Die Wiedereingliederungsteilzeit bei zwei Dienstverhältnissen

LEONIE OBERMEYR / PAULA TRAUPMANN (SALZBURG)

Die Wiedereingliederungsteilzeit ist mittlerweile ein etabliertes Modell zur schrittweisen Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einem langen Krankenstand. Sowohl aus arbeits- als auch sozialversicherungsrechtlicher Sicht müssen etliche Voraussetzungen hierfür vorliegen. Diese enge Verzahnung von Arbeits- und Sozialrecht wirft durchaus einige rechtliche Fragestellungen auf. Diese verstärken sich umso mehr, wenn nicht nur ein Dienstverhältnis vorliegt, sondern der:die AN mehrere Dienstverhältnisse bei unterschiedlichen AG hat. Der Beitrag soll sich dieser bisher ungeklärten Rechtsfrage, nämlich der Möglichkeit der Inanspruchnahme der Wiedereingliederungsteilzeit bei Vorliegen zweier Dienstverhältnisse, widmen und einige Fragestellungen diesbezüglich aufgreifen.

  1. Einführung und Problemstellung

  2. Grundlagen der Wiedereingliederungsteilzeit

  3. Arbeitsrechtliche Aspekte

    1. Mehrfachbeschäftigung im Arbeitsrecht

    2. Behandlung zweier Dienstverhältnisse bei der Wiedereingliederungsteilzeit

    3. Auswirkungen und Folgen

    4. Zwischenfazit aus arbeitsrechtlicher Sicht

  4. Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

    1. Medizinische Zweckmäßigkeit

    2. Entziehung des Wiedereingliederungsgeldes

    3. Zwischenfazit aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht

  5. Fazit und Ausblick

1.
Einführung und Problemstellung

Die Wiedereingliederungsteilzeit (WIETZ) soll eine schrittweise Rückkehr an den bisherigen Arbeitsplatz nach langen Krankenständen ermöglichen. Ziel ist es, die Arbeitsfähigkeit zu festigen bzw zu erhöhen, sodass die betroffene Person länger im Arbeitsleben verbleibt.1 Seit 2017 gibt es die gesetzliche Möglichkeit der Inanspruchnahme einer WIETZ – ein Rechtsanspruch besteht darauf, zumindest aus arbeitsrechtlicher Perspektive, allerdings nicht. Trotz mangelnden Rechtsanspruches handelt es sich bei der WIETZ um ein durchaus etabliertes Modell. Zwischen 2022 und 2024 erhielten pro Jahr jeweils circa 6.000-6.800 Personen, die bei der Österreichischen Gesundheitskasse versichert sind, Wiedereingliederungsgeld und nahmen somit die WIETZ in Anspruch.2 Dass es sich dabei um ein Erfolgskonzept handelt, zeigt auch eine rezente Auswertung der Statistik Austria,3 die festhält, dass zwischen 2017 und 2023 87 % der Personen, die eine WIETZ in Anspruch genommen haben, ein Jahr nach deren Ende weiterhin erwerbstätig waren. 446

Dem Konzept der WIETZ liegt wohl die Prämisse zugrunde, dass die betroffene Person nur in einem Dienstverhältnis tätig ist. Dies auch nicht ohne Grund: In Österreich arbeiten die meisten Beschäftigten ausschließlich in einem Dienstverhältnis. 4 Jedoch gehen Personen nachweislich zT auch mehrere Beschäftigungsverhältnisse ein. Im Jahr 2024 waren dies 1,3 % aller Beschäftigten, die zwei unselbständige Vollversicherungsverhältnisse innehatten.5

Zwar mag dies keine große Anzahl an Personen sein, außer Acht zu lassen sind sie aufgrund der in Frage kommenden Problemstellungen aber trotzdem nicht. Wie sich die Möglichkeit der Inanspruchnahme der WIETZ bei zwei oder mehr Dienstverhältnissen gestaltet, ist gesetzlich nicht geregelt worden. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 13a AVRAG (siehe sogleich), der in keinster Weise Bezug auf eine mögliche Zweitbeschäftigung nimmt, sondern vielmehr immer vom Singular (zB der:die AG) ausgeht. Zudem ist auch nicht (etwa aus den Materialien)6 ersichtlich, dass die Möglichkeit zweier Dienstverhältnisse bei Gestaltung der gesetzlichen Regelung mitbedacht wurde. Es stellt sich also die Frage, ob und inwiefern eine WIETZ bei zwei (oder mehr) Dienstverhältnissen in Anspruch genommen werden kann. Diesem Problembereich soll sich der vorliegende Beitrag widmen.

Zu beachten ist dabei, dass es eine Vielzahl unterschiedlicher Fallkonstellationen und Ausgestaltungen bei Vorliegen mehrerer Dienstverhältnisse geben kann. So können sich etwa schon die Tätigkeiten inhaltlich stark unterscheiden, wodurch eine Divergenz bei der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit, die bei Antritt der WIETZ schließlich gegeben sein muss (siehe Pkt 2.), entstehen kann.7 Zudem können verschiedene Aufteilungen der wöchentlichen Arbeitszeiten vorliegen. Weitere Fragen können dort auftauchen, wo unselbständige und selbständige Tätigkeiten gleichzeitig ausgeübt werden oder wenn die zweite Beschäftigung bereits vor oder erst nach Antritt der WIETZ aufgenommen wird.

