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Berechnung der Sonderzahlungen nach dem Kollektivvertrag für Privatkrankenanstalten

CHRISTINA NEUNDLINGER
§ 15 KollV Privatkrankenanstalten

Auf die AN der Bekl ist der KollV für die Dienstnehmerinnen der Privatkrankenanstalten Österreichs anzuwenden. Dessen § 15 Abs 1 lautet in der aktuell geltenden Fassung:

„§ 15 Urlaubsgeld (13. Monatsbezug) und Weihnachtsremuneration (14. Monatsbezug):

1. Allen Dienstnehmerinnen gebühren jährlich ein Urlaubsgeld und eine Weihnachtsremuneration in der Höhe eines laufenden Monatsentgeltes (Funktionszulage, Überstundenpauschale, Pflegedienstzulage und sämtliche, der jeweiligen Dienstnehmerin tatsächlich gewährte kollektivvertragliche Zulagen inbegriffen). Für die Berechnung des laufenden Monatsentgeltes, des Urlaubsgeldes sowie der Weihnachtsremuneration ist der Durchschnitt der letzten drei der Auszahlung vorangegangenen Monate heranzuziehen (Bsp.: für die Zahlung des Urlaubsgeldes Ende Juni ist das durchschnittliche Entgelt der Monate März, April und Mai maßgebend).“

Die Bekl berücksichtigt demnach bei Berechnung der Sonderzahlungen nur jene Zulagen, die sich aus dem KollV ergeben, nicht aber einzeln abgerechnete Überstunden, Überstundenzuschläge, Überstundengrundlohnhöhe, Mehrarbeitszuschläge, das Urlaubsentgelt nach § 6 UrlG sowie freiwillige oder variable Zulagen. Der kl Zentralbetriebsrat begehrte die Feststellung, dass Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration unter Anrechnung aller regelmäßig zur Auszahlung gelangenden oder gebührenden gesetzlichen und (kollektiv-)vertraglichen Entgeltansprüche (fix oder variabel) zu berechnen und auszubezahlen sind.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage übereinstimmend ab. Der ordentlichen Revision wurde vom OGH nicht Folge gegeben.293

§ 15 Abs 1 KollV sieht vor, dass die Remunerationen „in der Höhe eines laufenden Monatsentgeltes“ gebühren. Richtig ist, dass im Allgemeinen im Arbeitsrecht von einem weiten Entgeltbegriff ausgegangen wird. Er umfasst jede Leistung, die der/die AN dafür bekommt, dass er/sie dem/der AG seine/ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellt, also neben dem eigentlichen Gehalt oder Lohn auch alle anderen, ordentlichen oder außerordentlichen Bezüge.

Da in der Regel der KollV die Rechtsgrundlage für die Sonderzahlungen bildet, sind strittige Fragen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen, der Anspruchshöhe und der Anspruchsdauer durch Interpretation der jeweiligen kollektivvertraglichen Bestimmungen zu lösen.

Gegen eine weite Auslegung des Begriffs „Monatsentgelt“ spricht schon der Umstand, dass in diesem Fall der nachfolgende in Klammer gesetzte Hinweis auf konkret inkludierte Zulagen überflüssig wäre. Wären alle Entgeltbestandteile schon von vornherein umfasst, gebe es keinen Grund, solche zu nennen, die „inbegriffen“ sind. Die nachfolgende Aufzählung „Funktionszulage, Überstundenpauschale, Pflegedienstzulage und sämtliche der jeweiligen DN tatsächlich gewährte kollektivvertragliche Zulagen inbegriffen“ enthält keinen Hinweis darauf, dass sie nur demonstrativ gemeint ist. Gegen eine demonstrative Aufzählung spricht insb, dass ausdrücklich „kollektivvertragliche Zulagen“ genannt werden. Damit wird eine Differenzierung zwischen einzurechnenden Zulagen (nämlich kollektivvertragliche) und nicht einzurechnenden Zulagen (alle anderen) getroffen. Hätten die Kollektivvertragsparteien alle Zulagen einrechnen wollen, wäre die Formulierung „sämtliche tatsächlich gewährte Zulagen“ ausreichend gewesen.

Auch der Hinweis des Kl, dass Funktionszulagen im KollV nicht definiert werden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Unter Funktionszulagen werden üblicherweise Zulagen verstanden, die für Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung, in der Regel Führungspositionen, verbunden sind. Solche Funktionszulagen sind im KollV zwar nicht als Begriff definiert, aber geregelt. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass damit jede mit einer bestimmten Funktion verknüpfte Zahlung gemeint war.

Die Differenzierung zwischen Überstunden und Überstundenpauschalen erachtet der OGH als sachlich gerechtfertigt:

Auf Grund der nach § 13 Abs 3 KollV möglichen Durchrechnungszeiträume von zwei bis sechs Monaten wäre eine auf den Durchschnitt der letzten drei der Auszahlung vorangegangenen Monate gegründete Einbeziehung in die Bemessungsgrundlage wenig repräsentativ für die im Beobachtungszeitraum geleisteten Überstunden.

Die Einbeziehung von Überstunden, die in den letzten drei Monaten geleistet wurden, hängt von Zufälligkeiten ab und könnte zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung von AN, die in diesen Monaten Überstunden verrichteten, gegenüber solchen, die in anderen Monaten Überstunden verrichteten, führen. Dagegen stellt eine Pauschalentlohnung von Überstunden einen festen Entgeltbestandteil dar, der auch unabhängig von der Anzahl der geleisteten Überstunden zusteht.

Weder Mehrstundenzuschläge (nach expliziter Anordnung in § 22 Abs 2 KollV) noch Überstunden sind somit laut OGH in die Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlungen einzubeziehen.

Zusammenfassend ist § 15 Abs 1 KollV dahingehend auszulegen, dass für Urlaubsgeld und Weihnachtsremuneration von dem Grundentgelt zuzüglich den in der Bestimmung genannten Zulagen auszugehen ist. Aus dem Durchschnitt dieses für die letzten drei Monate ermittelten Betrags ergibt sich dann die Höhe der jeweiligen Sonderzahlung. Für die Einbeziehung jedweder, insb der nach den Feststellungen freiwillig gewährten Zulagen besteht dagegen keine Grundlage.