127Bereits mit dem Arbeitgeber des Ehepartners vereinbarter Familienurlaub als berücksichtigungswürdiger Grund für Nichtantritt einer Wiedereingliederungsmaßnahme
Bereits mit dem Arbeitgeber des Ehepartners vereinbarter Familienurlaub als berücksichtigungswürdiger Grund für Nichtantritt einer Wiedereingliederungsmaßnahme
Die Beschwerdeführerin befand sich in der Vergangenheit immer wieder im Bezug von Leistungen aus der AlV, ab 21.2.2021 war sie mit Unterbrechungen im Bezug von Notstandshilfe. In der Betreuungsvereinbarung vom 18.6.2024 wurde mit der Beschwerdeführerin die Wiedereingliederungsmaßnahme XXXX vereinbart und ihr diese mit Schreiben vom selben Tag mit Kursbeginn am 8.7.2024 zugewiesen. Am 27.6.2024 trat die Beschwerdeführerin einen Familienurlaub in der Türkei an, der vom Ehemann der Beschwerdeführerin bereits am 1.5.2024 gebucht worden war und den dieser mit seinem AG unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche anderer AN vereinbart hatte. Erst am 2.7.2024 gab die Beschwerdeführerin über ihr eAMS-Konto bekannt, dass sie im Urlaub sei, und bat um die Abmeldung vom Leistungsbezug. Daraufhin wurde ihr Leistungsbezug ab 3.7.2024 unterbrochen. Am 8.7.2024 erschien die Beschwerdeführerin nicht zur Veranstaltung XXXX. Am 28.7.2024 meldete sich die Beschwerdeführerin via eAMS wieder beim AMS, teilte ihre Rückkehr aus dem Urlaub mit und ersuchte um Anmeldung ab 28.7.2024.
Mit Bescheid vom 20.8.2024 verhängte das AMS eine Leistungssperre ab 8.7.2024 für 42 Tage. Nachsicht wurde nicht erteilt.
Das BVwG gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde statt und hob den angefochtenen Bescheid mit folgender Begründung ersatzlos auf.
Der befristete Verlust des Anspruches auf Arbeitslosengeld tritt gemäß dem im konkreten Fall zur Anwendung gelangenden § 10 Abs 1 Z 3 AlVG dann ein, wenn sich die arbeitslose Person ohne wichtigen Grund weigert, an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teilzunehmen bzw deren Erfolg vereitelt. Um sich durch die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Teilnahme ausgerichteten, aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, den Erfolg der Maßnahme zu vereiteln. In den Fällen des § 10 Abs 1 Z 1 und 2 AlVG ist ein sanktionierbarer Tatbestand jedoch nicht gegeben, wenn für die Verweigerung bzw Vereitelung ein wichtiger Grund vorliegt. Für die Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes „wichtiger Grund“ sind vor allem Zumutbarkeitsgesichtspunkte maßgebend, wobei auch – aber nicht ausschließlich – die für Beschäftigungsverhältnisse genannten Kriterien zu berücksichtigten sind.
Darüber hinaus ergibt sich aus der Rsp des VwGH, dass es sich bei Nach(Um)schulungen oder Maßnahmen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt um Maßnahmen handelt, die nicht die Chance einer sofortigen Beendigung der Arbeitslosigkeit in sich tragen. Die Teilnahme an einer solchen Maßnahme ist in der Regel nach Belieben nachholbar, wodurch sie sich von der Annahme der vom AMS vermittelten Beschäftigungen wesentlich unterscheidet. Geht es nur um die Frage, zu welchem Termin an der Maßnahme teilgenommen werden soll, so wird an das Kriterium des „wichtigen Grundes“, je nach Lage des Falles und Dringlichkeit der Maßnahme, kein allzu strenger Maßstab anzulegen sein (vgl VwGH 18.10.2000, 98/08/0304 zu einem geplanten Familienurlaub und VwGH 99/08/0027 zu familiären Betreuungspflichten).
Im Hinblick auf die zitierte Judikatur des VwGH ist ein Familienurlaub, den der Ehemann der Beschwerdeführerin in Absprache mit seinem AG unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche anderer AN gebucht hat, zumal dieser dem AMS zeitgerecht vor Beginn der Maßnahme gemeldet wurde, als „wichtiger Grund“ iSd § 10 Abs 1 Z 3 AlVG zu werten, so dass kein sanktionierbarer Tatbestand erfüllt wurde.
Zudem hat sich die Beschwerdeführerin anlässlich des Urlaubsantrittes am 2.7.2024 vom Leistungsbezug abgemeldet und stand ab 3.7.2024 – somit zum Zeitpunkt des Beginns der Maßnahme bis zur ihrer Wiedermeldung am 28.7.2024 – nicht im Leistungsbezug. Eine missbräuchliche Abmeldung vom Leistungsbezug ist bei einer Abmeldung zirka eine Woche vor Beginn der Maßnahme anlässlich eines geplanten Familienurlaubes und einer Dauer der Abmeldung vom Leistungsbezug von beinahe vier Wochen nicht anzunehmen.297