Aufgrund dieser Fülle an Problemstellungen soll die folgende Untersuchung ausschließlich anhand zweier konkreter Fallkonstellationen durchgeführt werden, welche die Grundprobleme hervorheben. Beiden liegt die Prämisse zugrunde, dass Arbeitsfähigkeit in beiden Dienstverhältnissen gegeben ist. Zudem ist in beiden Varianten von mehrfacher unselbständiger Erwerbstätigkeit auszugehen. Die Beispiele gestalten sich wie folgt:

  • Variante 1: 20 Stunden Tätigkeit im Dienstverhältnis I und 20 Stunden Tätigkeit im Dienstverhältnis II;

  • Variante 2: 30 Stunden Tätigkeit im Dienstverhältnis I und 10 Stunden Tätigkeit im Dienstverhältnis II.

Bevor die Möglichkeit der WIETZ in Hinblick auf die genannten Fälle geprüft werden kann, soll zunächst ein Überblick über die wichtigsten Eckpunkte dieses Teilzeitmodells gegeben werden. Schließlich sollen die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Problemstellungen getrennt voneinander erörtert werden.

2.
Grundlagen der Wiedereingliederungsteilzeit

Fraglich ist also, wann und für wen eine Inanspruchnahme der WIETZ überhaupt erfolgen kann. Zu beachten sind hier zum einen arbeitsrechtliche Vorgaben, zum anderen sozialversicherungsrechtliche Aspekte. Aus arbeitsrechtlicher Sicht bedarf es gem § 13a Abs 1 AVRAG einer Vereinbarung über die WIETZ. Es besteht also die Möglichkeit, schriftlich die vorübergehende Herabsetzung der Arbeitszeit zu vereinbaren. Voraussetzung ist dabei einerseits das Einvernehmen (es besteht kein Rechtsanspruch auf eine WIETZ),8 andererseits sind gesetzliche Vorgaben einzuhalten, wie eine mindestens sechswöchige ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder Unglücksfall und ein seit mindestens drei Monaten bestehendes Dienstverhältnis. Zu beachten ist weiters, dass die wöchentliche Normalarbeitszeit um mindestens ein Viertel und höchstens um die Hälfte herabgesetzt werden muss, allerdings darf die vereinbarte wöchentliche Normalarbeitszeit zwölf Stunden nicht unterschreiten. Das führt dazu, dass für Teilzeitdienstverhältnisse unter 16 Wochenstunden keine WIETZ möglich ist. Es besteht also eine sogenannte Bandbreite mit einer Mindestnormalarbeitszeit – vor allem dieses Kriterium wird in der Folge aus arbeitsrechtlicher Sicht bei der Frage der Möglichkeit der Inanspruchnahme der WIETZ bei zwei Dienstverhältnissen eine Rolle spielen (siehe Pkt 3.3.). Gem § 13a Abs 2 AVRAG kann eine abweichende Verteilung der Arbeitszeit im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen festgelegt werden. Mehrarbeit darf hingegen gem § 13a Abs 3 AVRAG nicht angeordnet werden. Die WIETZ muss spätestens einen Monat nach Ende der Arbeitsunfähigkeit angetreten werden sowie eine Dauer von mindestens einem Monat bis zu sechs Monaten haben. Die Möglichkeit einer Verlängerung sowie einer vorzeitigen Rückkehr besteht im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 13a Abs 1 und 4 AVRAG). Für die Vereinbarung muss weiters eine Bestätigung über die Arbeitsfähigkeit des:der AN vorliegen, weil der Gesetzgeber keinen Teilkrankenstand ermöglichen wollte.9 Zudem muss eine Beratung bei „fit2work“ erfolgen oder zusätzlich zur Zustimmung von AN und AG jene des:der Arbeitsmediziner:in (§ 13a Abs 1 Z 1 und Z 2 AVRAG) gegeben sein. Es ist dabei ein Wiedereingliederungsplan zu erstellen. Liegen alle arbeitsrechtlichen Voraussetzungen vor, kann die WIETZ nunmehr im Einvernehmen vereinbart werden. Die Vereinbarung selbst hat gem § 13a Abs 2 AVRAG 447 Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Teilzeitbeschäftigung zu enthalten. Es sind die betrieblichen Interessen und die Interessen des:der AN zu berücksichtigen. Dem:Der AN selbst gebührt dann gem § 13a Abs 6 AVRAG das entsprechend der Arbeitszeitreduktion aliquot zustehende Entgelt.

Um diesen Einkommensverlust auszugleichen, wurde das Wiedereingliederungsgeld in § 143d ASVG geschaffen.10 Daran zeigt sich die enge Verzahnung arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Elemente der WIETZ. Einerseits ist die soeben geschilderte arbeitsrechtliche Vereinbarung Voraussetzung für den Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld, andererseits bedarf es einer Bewilligung durch den chef- und kontrollärztlichen Dienst des zuständigen Krankenversicherungsträgers auf Basis des im Rahmen der Vereinbarung erstellten Wiedereingliederungsplanes. Voraussetzung für diese Bewilligung ist, dass die WIETZ medizinisch zweckmäßig ist. Wie diese zu definieren ist und ob sie im Falle von zwei Dienstverhältnissen überhaupt vorliegen kann, soll unter Pkt 4.1. geklärt werden. Sind diese beiden Voraussetzungen gegeben, so gebührt das Wiedereingliederungsgeld ab dem Tag des tatsächlichen Dienstantritts für die Dauer der vereinbarten WIETZ, höchstens jedoch für neun Monate.11 Es errechnet sich gem § 143d Abs 3 ASVG aus dem erhöhten Krankengeld nach § 141 Abs 2 leg cit. Abgestellt wird dabei auf jene Bemessungsgrundlage, die für die WIETZ ursächliche Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen war bzw gewesen wäre. Wird die wöchentliche Normalarbeitszeit etwa um die Hälfte herabgesetzt, so gebührt das Wiedereingliederungsgeld iHv 50 % des erhöhten Krankengeldes. Jede Änderung der WIETZ ist dem Krankenversicherungsträger zu melden und führt gegebenenfalls zu einer Abänderung der Höhe des Wiedereingliederungsgeldes. Zudem kann das Wiedereingliederungsgeld gem § 99 Abs 1b ASVG entzogen werden, wenn der:die AN die in der Vereinbarung über die WIETZ nach § 13a AVRAG festgelegte Arbeitszeit in einem dem Zweck der WIETZ widersprechenden Ausmaß überschreitet. Der Entfall bzw die Entziehung des Wiedereingliederungsgeldes führt wiederum zum Ende der WIETZ im Dienstverhältnis (§ 13a Abs 5 AVRAG).12

