Betriebsmittel: Tritt eine unternehmerische Struktur nicht klar zutage, ist zu prüfen, ob dennoch wesentliche eigene Betriebsmittel vorhanden sind, die zur Unternehmerähnlichkeit führen (so auch im Fall des Bergwanderführers). Voraussetzung ist zunächst, dass es sich nicht bloß um geringwertige Wirtschaftsgüter iSd § 13 EStG 1988 handelt (2025: Anschaffungskosten von mehr als € 1.000,–). Darüber hinaus muss der freie DN die Wirtschaftsgüter entweder in sein Betriebsvermögen aufgenommen und somit steuerlich verwertet haben, sodass sie der Schaffung einer unternehmerischen Struktur dienen, oder sie müssen ihrer Art nach von vornherein primär der Ausübung der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt sein. Voraussetzung ist stets, dass es sich um Sachmittel handelt, die für die konkret in Rede stehende Tätigkeit des freien DN „dienlich“ bzw durch die Tätigkeit veranlasst sind. Die „Dienlichkeit“ sieht der VwGH als Grundbedingung für die Wesentlichkeit der Betriebsmittel an (wiederum VwGH 23.1.2008, 2007/08/0223).

(3) Gesamtbetrachtung, sofern auch Betriebsmittel des DG genutzt werden: Neben dem Vorhandensein nicht nur geringwertiger Wirtschaftsgüter beim Leistungserbringer verlangt der VwGH eine Gesamtbetrachtung aller eingesetzten Betriebsmittel. Ausgehend von seiner Vorjudikatur (VwGH Ra 2018/08/0044 ARD 6601/9/2018; VwGH Ra 2020/08/0133 ARD 6796/13/2022) ist zu prüfen, ob bei Gesamtbetrachtung der für die konkrete Tätigkeit des DN insgesamt eingesetzten Betriebsmittel die Nutzung von Betriebsmitteln des DG gegenüber dem Einsatz eigener Betriebsmittel so weit überwiegt, dass letztere eine nur untergeordnete Bedeutung haben und die eigene unternehmerische Struktur des DN ganz in den Hintergrund tritt. Dies konkretisierend spricht der VwGH im vorliegenden Fall von einer „überragenden Bedeutung“ der Betriebsmittel des DG (Rz 41; siehe 4.). Ist dies zu bejahen, liegen keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel iSd § 4 Abs 4 ASVG vor.

Dem VwGH reicht es somit im Rahmen der Gesamtbetrachtung nicht aus, wenn eine eigene unternehmerische Struktur besteht. Vielmehr ist der Fokus auf das konkrete Leistungsverhältnis zu richten. Auch hier muss es aber um die Angewiesenheit auf die Betriebsmittel des DG gehen und daher nur um solche, über die der freie DN selbst nicht oder nicht in der geforderten Art verfügt und der DG diese auch nicht nur zB aus Sicherheitsgründen selbst zur Verfügung stellt. Denn bei der Prüfung des Betriebsmittelkriteriums kommt es darauf an, ob sich eine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Leistungsempfänger ergibt, die zu einer Pflichtversicherung nach § 4 Abs 4 ASVG führt (siehe bereits 2.). Dies ist zu bejahen, wenn die fremden Betriebsmittel für das konkrete Vertragsverhältnis so „wichtig“ sind, dass sämtliche (andere) eigene Betriebsmittel bzw die unternehmerische Struktur ganz in den Hintergrund treten.

