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Überstundenverbot iSd § 8 MSchG und Wochengeldberechnung

FELICIA KAIN / JOHANNA OBERMAYER (WIEN)
  1. Überstundenvergütungen sind bei der Wochengeldberechnung iSd § 162 ASVG jenem Zeitraum zuzuordnen, in dem sie tatsächlich erbracht wurden und nicht jenem, in dem sie ausbezahlt wurden.

  2. § 162 Abs 3 ASVG ist so auszulegen, dass der Beobachtungszeitraum jeweils um drei Kalendermonate nach vorne zu verlängern ist, gegebenenfalls auch mehrfach, bis ein Zeitraum von vollen drei Kalendermonaten erreicht wird, aus dem sich ein durchschnittlicher Arbeitsverdienst errechnen lässt. Zu einer Verlängerung kommt es, wenn der Beobachtungszeitraum ausschließlich nicht zu berücksichtigende Zeiten enthält, wobei diese Zeiten bei der Berechnung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes außer Betracht zu bleiben haben.

  3. In Abweichung zur E 10 ObS 76/16y kann der so verlängerte Beobachtungszeitraum auch nicht zu berücksichtigende Zeiten iSd § 162 Abs 3 Satz 6 lit a bis d ASVG enthalten, solange auch zu berücksichtigende Zeiten vorhanden sind.

[1] Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob und bejahendenfalls wie Mehr- bzw Überstundenvergütungen bei der Höhe des Wochengeldanspruchs nach § 162 Abs 3 ASVG zu berücksichtigen sind.

[2] Die Kl war seit 23.4.2018 als Angestellte bei der E*gesellschaft beschäftigt. Sie informierte am 14.9.2022 ihre DG von der Schwangerschaft.

[3] Zwischen der Kl und ihrem AG war eine Gleitzeitregelung vereinbart, die eine Gleitzeitperiode jeweils vom 1.10. eines Kalenderjahres bis zum 30.9. des darauffolgenden Kalenderjahres (52 Wochen) und überdies vorsah, dass Plusstunden vor Ende der Gleitzeitperiode tunlichst in Form von Zeitausgleich zu konsumieren seien. Ein Übertrag von Zeitguthaben in die nächste Gleitzeitperiode war maximal bis zur Höhe von 20 Stunden möglich; allfällige nicht in die nächste Gleitzeitperiode übertragene Zeitguthaben wurden am Ende der Gleitzeitperiode mit Zuschlag ausbezahlt.

[4] Die Kl sammelte während ihres Dienstverhältnisses regelmäßig Plusstunden iSd Gleitzeitvereinbarung an und diese wurden jeweils im Oktober eines Jahres ausbezahlt. So erhielt die Kl im Oktober 2018 aus der Gleitzeitvereinbarung 30,33 Plusstunden, im Oktober 2019 180,88 Plusstunden, im Oktober 2019 54,97 Plusstunden und im Oktober 2021 109,55 Plusstunden ausbezahlt. Im Oktober 2022 wurden der Kl 260,60 Plusstunden ausbezahlt. 393

[5] Mit Bescheid vom 18.8.2023 wies die bekl Österreichische Gesundheitskasse den Antrag der Kl auf Gewährung eines höheren Wochengelds als 114,48 € täglich anlässlich des am 24.1.2023 eingetretenen Versicherungsfalls der Mutterschaft ab. Die von der Kl angeführte E 10 ObS 115/17k könne durchaus von Relevanz sein, jedoch sei die Kl beweispflichtig dafür, ob und in welchem Ausmaß Überstunden regelmäßig ausgeübt worden seien; aussagekräftig könnten hierbei zB Lohnzettel der letzten sechs Monate vor Bekanntgabe der Schwangerschaft an den AG samt Arbeitszeitaufzeichnungen sein.