Es zeigt sich also an mehreren Stellen, dass ein untrennbares Zusammenspiel zwischen arbeitsund sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben besteht. Schon ganz grundsätzlich führt dies zu einigen Schwierigkeiten.13 Hält man sich aber die Fallkonstellation zweier Dienstverhältnisse vor Augen, so wird sich zeigen, dass bereits einige der scheinbar unproblematischen Grundvoraussetzungen eine Fülle an offenen Fragen aufwerfen.

3.
Arbeitsrechtliche Aspekte

Die arbeitsrechtlichen Problembereiche, die sich bei zwei Dienstverhältnissen ergeben, betreffen vor allem die Vereinbarungsmöglichkeit und die damit einhergehenden Voraussetzungen der WIETZ. Es stellt sich insb die Frage, ob die zwei Dienstverhältnisse getrennt zu betrachten oder zusammenzurechnen sind und welche Folgen sich daraus ergeben. Dabei werden vor allem die Voraussetzungen per se, wie etwa das Stundenausmaß, eine Rolle spielen. Zunächst soll aber grundsätzlich auf die Mehrfachbeschäftigung im Arbeitsrecht eingegangen werden, um mögliche Anhaltspunkte zu erhalten.

3.1.
Mehrfachbeschäftigung im Arbeitsrecht

Durch die Umsetzung der Transparenz-RL14 im März 2024 wurde § 2i AVRAG eingeführt, der die Mehrfachbeschäftigung im Dienstverhältnis regelt. Der:Die AN ist grundsätzlich berechtigt, ein weiteres Dienstverhältnis zu einem:einer anderen AG einzugehen und darf deshalb nicht benachteiligt werden. Im Einzelfall kann der:die AG eine Unterlassung dessen verlangen, wenn die zweite Beschäftigung nicht mit arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen vereinbar oder der Verwendung im bestehenden Dienstverhältnis abträglich ist. Eine Anzeige der Nebenbeschäftigung an den:die AG ist nicht verpflichtend, außer dies ergibt sich aus einer vertraglichen Vereinbarung.15 Auch bereits vor Einführung des § 2i AVRAG waren Nebenbeschäftigungen prinzipiell möglich, sofern keine andere vertragliche Vereinbarung bestanden hat.16 Es haben sich aber einerseits gewisse Einschränkungen aus der Treuepflicht17 ergeben, andererseits gibt es auch gesetzliche Regelungen, die ein abträgliches Nebengeschäft verbieten bzw ein Konkurrenzverbot anordnen.18 Grundsätzlich spricht also nichts gegen eine Mehrfachbeschäftigung, außer es liegen berechtigte Gründe vor.

Näher einzugehen ist idZ auf § 2i Abs 2 Z 1 AVRAG, der eine Unterlassungsanordnung durch den:die AG ermöglicht, wenn die zweite Beschäftigung nicht mit den arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen zu vereinbaren ist. Das ist insofern von Relevanz, als bei der WIETZ eine gewisse Bandbreite für die Herabsetzung bzw eine wöchentliche Normalarbeitszeit von mindestens zwölf Stunden Voraussetzung ist sowie ein Verbot der Anordnung von Mehrarbeit besteht (§ 13a Abs 1 und 3 AVRAG). Es ist daher zu untersuchen, wie die Arbeitszeit sowie Überstunden generell im Falle einer Mehrfachbeschäftigung zu behandeln sind. Gem § 2 Abs 2 Satz 2 AZG sind die Arbeitszeiten im Falle von Mehrfachbeschäftigungen zusammenzurech- 448 nen, und zwar in der Hinsicht, dass die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit zusammen nicht überschritten werden darf. Grund dafür ist der Schutzzweck, der dem Arbeitszeitrecht zugrunde liegt.19 Von Relevanz ist weiters die Überstundengrenze gem § 7 AZG. Wird diese überschritten und kann daher ein:e AG keine Überstunden mehr anordnen, obwohl sich der:die AN dazu eigentlich verpflichtet hat, so stellt auch das einen möglichen Grund für eine Unterlassungsaufforderung dar.20 Allerdings muss beim Ausüben des Unterlassungsanspruches generell beachtet werden, dass dieser nur insofern gestattet ist, als er für die Herstellung der Vereinbarkeit mit den arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen erforderlich ist. Es ist daher nicht sogleich immer das zweite Dienstverhältnis zu beenden, sondern kann etwa auch nur die Lage der Arbeitszeit geändert werden, wobei die Interessen des:der AN zu berücksichtigen sind.21 Schließlich gilt es noch zu erwähnen, dass sich eine gleichgelagerte Zusammenrechnungsregelung der Arbeitszeit weder im ARG22 noch in anderen Gesetzen findet. Es ist daher nicht generell von Zusammenrechnungen bei Mehrfachbeschäftigungen auszugehen.23