3.2.
Zusammenrechnung mehrerer geringwertiger Wirtschaftsgüter bei steuerlicher Geltendmachung

Bereits eingangs wurde darauf hingewiesen, dass der VwGH die Zusammenrechnung mehrerer, für sich genommen geringwertiger Wirtschaftsgüter iSd § 13 EStG 1988 bei der Beurteilung der Wesentlichkeit bejaht (im konkreten Fall Ausrüstungsgegenstände wie LVS-Lawinenausrüstung, Bergschuhe, Funktionsbekleidung, Orientierungsmaterial, Handy- Apps, Rucksack, Erste-Hilfe-Ausrüstung, GPSGeräte, Fachliteratur). Dies begründet er damit, dass die Heranziehung des § 13 EStG 1988 im Rahmen des § 4 Abs 4 ASVG nicht dessen eigentlicher steuerrechtlicher Zweckbestimmung folge:

§ 13 EStG 1988 stellt eine Sonderregelung zur Abschreibung (Absetzung für Abnutzung) dar und erlaubt zur Vereinfachung den sofortigen Betriebsausgabenabzug für abnutzbare Anlagegüter, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten die Wertgrenze von (derzeit) € 1.000,– nicht überschreiten. Nach dieser Regelung ist grundsätzlich jedes einzelne Wirtschaftsgut auf seine Geringfügigkeit hin zu beurteilen. Nach Satz 4 leg cit hat jedoch eine 458 Zusammenrechnung mehrerer Wirtschaftsgüter (nur) zu erfolgen, wenn sie nach ihrem wirtschaftlichen Zweck oder nach der Verkehrsauffassung eine Einheit bilden und daher üblicherweise einheitlich über diese disponiert wird (zB mehrteilige Kommentare oder die Bestuhlung eines Vortragssaales, nicht aber Monitor, Drucker und Maus; siehe Winkler in Wiesner/Grabner et al [Hrsg], EStG § 13 Anm 9 f).

In der Lehre wurde bislang auch bei der „Betriebsmittelprüfung“ im Rahmen des § 4 Abs 4 ASVG eine Zusammenrechnung mehrerer Wirtschaftsgüter nur bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit befürwortet (siehe etwa Lidauer, Das Prüfkriterium des „Verfügens über wesentliche eigene Betriebsmittel“, JAS 2021, 85 [104 f]; Burger, ZAS 2014, 185 [190]). Der VwGH folgt dieser Auffassung nicht. Begründend führt er aus, dass iZm § 4 Abs 4 ASVG nicht die administrative Vereinfachung der Abschreibung nach § 13 EStG 1988 im Vordergrund stehe – die bei den einzelnen, eine wirtschaftliche Einheit bildenden Wirtschaftsgütern nicht gerechtfertigt wäre –, sondern es gehe darum, Betriebsmittel zu erfassen, die (wenn auch nur in ihrer Gesamtheit) eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung (festgemacht an der steuerlichen Wertgrenze) haben und die als Teil des Betriebsvermögens steuerlich veranlagt werden, denn darin manifestiere sich „die Entscheidung [...], unternehmerisch tätig sein zu wollen“.

In Bezug auf nicht schon ihrer Art nach nur der betrieblichen Tätigkeit dienende Güter – dh nicht von vornherein „betriebsspezifische“ Gegenstände – müsse aber eine steuerliche Veranlagung überhaupt stattfinden (siehe bereits 3.1.). Denn der gänzliche Verzicht auf das Absetzen von Betriebsausgaben spreche gegen eine unternehmerisch ausgeübte Erwerbstätigkeit. Die bloße Behauptung einer (überwiegenden) betrieblichen Verwendung reicht dem VwGH somit nicht aus (krit etwa Lidauer, JAS 2021, 85 [99]).

Vorgebracht wurde im gegenständlichen Fall, dass die im Einzelnen nur geringwertigen Ausrüstungsgegenstände zusammengerechnet die Wertgrenze des § 13 EStG 1988 (im verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt € 800,–) bei weitem überschritten. Dass es sich hierbei um nicht von vornherein betriebsspezifische Ausrüstungsgegenstände handelt, sprach auch das BVwG in seiner neuerlichen E aus (diese seien „erfahrungsgemäß privat nutzbar und mutmaßlich in den meisten Haushalten Tirols zu finden [...]“). Der VwGH trug dem BVwG somit die – dem obigen Schema entsprechende (siehe 3.1.) – Prüfung auf, ob die Ausrüstungsgegenstände (bei überwiegender betrieblicher Nutzung) ins Betriebsvermögen aufgenommen, daher steuerlich abgeschrieben wurden und zusammengerechnet (Ansetzung idR mit den Anschaffungskosten) die Geringwertigkeitsgrenze überschreiten (Prüfschritt 2). Des Weiteren sei zu prüfen, ob zusätzlich Betriebsmittel des DG genutzt wurden, die gegenüber den eigenen Betriebsmitteln eine „so überragende Bedeutung“ hatten, dass die eigene unternehmerische Struktur „ganz in den Hintergrund“ trat – hier seien auch die für organisatorische