[6] Dagegen richtet sich die auf Leistung eines Wochengelds von täglich 142,78 € (unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Zahlung von insgesamt 14.538,96 €) gerichtete Klage. Regelmäßig geleistete Überstunden seien bei der Berechnung des Wochengelds zu berücksichtigen. Die Kl habe über die gesamte Beschäftigungsdauer regelmäßig eine Arbeitsleistung von 40 Wochenstunden erbracht und am Ende jeder Gleitzeitperiode eine erhebliche Anzahl an Überstunden angesammelt. Diese seien immer ausbezahlt und nie als Zeitausgleich konsumiert worden. Ab Meldung der Schwangerschaft habe die wöchentliche Arbeitszeit der Kl 40 Stunden nicht mehr übersteigen dürfen. Aufgrund dieses Verbots sei somit auch Überstundenentgelt weggefallen, das sie ohne das Beschäftigungsverbot bei Ende der Gleitzeitperiode im Oktober 2023 erhalten hätte.

[7] Die Bekl bestritt und beantragte die Abweisung der Klage. Aufgrund des voraussichtlichen Entbindungstermins am 21.3.2023 seien für die Berechnung der Höhe des Wochengelds die Monate Oktober bis Dezember 2022 heranzuziehen. Ein Anspruch aus einer Auszahlung aus der Gleitzeitvereinbarung könne nicht bei der Berechnung des Wochengelds berücksichtigt werden, weil es bei der Zuordnung von Erwerbseinkommen zu einer bestimmten Zeitperiode nicht auf den Zufluss, sondern auf die Leistungserbringung ankomme. Die an die Kl ausbezahlten „Überstundenvergütungen“ seien nicht dem relevanten Beobachtungszeitraum zuzuordnen.

[8] Das Erstgericht erkannte die Bekl schuldig, der Kl ein Wochengeld von 130,42 € täglich unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Zahlung von 14.538,96 € zu zahlen. Das auf Zahlung eines höheren Wochengelds gerichtete Mehrbegehren wies es ab. Bei der Zahlung, die die Kl im Oktober 2022 auf Grund ihrer Gleitzeitvereinbarung erhalten habe, handle es sich um Überstunden, die unter den arbeitsrechtlichen Entgeltbegriff des § 162 Abs 3 ASVG zu subsumieren seien. Sie seien auch im Beobachtungszeitraum (Oktober 2022) zugeflossen. Der Rechtsansicht der Bekl, dass sich die zeitliche Zuordnung von Erwerbseinkommen zu einer bestimmten Periode nicht nach dessen Zufluss, sondern nach der Leistungserbringung richte, könne nicht beigetreten werden. Die Bruttozahlung entspreche einem Nettobetrag von 4.349,06 €. Da die Kl nur an 348 von 365 Tagen in der Gleitzeitperiode Überstunden leisten habe dürfen, sei der Nettobetrag auf einen Jahresbetrag hochzurechnen, der aufgrund des Beobachtungszeitraums von drei Monaten in Höhe eines Viertels zu berücksichtigen sei.

[9] Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien Folge und änderte die Entscheidung dahin ab, dass es der Kl ein Wochengeld von 126,29 € täglich zuerkannte und das auf ein höheres Wochengeld gerichtete Mehrbegehren abwies. Soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz ging es – unter Hinweis auf die Rsp des OLG Innsbruck – davon aus, dass die der Kl im Oktober 2022 ausbezahlten „Plusstunden“, unabhängig von ihrer Qualifikation als „Überstunden“ oder „Mehrarbeitsstunden“, nicht in die Berechnung ihres Wochengeldanspruchs einzubeziehen seien. Vergütungen für Mehrdienstleistungen könnten nur dann bei der Bemessung des Wochengeldanspruchs berücksichtigt werden, wenn sie tatsächlich dem Beobachtungszeitraum zuzuordnen seien und die entsprechende Mehrdienstleistung also tatsächlich innerhalb des Beobachtungszeitraums erbracht worden sei. Für dieses Auslegungsergebnis spräche auch die Judikatur zum gegenüber dem Wochengeldanspruch (§ 162 Abs 1 und 2 ASVG) subsidiären Entgeltfortzahlungsanspruch des § 14 MSchG, nach der Verdiensteinbußen, die dadurch einträten, dass keine Überstunden mehr geleistet werden dürften, nicht abzugelten seien. Gegenteiliges könne auch nicht aus der E 10 ObS 115/17k abgeleitet werden.