Auch der zweite Grund für einen möglichen Unterlassungsanspruch, nämlich das abträgliche Nebengeschäft, spielt für die Einordnung der WIETZ im Folgenden eine Rolle. Bei Teilzeitbeschäftigungen liegt dann kein abträgliches Nebengeschäft vor, wenn der Lebensunterhalt nicht allein bestritten werden kann und keine andere als eine konkurrierende Tätigkeit in Betracht kommt.24 Noch interessanter iZm der WIETZ erscheint aber, dass die Materialien zu § 2i AVRAG25 auf Art 9 Abs 2 der Transparenz-RL verweisen, der Gründe nennt, wieso eine weitere Beschäftigung dem bestehenden Dienstverhältnis abträglich sein kann. Erwähnt wird hier ua eine aus der Mehrbelastung resultierende Gefährdung für die Gesundheit und Sicherheit des:der AN. Es wird in Frage zu stellen sein, inwiefern dies für die WIETZ von Relevanz ist.

Zunächst erscheint es noch sinnvoll zu untersuchen, ob eine Nebenbeschäftigung bei anderen Formen der Herabsetzung der Arbeitszeit erlaubt ist. Möglichkeiten stellen hier ua die Elternteilzeit, Altersteilzeit sowie Kurzarbeit dar. Bei der Elternteilzeit besteht gem § 15n Abs 3 MSchG sowie § 8f Abs 3 VKG eine Kündigungsmöglichkeit, wenn ohne Zustimmung des:der AG während der Teilzeitbeschäftigung eine weitere Erwerbstätigkeit aufgenommen wird. Die Ausübung einer Nebenbeschäftigung ist also nicht grundsätzlich verboten, kann aber bei Kenntnis des:der AG zur Kündigung führen. In Hinblick auf die Einführung des § 2i AVRAG erscheint es fragwürdig, ob dies noch so zu gelten hat26 – es ist im Rahmen dieses Beitrages aber nicht näher darauf einzugehen. Bei der Altersteilzeit kann derzeit noch ohne Konsequenzen und Auswirkungen eine Nebenbeschäftigung aufgenommen werden.27 Das ändert sich ab 1.1.2026, denn ab dann führen Nebenbeschäftigungen während der Altersteilzeit gem § 28 Abs 2 AlVG28 zum Verlust des Altersteilzeitgeldes, außer die Tätigkeiten bei anderen AG wurden bereits im Jahr davor regelmäßig ausgeübt.29 Liegen mehrere Dienstverhältnisse vor, kann die Altersteilzeit nur mit einem:einer AG vereinbart werden. Sowohl bei der Elternteilzeit als auch bei der Altersteilzeit wird die Arbeitszeit für einen längeren Zeitraum herabgesetzt. Bei der Kurzarbeit erfolgt dies idR für einen weitaus kürzeren Zeitraum, der jenem der WIETZ ähnlich ist. Die Aufnahme einer Nebenbeschäftigung während der Kurzarbeit ist durchaus umstritten, weil dem:der AG ein Vorbehalt für die über die reduzierte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsleistungen eingeräumt wurde und daher nicht davon ausgegangen werden kann, dass es ständig und über einen langen Zeitraum hinweg bei der reduzierten Arbeitszeit bleibt.30 Allerdings ist die Ausfallszeit als Freizeit des:der AN zu werten und es gibt keine klare Regelung bezüglich einer Nebenbeschäftigung. Selbst die Vertragsmuster zur Kurzarbeit haben kein derartiges Nebenbeschäftigungsverbot vorgesehen, weshalb wohl von der Zulässigkeit einer Nebenbeschäftigung auszugehen ist.31 Die Möglichkeit einer Nebenbeschäftigung ist demnach (zumindest derzeit noch) in allen drei Konstellationen gegeben, wenngleich die tatsächliche Ausübung bei der Elternteilzeit zu einer Kündigung führen kann

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine Nebenbeschäftigung grundsätzlich möglich und auch im Falle der Herabsetzung der Arbeitszeit in den meisten Fällen (zumindest derzeit noch) zulässig ist. Zu beachten ist, dass Gründe vorliegen können, die einen Unterlassungsanspruch des:der AG auslösen können.

3.2.
Behandlung zweier Dienstverhältnisse bei der Wiedereingliederungsteilzeit

Fraglich ist nun, inwiefern die allgemeinen Ausführungen Aufschluss über die Möglichkeit der Inanspruchnahme der WIETZ bei zwei Dienstverhältnissen geben. Ganz grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die WIETZ nicht generell gegen die Möglichkeit einer Nebenbeschäftigung sprechen kann. Denn schließlich ist gem § 2i AVRAG eine Mehrfachbeschäftigung zulässig und darf der:die AN aufgrund dessen nicht benachteiligt werden. Ein Ausschluss von der Möglichkeit der Inanspruchnahme der WIETZ würde aber zu einer 449 Benachteiligung führen. Zudem würde (trotz mangelnden Rechtsanspruches) die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme der WIETZ eine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten begründen, da zwei oder mehr Dienstverhältnisse idR nur dann vorliegen werden. Außerdem ist eine Nebenbeschäftigung gerade auch in anderen Fällen der Herabsetzung der Arbeitszeit zulässig. Selbst wenn das ab 2026 zT nicht mehr der Fall sein wird, bedeutet das nicht, dass dies für die WIETZ ebenso zu gelten hat. Denn gerade weil die Altersteilzeit tendenziell streng und genau ausgestaltet ist, kann nicht darauf geschlossen werden, dass diese Einschränkungen auch bei der WIETZ zur Anwendung gelangen. Das wird umso mehr dadurch bestärkt, dass zwischen den unterschiedlichen Teilzeitmodellen (siehe oben) grundsätzlich durchaus Wertungsunterschiede vorgenommen werden. Die Annahme, dass eine WIETZ aufgrund zweier Dienstverhältnisse keinesfalls in Anspruch genommen werden kann, kann daher (trotz Nichtbeachtung zweier Dienstverhältnisse in § 13a AVRAG) nicht zutreffen.