4.
Neuerliche Beurteilung durch das BVwG

Das BVwG hat in seiner E vom 12.2.2025 (I413 2278277-1/29E) zunächst die steuerliche Geltendmachung sämtlicher Ausrüstungsgegenstände des Bergwanderführers sowie das Überschreiten der Geringwertigkeitsgrenze bei Zusammenrechnung derselben (Gesamtanschaffungskosten im Jahr 2020 rund € 1.990,–, im Jahr 2021 rund € 3.600,–) bejaht. Nach Vornahme der Gesamtbetrachtung gelangte es jedoch erneut zu der Ansicht, dass es sich beim Wanderführer um einen dienstnehmerähnlichen freien DN nach § 4 Abs 4 ASVG handle. Ausschlaggebend dafür sei, dass dieser vollständig auf den Marktauftritt des Vereins über dessen Website angewiesen und somit von der Struktur des DG abhängig gewesen sei, um überhaupt Aufträge zu erhalten. Dem Marktauftritt und Administrativapparat des Vereins käme daher eine „überragende Bedeutung“ zu, sodass die steuerlich geltend gemachten Ausrüstungsgegenstände gänzlich in den Hintergrund träten. Das BVwG hat die Revision diesmal zugelassen und begründend zwei (seiner Ansicht nach) Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung (Art 133 Abs 4 B-VG) aufgeworfen.

Dazu seien der Autorin ein paar Überlegungen erlaubt:

  • Gilt bei der Beurteilung der Geringwertigkeitsgrenze eine konkret-fallbezogene oder abstrakt-tätigkeitsbezogene Betrachtung? Laut BVwG fehle Rsp zu der Frage, ob nur jene Betriebsmittel bei der Ermittlung der Wertgrenze des § 13 EStG 1988 zusammenzurechnen sind, die im konkreten Leistungsfall tatsächlich genutzt werden (konkret-fallbezogene Betrachtung), oder ob auch solche einzurechnen sind, die zwar allgemein zur Ausübung der Erwerbstätigkeit erforderlich sind oder es sein können, im Einzelfall jedoch nicht eingesetzt werden (abstrakt-tätigkeitsbezogene Betrachtung). Konkret ging es um das LVS-Gerät, Steigeisen udgl, die im maßgeblichen Zeitraum (2020, 2021, 2022, ausschließlich Sommer/Herbst) auch nicht bloß theoretisch zum Einsatz hätten kommen können. Schneeschuhwanderungen wurden vom Verein erst seit Dezember 2024 angeboten.

    Bei Erwerbstätigkeiten, die saisonal unterschiedliche Betriebsmittel erfordern, beschränkt sich auch deren Einsatz naturgemäß auf die jeweilige Saison. So benötigt etwa ein Fotograf für Tätigkeiten im Sommer andere Betriebsmittel (Drohne, mobile Lichtsysteme, Reflektoren, tragbare Requisiten) als im Winter (Studiobeleuchtung, Hintergründe, weihnachtliche Requisiten). Dasselbe gilt für eine Tätigkeit als Bergwanderführer.