[10] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Kl mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen iS eines Zuspruchs von Wochengeld in Höhe von 142,78 € täglich (unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Zahlung von insgesamt 14.538,96 €); hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

[11] Die Bekl beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

[12] Die Revision ist zulässig, weil dem Berufungsgericht eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung unterlaufen ist; sie ist iSd hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

[13] 1. Im Verfahren ist der Anspruch der Kl auf Wochengeld (im Zeitraum 24.1.2023 bis 30.5.2023) dem Grunde nach nicht strittig. Ebenso wenig strittig ist infolge der – insofern von der Bekl nicht bekämpften – Entscheidung des Berufungsgerichts, dass neben dem laufenden Entgelt eine Teuerungsprämie von (netto) 200 € monatlich zu berücksichtigen ist und die bezogene Leistungsprämie bei der Berechnung des Wochengeldanspruchs dahingehend zu berücksichtigen ist, dass die Bemessungsgrundlage um 21 % (statt um 17 %) zu erhöhen ist. Strittig ist hingegen, ob und wie die nach der Gleitzeitvereinbarung von der DG abgegoltenen Zeitguthaben bei der Bemessung des Wochengelds zu berücksichtigen sind.

[14] 2.1. Das Wochengeld gebührt gem § 162 Abs 3 Satz 1 ASVG in der Höhe des auf den Kalendertag entfallenden Teils des durchschnittlichen in den letzten 13 Wochen (bei Versicherten, deren Arbeitsverdienst nach Kalendermonaten bemessen oder abgerechnet wird, in den letzten drei Kalendermonaten) 394 vor dem Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft gebührenden Arbeitsverdiensts, vermindert um die gesetzlichen Abzüge; die auf diesen Zeitraum entfallenden Sonderzahlungen sind nach Maßgabe des § 162 Abs 4 ASVG (mit einem durch die Satzung festgelegten Prozentsatz des Netto-Arbeitsverdiensts) zu berücksichtigen.

[15] 2.2. Das Wochengeld soll einen Ersatz für den im Zusammenhang mit der Entbindung stehenden Verlust des Arbeitsverdiensts darstellen. Der Gesetzgeber entschied sich dabei aber für das Durchschnittsprinzip, das vergangene Werte berücksichtigt, und nicht für das Ausfallsprinzip, das die in Zukunft voraussichtlich zu erwartende Entwicklung in Rechnung stellt. Er nimmt daher in Kauf, dass die Versicherte trotz des Wochengeldes einen Verdienstausfall erleiden kann (RS0117195). Als gebührender Arbeitsverdienst iSd § 162 Abs 3 ASVG ist grundsätzlich jeder Geld- und Sachbezug zu verstehen, der der vollversicherten oder teilversicherten AN als Arbeitsverdienst im Beobachtungszeitraum zustand, und zwar unabhängig von beitragsrechtlicher oder einkommenssteuerlicher Qualifikation (RS0084112). Darunter fallen grundsätzlich auch Vergütungen für Mehrdienstleistung (10 ObS 115/17k ErwGr 1.4.).

[16] 2.3. Das Gesetz stellt dabei auf den einzelnen Kalendertag entfallenden Teil des „gebührenden“ Arbeitsverdiensts ab. Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist daher jener Bezug zu berücksichtigen, der im Beobachtungszeitraum zustand (RS0084112), also – ungeachtet seiner Fälligkeit oder Auszahlung – in diesem Zeitraum entstanden ist (ASG Wien 8 Cgs 79/15p, SVSlg 65.500). Bei aufgrund von Mehr- oder Überstundenarbeit gebührendem Entgelt ist dies jener Zeitraum, in dem diese Mehr- oder Überstundenarbeit geleistet wurde; dies gilt auch für Bezüge aufgrund von nach Ende der Gleitzeitperiode bestehende Zeitguthaben. [17]

17] 2.4. Da die Kl im Zeitraum Oktober bis Dezember 2022 unstrittig kein Zeitguthaben sammelte und die Abgeltung von 260,60 Plusstunden im Oktober 2022 nach der Gleitzeitvereinbarung ein aus dem Zeitraum vor Oktober 2022 stammendes Zeitguthaben betrifft, liegen im Zeitraum Oktober bis Dezember 2022 keine Zeitguthaben vor, die in diesem Zeitraum berücksichtigt werden könnten. Die insofern zutreffende Beurteilung des Berufungsgerichts wird von der Kl in der Revision auch nicht in Zweifel gezogen. Im Einklang damit steht auch der im Verfahren erster Instanz und in der Revisionsbeantwortung von der Bekl vertretene Standpunkt, dass die ausbezahlten „Überstundenvergütungen“ nicht dem Zeitraum Oktober bis Dezember 2022 zuzuordnen seien, sondern den davor liegenden Zeiträumen, in denen die Kl die der Vergütung zugrunde liegenden Mehrstunden nach der Gleitzeitvereinbarung tatsächlich erbracht hatte.