Es gilt daher zu hinterfragen, wie die beiden Dienstverhältnisse im Falle der WIETZ in der Folge zu behandeln sind. Denn wie oben festgestellt wurde, kann es durchaus unterschiedliche Konstellationen zweier Dienstverhältnisse geben. Es ist also insb zu beurteilen, ob die beiden Dienstverhältnisse zusammenzurechnen oder getrennt zu betrachten sind.

Aus § 13a AVRAG selbst lässt sich diesbezüglich, wie bereits erwähnt, keine klare Antwort ableiten. Orientiert man sich am Wortlaut der Regelung, so ist wohl aufgrund der Verwendung der Einzahl von einer Einzelbetrachtung auszugehen.32 Betrachtet man zusätzlich die allgemeinen Ausführungen zu Mehrfachbeschäftigungen lässt sich festhalten, dass die Rechtsordnung keine Anhaltspunkte dafür liefert, dass Dienstverhältnisse generell in allen Belangen zusammenzurechnen sind. Vielmehr lassen sich nur vereinzelt Zusammenrechnungstatbestände erkennen (siehe oben). Auch wird daher im Rahmen der WIETZ grundsätzlich von keiner Zusammenrechnung der Dienstverhältnisse auszugehen sein, wenngleich im Folgenden noch zu untersuchen sein wird, ob das für einzelne Voraussetzungen (zB Arbeitszeit) ebenso gilt. Aus Praxissicht wird eine Zusammenrechnung des Öfteren auch an der mangelnden Information des:der AG über die Nebenbeschäftigung scheitern – eine allgemeine Mitteilungspflicht gibt es gesetzlich schließlich nicht (siehe oben). UE ist daher davon auszugehen, dass die Dienstverhältnisse getrennt zu betrachten sind und somit auch die Voraussetzungen für die WIETZ für jedes Dienstverhältnis separat vorliegen müssen. Das führt schlussendlich aber zu einigen Folgefragen.

3.3.
Auswirkungen und Folgen

Von Relevanz ist hierbei zunächst die Herabsetzung der Arbeitszeit, die essenzieller Bestandteil der WIETZ ist. Geht man von den eingangs erwähnten Varianten aus, führen diese vor allem hinsichtlich der gesetzlich vorgesehenen Bandbreite sowie Mindeststundenzahl zu unterschiedlichen Ergebnissen. Denn schließlich kann sich die Bandbreite für Teilzeitbeschäftigungen schon generell als durchaus eng erweisen.33 Bei Variante 1 ist eine WIETZ grundsätzlich in beiden Dienstverhältnissen möglich, weil sowohl die Bandbreite als auch die Mindeststundenzahl erfüllt werden können. Bei Variante 2 ist das hingegen anders, denn im zweiten Dienstverhältnis mit zehn Stunden kann weder die Bandbreite noch die erforderliche Mindeststundenzahl erreicht werden. Fraglich ist daher zunächst (in beiden Fällen), ob zwar eine getrennte Betrachtungsweise erfolgen muss, aber die Arbeitszeit zusammenzurechnen ist. Einen Grund hierfür liefert der oben ausgeführte § 2 Abs 2 Satz 2 AZG, der eine Zusammenrechnung der Arbeitszeit bei Mehrfachbeschäftigung hinsichtlich der Höchstarbeitszeitgrenzen vorsieht. Kozak34 nimmt das für die WIETZ aber nicht an, sondern geht dennoch von einer isolierten Betrachtung aus. Immerhin werden die jeweiligen Normalarbeitszeiten der einzelnen Teilzeitdienstverhältnisse iSd Arbeitszeitrechts nicht zusammengefasst. Aus der Textierung des § 13a AVRAG sei außerdem auch nichts anderes zu erkennen. UE ist dem zuzustimmen, dass die Arbeitszeit für die Erfüllung der Bandbreite sowie Mindeststundenzahl nicht zusammenzurechnen ist. Es bedürfte hierfür einer expliziten gesetzlichen (Ausnahme-)Regelung, so wie diese auch im AZG vorgesehen ist. Es wäre aus Praxissicht außerdem kaum vorstellbar, dass die Herabsetzung der Arbeitszeit iSd Bandbreite dann über beide Dienstverhältnisse hinweg sinnvoll erfolgen könnte. Wird auch die Arbeitszeit daher in beiden Dienstverhältnissen getrennt betrachtet, so führt das dazu, dass in Variante 2 jedenfalls in Dienstverhältnis II keine WIETZ möglich ist. Daran schließt die Frage an, ob es aus arbeitsrechtlicher Sicht möglich ist, dass – ähnlich dem Krankenstand – nur in einem Dienstverhältnis eine WIETZ in Anspruch genommen werden kann und im anderen hingegen nicht. UE ergibt sich das aber wiederum bereits aus dem Gesetz, das nunmehr bestimmte Voraussetzungen vorgibt, die für die WIETZ erfüllt sein müssen. Zur Annahme, dass dann gar keine WIETZ in Anspruch genommen werden kann, siehe bereits die Ausführungen oben.