    Als Grundvoraussetzung bei der Prüfung, ob nicht bloß geringwertige Wirtschaftsgüter iSd § 13 EStG 1988 im Betriebsvermögen enthalten 459 sind, verlangt der VwGH, dass es sich um Sachmittel handelt, die der „konkret in Rede stehenden Tätigkeit des freien DN“ dienlich oder durch die Tätigkeit veranlasst sind (Prüfschritt 2). Versteht man diese Passage als konkret-fallbezogene Betrachtung, ergäbe sich bei einem freien Dienstvertrag mit einem Fotografen oder Bergwanderführer Folgendes: Für ein Leistungsverhältnis, das ausschließlich Tätigkeiten im Sommer beinhaltet, wären nur die für den Sommer benötigten Betriebsmittel zu berücksichtigen – nota bene: sofern nicht ohnehin eine unternehmerische Struktur bestimmten Ausmaßes klar zutage tritt, die zur GSVG-Pflichtversicherung führt (Prüfschritt 1). Nur dann, wenn der freie DN seine Leistung im konkreten Vertragsverhältnis entweder ganzjährig erbringt oder wenn laut (Rahmen-) Vertrag zumindest die reale Möglichkeit ganzjähriger Tätigkeiten besteht (zB abhängig von den Anmeldezahlen zu Wandertouren), wären alle (steuerlich geltend gemachten) Betriebsmittel „saisonunabhängig“ bei der Ermittlung der Wertgrenze zu berücksichtigen.

    Durchaus vertretbar erscheint jedoch auch eine abstrakt-tätigkeitsbezogene Betrachtung, sodass auch in einem nur „saisonalen Leistungsverhältnis“ jene Betriebsmittel bei der Ermittlung der Wertgrenze des § 13 EStG 1988 zu berücksichtigen wären, die saisonbedingt nicht benötigt werden. Bei der Abgrenzungsfrage ASVG-GSVG geht es schließlich darum, ob ein unternehmerischer Wille vorliegt, der sich in einer eigenen unternehmerischen Struktur manifestiert (Prüfschritte 1 und 2; siehe auch 3.2.), unabhängig vom Einsatz einzelner Betriebsmittel.

    Im vorliegenden Fall zum Bergwanderführer wurde die Geringwertigkeitsgrenze ohnedies bereits ohne „Lawinen-Pieps“ und Steigeisen überschritten bzw im Rahmen der Gesamtbetrachtung von überragenden Betriebsmitteln des DG ausgegangen, sodass eine Abhängigkeit von den Betriebsmitteln des DG und damit ASVG-Pflichtversicherung bejaht wurde (siehe oben). So merkt auch das BVwG an, dass die Rechtsfrage im konkreten Fall nur am Rande relevant sei. Sollte dennoch Revision in diesem Punkt erhoben werden, ist wohl davon auszugehen, dass der VwGH diese als unzulässig zurückweisen würde, zumal die Rechtsfrage für die Lösung des (Revisions-)Falles (ungeachtet eines Allgemeininteresses an Rsp dazu) nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist – zur Lösung theoretischer/abstrakter Rechtsfragen ist der VwGH nicht berufen (Leeb in Korinek/Holoubek/Bezemek et al [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht [20. Lfg 2025] Art 133 Abs 3 und 4 B-VG Rz 16 mwN).

  • Wann liegt eine „überragende Bedeutung“ von Betriebsmitteln des DG vor? Des Weiteren fehle laut BVwG Rsp zu der Frage, worin eine „überragende Bedeutung“ der Betriebsmittel des DG im Rahmen der Gesamtbetrachtung (Prüfschritt 3) zu erblicken sei. Auch hier ist fraglich, ob der VwGH eine Revision zulassen würde, hat dieser im konkreten Fall mE doch ausreichend konkretisiert, wann von einer überragenden Bedeutung auszugehen ist – nämlich dann, wenn die eigene unternehmerische Struktur durch die Nutzung von Betriebsmitteln des DG ganz in den Hintergrund tritt (Rz 41). Damit handelt es sich um eine typische Abwägungsfrage im Einzelfall, die das Höchstgericht regelmäßig nicht als Rechtsfrage von Bedeutung ansieht. Zudem ist auch keine krasse Fehlbeurteilung durch das BVwG ersichtlich (wiederum Leeb in Korinek/Holoubek/Bezemek et al [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht Rz 37).