Es ist also sowohl in Variante 1 als auch in Variante 2 denkbar, dass die Inanspruchnahme der WIETZ nur in einem Dienstverhältnis erfolgt. Selbst bei Vorliegen der Voraussetzungen in beiden Dienstverhältnissen besteht aber noch immer kein Rechtsanspruch auf die WIETZ, sondern unterliegt diese einer Vereinbarung im Einvernehmen. Fraglich ist daher, ob der:die AG die WIETZ mit dem Grund, dass eine Nebenbeschäftigung vorliegt, ablehnen kann. Dagegen spricht zunächst, dass bei der Vereinbarung der WIETZ auch auf die Interessen des:der AN Rücksicht zu nehmen 450 ist (§ 13a Abs 2 AVRAG) und die Aufgabe einer Nebenbeschäftigung und damit eines weiteren Verdienstes diesen sicherlich nicht entspricht. Zudem darf der:die AN gem § 2i Abs 1 AVRAG aufgrund einer Mehrfachbeschäftigung nicht benachteiligt werden, was der Fall wäre, wenn nur deshalb keine Vereinbarung über die WIETZ abgeschlossen wird. Allerdings sind zwei Punkte zu beachten: Erstens ist die WIETZ im Einvernehmen zu vereinbaren und bis auf die gesetzlichen Voraussetzungen des § 13a AVRAG ist grundsätzlich von Privatautonomie auszugehen.35 Zweitens könnte der:die AG möglicherweise den durch § 2i Abs 2 AVRAG eingeräumten Unterlassungsanspruch ausüben. Dieser kann gem Z 2 leg cit iVm Art 9 Abs 2 der Transparenz-RL bei einer Gefährdung der Gesundheit durch die Mehrbelastung getätigt werden. UE könnte dies im Falle der WIETZ durchaus argumentiert werden, wird aber eine Einzelfallentscheidung darstellen und vor allem sowohl von der Stundenanzahl im zweiten Dienstverhältnis als auch der auszuübenden Tätigkeit abhängen. Die Variante 1 könnte durchaus eine zu große Mehrbelastung darstellen, wenn im zweiten Dienstverhältnis keine WIETZ möglich ist und daher 20 Stunden (trotz gesundheitlicher Probleme) nebenbei gearbeitet wird. Gesundheitliche Gründe werden aber vor allem im Rahmen der medizinischen Zweckmäßigkeit noch unten (siehe Pkt 4.1.) eine Rolle spielen.

Fraglich ist zuletzt noch, wie sich das zweite Dienstverhältnis zum Verbot der Mehrarbeit gem § 13a Abs 3 AVRAG verhält. Auch hier geht der Wortlaut allerdings wieder vom Singular aus und stellt daher wohl auf ein einzelnes Dienstverhältnis ab. Es ist uE keinesfalls davon auszugehen, dass die Stunden im zweiten Dienstverhältnis als Mehrstunden zu werten sind, da dies auch sonst nicht der Fall ist. Ob das aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht für den Entzug des Wiedereingliederungsgeldes auch so zu sehen ist, wird noch zu besprechen sein (siehe Pkt 4.2.).

3.4.
Zwischenfazit aus arbeitsrechtlicher Sicht

Zusammenfassend lässt sich aus arbeitsrechtlicher Sicht festhalten, dass eine WIETZ grundsätzlich nicht gegen eine Nebenbeschäftigung spricht. Bei Vorliegen zweier Dienstverhältnisse müssen die Voraussetzungen gem § 13a AVRAG aber jedenfalls in beiden Dienstverhältnissen separat vorliegen. Eine Zusammenrechnung erfolgt (vor allem auch für die Arbeitszeit) nicht. Es kann daher vorkommen, dass die WIETZ nur in einem Dienstverhältnis in Anspruch genommen werden kann. Es ist zu beachten, dass der:die AG aufgrund gesundheitlicher Bedenken durchaus von einer Vereinbarung der WIETZ absehen kann. Fraglich wird nun in der Folge sein, ob die Möglichkeit einer WIETZ im Falle zweier Dienstverhältnisse und damit die arbeitsrechtlichen Ergebnisse auch iZm den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen so aufrechterhalten werden kann.

4.
Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung können zwei Gründe gegen die Bejahung der Möglichkeit der Inanspruchnahme der WIETZ bei zwei Dienstverhältnissen sprechen: Einerseits muss die WIETZ medizinisch zweckmäßig sein, um einen Anspruch auf Wiedereingliederungsgeld auszulösen. Andererseits ist das Wiedereingliederungsgeld zu entziehen, wenn die festgelegte Arbeitszeit überschritten wird.

4.1.
Medizinische Zweckmäßigkeit

Zunächst ist auf das Vorliegen der medizinischen Zweckmäßigkeit einzugehen. Wie diese genau zu definieren ist, kann aus § 143d ASVG nicht entnommen werden. Klar ist jedoch die Unterscheidung zum Anspruch auf Krankengeld nach § 138 ASVG: Dieser verlangt nämlich das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit.36 Die Arbeitsfähigkeit wird jedoch für den Abschluss der arbeitsrechtlichen WIETZ-Vereinbarung und damit auch für das Wiedereingliederungsgeld explizit vorausgesetzt.37 Der Verweis auf die medizinische Zweckmäßigkeit vorübergehend herabgesetzter Arbeitszeit suggeriert aber auch, dass sich die betroffene Person in einem Zustand befindet, in dem sie zwar grundsätzlich voll arbeitsfähig ist, jedoch der Eintritt einer neuerlichen Krankheit bzw ein Rückfall noch wahrscheinlich ist.38 Eine vollständig ausgeheilte Erkrankung ohne jedwede Nachwirkung in Hinblick auf die Arbeitsfähigkeit darf sohin noch nicht eingetreten sein.39 Medizinische Zweckmäßigkeit ist daher wohl dann anzunehmen, wenn die Reduktion der Arbeitszeit der Wiedererlangung bzw Erhaltung der Arbeitsfähigkeit dient40 und demzufolge gerade keine negativen Auswirkungen für den Gesundheitszustand zu erwarten sind.41

Konkret wird die Zweckmäßigkeit uE anhand der stRsp zu anderen Zweckmäßigkeitsbegriffen in Bestimmungen des Krankenversicherungsrechts zu beurteilen sein. Die Maßnahme, idF die WIETZ, muss daher nicht nur deren Zielen dienen, sondern wohl auch zumindest erfolgversprechend, also mit hinreichender Sicherheit objektiv geeignet sein, die beabsichtigte Wirkung zu erzielen.42 Fraglich ist daher, ob die medizinische Zweckmäßigkeit auch dann vorliegen kann, wenn eine WIETZ nur in einem von zwei Dienstverhältnissen vereinbart werden kann oder wird. Im Gegensatz zum:zur DG weiß der Krankenversicherungsträger nämlich jedenfalls über das Bestehen von Nebenbeschäftigungen 451 Bescheid43 und wird dies daher im Rahmen der Bewilligung berücksichtigen müssen. Auch hier wird es sich wohl um Einzelfallentscheidungen handeln, wobei sowohl das zeitliche Ausmaß der Nebenbeschäftigung als auch deren fachliche bzw inhaltliche Ausrichtung eine Rolle spielen werden. Ausgehend von Variante 1 ist zunächst nicht auszuschließen, dass in beiden Dienstverhältnissen wirksam eine WIETZ vereinbart werden kann. Ist dies der Fall, kann die medizinische Zweckmäßigkeit in beiden Verhältnissen getrennt geprüft und womöglich auch genehmigt werden. Ist hingegen nur ein Dienstverhältnis von der WIETZ betroffen, so ist die medizinische Zweckmäßigkeit uE nicht ohne Weiteres zu bejahen. Wird durch das zweite Dienstverhältnis ein wöchentliches Arbeitsstundenausmaß erreicht, das jenem vor der WIETZ naheund somit einem vollständigen Wiedereinstieg ins Arbeitsleben gleichkommt, so scheint eine Genehmigung durch den chef- und kontrollärztlichen Dienst weniger wahrscheinlich. Wird hingegen von Variante 2 ausgegangen, in der das zweite Dienstverhältnis nur zehn Stunden beträgt und eine WIETZ daher in diesem von vornherein ausscheidet, so wird dies der medizinischen Zweckmäßigkeit weniger abträglich sein, weil dadurch immer noch die beabsichtigte Wirkung der stufenweisen Wiedereingliederung eintreten wird.

4.2.
Entziehung des Wiedereingliederungsgeldes

Zuletzt könnte aus den Entziehungstatbeständen im Bereich der sozialversicherungsrechtlichen Geldleistungen ein Grund gegen die Möglichkeit einer weiteren Erwerbstätigkeit neben einer WIETZ gefunden werden. § 99 Abs 1b ASVG sieht vor, dass das Wiedereingliederungsgeld zu entziehen ist, wenn die vereinbarte Arbeitszeit in einem „dem Zweck“ der WIETZ „widersprechenden Ausmaß“ überschritten wird. In den Materialien wird davon ausgegangen, dass eine Überschreitung von mindestens 10 % erforderlich sei. Ansonsten wäre nicht mehr von einer schrittweisen Reintegration in den Arbeitsprozess auszugehen.44

Daher ist zunächst klar, dass es sich um ein Überschreiten der konkret mit dem:der DG vereinbarten Arbeitszeit während der WIETZ handeln muss. Dies ergibt sich auch aus einer Zusammenschau mit § 13a Abs 2 S 5 AVRAG, der zwar eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit zulässt, jedoch unter der Bedingung, dass die durchschnittliche Abweichung der wöchentlichen Arbeitszeit höchstens 10 % beträgt.45 Die Entziehung kann zudem nur dann vorgenommen werden, wenn der Krankenversicherungsträger zuvor auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat. Dem Krankenversicherungsträger ist dies möglich, zumal er bei der WIETZ durch den Wiedereingliederungsplan über das Arbeitszeitausmaß sowie die Lage der Arbeitszeit in Kenntnis zu setzen ist.46 Ergibt sich eine Abweichung von der vereinbarten Arbeitszeit, etwa durch die Mitteilung der monatlichen Beitragsgrundlage,47 so hat der Versicherungsträger die Abweichung auf ihre Zweckwidrigkeit zu prüfen und gegebenenfalls das Wiedereingliederungsgeld zu entziehen.

Fraglich ist jedoch, ob ebenso Arbeitszeiten eines zweiten Dienstverhältnisses hier miteinzubeziehen sind. Auch hier weiß der Krankenversicherungsträger einerseits über das Bestehen des zweiten Dienstverhältnisses und andererseits über das Ausmaß der dort geleisteten Arbeit Bescheid.48 Aufgrund des eingeschränkten Wortlauts des § 99 Abs 1b ASVG ist aber davon auszugehen, dass die Dienstverhältnisse getrennt voneinander zu betrachten sind. MaW: Es ist nur die Arbeitszeit vom die WIETZ betreffenden Dienstverhältnis in diesem Rahmen zu berücksichtigen.

Gänzlich außer Acht zu lassen ist ein zweites Dienstverhältnis allerdings in Hinblick auf den Zweck der WIETZ und das daraus herrührende Missbrauchspotenzial trotzdem nicht. Dabei wird es wieder auf den konkreten Einzelfall ankommen: Hat der chefund kontrollärztliche Dienst vor Beginn der WIETZ deren medizinische Zweckmäßigkeit trotz Bestehens eines zweiten Dienstverhältnisses bestätigt (so zB wie in der oben genannten Variante 2), so wird es darauf ankommen, ob das Stundenausmaß während der WIETZ gleichgeblieben ist. Es könnte nämlich durchaus der Fall eintreten, dass eine Person im zweiten Dienstverhältnis eine Stundenerhöhung vereinbart oder Überstunden leistet, um den Einkommensausfall zu kompensieren oder gar ein höheres Entgelt als zuvor zu lukrieren. Dies kann allerdings vom Gesetzgeber nicht gewollt worden sein. Denn: Erreicht das Stundenausmaß beider Dienstverhältnisse in Summe das Ausmaß der wöchentlichen Arbeitszeit vor der WIETZ, so ist davon auszugehen, dass eine stufenweise Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess nicht notwendig und eine WIETZ nicht medizinisch zweckmäßig ist.49

Auch ohne Anwendbarkeit des § 99 Abs 1b ASVG kann dieser Fall über die Generalklausel des § 99 Abs 1 bzw auch § 100 Abs 1 lit a ASVG vermieden werden. Wird der KV bekannt, dass eine Person in einem zweiten Dienstverhältnis in einem Ausmaß tätig wird, das mit dem Zweck der WIETZ unvereinbar wird, so werden die Leistungsvoraussetzungen für das Wiedereingliederungsgeld nicht mehr vorliegen, da wohl nicht mehr von einer medizinischen Zweckmäßigkeit iSd § 143d Abs 1 ASVG ausgegangen werden kann. Sind die Anspruchsvoraussetzungen weggefallen bzw haben sich die anspruchsrelevanten Verhältnisse wesentlich und entscheidend geändert,50 so erlischt dieser entweder ex lege oder kann bzw muss vom Krankenversicherungsträger entzogen werden. 452

4.3.
Zwischenfazit aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht

Zusammenfassend lässt sich daher für die sozialrechtliche Flankierung der WIETZ festhalten, dass auch hier zwei Dienstverhältnisse deren Inanspruchnahme nicht ausschließen. Zu beachten ist allerdings, dass die Beurteilung der medizinischen Zweckmäßigkeit vom Stundenausmaß und auch von der inhaltlichen Ausgestaltung der Nebenbeschäftigung abhängt. Verändert sich das Stundenausmaß des zweiten Dienstverhältnisses und wird dadurch dem Zweck der WIETZ widerlaufen, so erlischt der Anspruch iSd § 143d ASVG entweder gem § 100 ASVG oder kann gem § 99 ASVG vom Krankenversicherungsträger entzogen werden.

5.
Fazit und Ausblick

Als Ergebnis lässt sich also feststellen, dass die Inanspruchnahme einer WIETZ bei Vorliegen zweier Dienstverhältnisse nicht ausgeschlossen ist. Vielmehr ist diese, wenn sowohl die arbeits- als auch sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben sind, aus rechtlicher Sicht möglich. Trotzdem zeigt sich gerade aufgrund der engen Verzahnung beider Rechtsgebiete, dass sich durchaus Probleme ergeben können. So kann etwa die Vereinbarung einer WIETZ aus arbeitsrechtlicher Sicht zwar zulässig, die medizinische Zweckmäßigkeit aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht allerdings nicht gegeben sein. Es müssen daher stets eine Beurteilung im Einzelfall sowie eine anschließende Gesamtbetrachtung vorgenommen werden.

Zudem sind rezente Entwicklungen nicht außer Acht zu lassen. Es ist daher darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber in Bezug auf Nebenbeschäftigungen bei gleichzeitigem Bezug von Leistungen aus der SV eine gewisse Skepsis entwickelt hat.51 Diese hat zwar noch keine unmittelbaren Auswirkungen auf die WIETZ per se, weshalb diese bei Vorliegen zweier Dienstverhältnisse iSd obigen Ausführungen trotzdem möglich sein wird. Die Neuregelungen lassen aber erkennen, dass insb die Neuaufnahme eines Dienstverhältnisses während der Inanspruchnahme einer Leistung Konsequenzen nach sich zieht (siehe oben). In Bezug auf die WIETZ ist uE bereits ohne eine entsprechende Regelung davon auszugehen, dass die Neuaufnahme während der Inanspruchnahme der WIETZ dem Zweck dieser zuwiderläuft und daher nicht möglich ist. Insgesamt kann aufgrund der Entwicklungen aber eine zukünftige Novellierung in ihrer Gesamtheit nicht ausgeschlossen werden. Da die WIETZ ein sinnvolles Instrument für den Wiedereinstieg in das Arbeitsleben nach langer Krankheit ist und auch Personen mit zwei oder mehr Dienstverhältnissen in eine solche Lage geraten können, bleibt zu hoffen, dass hier keine Einschränkungen vorgenommen werden.