[18] 3. Die Kl brachte aber bereits in erster Instanz vor, dass ihre wöchentliche Arbeitszeit ab Meldung der Schwangerschaft 40 Stunden nicht mehr habe übersteigen dürfen und somit aufgrund dieses Verbots auch Überstundenentgelt weggefallen sei, das sie ohne das Beschäftigungsverbot bei Ende der Gleitzeitperiode im Oktober 2023 erhalten hätte. Mit diesem – auch in der Berufungsbeantwortung wiederholten – Vorbringen setzte sich das Berufungsgericht nicht auseinander.

[19] 3.1. Bestimmte in § 162 Abs 3 Satz 6 lit a bis d ASVG definierte Zeiten bleiben bei der Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdiensts außer Betracht. Dazu gehören Zeiten, während derer die Versicherte infolge Krankheit, eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes oder Kurzarbeit nicht das volle Entgelt bezogen hat (§ 162 Abs 3 Satz 6 lit b ASVG). Liegen in dem maßgebenden Zeitraum nur Zeiten der in § 162 Abs 3 Satz 6 (lit a, b, c oder d) ASVG bezeichneten Art vor, so verlängert sich der maßgebende Zeitraum um diese Zeiten; diese Zeiten bleiben bei der Berechnung des durchschnittlichen Arbeitsverdiensts wieder außer Betracht (§ 162 Abs 3 Satz 7 ASVG).

[20] 3.2. Nach der Rsp des OGH erfasst § 162 Abs 3 lit b ASVG auch Zeiten, in denen die Versicherte infolge eines durch das Verbot der Leistung von Überstunden gem § 8 MSchG bedingten Entfalls von (ansonsten geleisteter) Überstundenarbeit Einkommenseinbußen erlitten hat (10 ObS 115/17k = RS0131847). Liegen im dreimonatigen Beobachtungszeitraum für die Bemessung des Wochengeldanspruchs daher auch Zeiten, in denen die Versicherte ein geringeres Entgelt bezog, weil bisher regelmäßig bezogene Überstundenentgelte nach § 8 MSchG weggefallen sind, haben diese Zeiten bei der Ermittlung des durchschnittlichen Arbeitsverdiensts außer Betracht zu bleiben und sind nur jene Zeiten für die Berechnung des Wochengelds heranzuziehen, in denen es zu keiner Kürzung des Entgelts infolge des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots gekommen ist; das Wochengeld ist also nur unter Zugrundelegung der Zeiten zu bemessen, in denen Überstunden im früheren Ausmaß geleistet wurden (Drs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 162 ASVG Rz 67 [Stand 1.3.2020, rdb.at]).

[21] 3.3. Enthält der Beobachtungszeitraum hingegen nur nach § 162 Abs 3 Satz 6 ASVG nicht zu berücksichtigende Zeiten, verlängert sich der Beobachtungszeitraum um diese Zeiten (dh um drei Monate bzw 13 Wochen), wobei diese Zeiten bei der Berechnung des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes außer Betracht zu bleiben haben (Drs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 162 ASVG Rz 69 [Stand 1.3.2020, rdb.at]). Liegen in dem so neu berechneten Beobachtungszeitraum wieder nur nicht zu berücksichtigende Zeiten, ist der Beobachtungszeitraum so lange um drei Monate (bzw 13 Wochen) nach vorne zu verschieben, bis ein Zeitraum von drei vollen Kalendermonaten (bzw 13 Wochen) erreicht wird, aus dem sich ein durchschnittlicher Arbeitsverdienst errechnen lässt (vgl RS0131566). In Abweichung zur E 10 ObS 76/16y (ErwGr 4.3.) kann der so verlängerte Beobachtungszeitraum auch jener Zeitraum sein, der auch sonstige nicht unter § 162 Abs 3 Satz 6 lit a bis d ASVG fallende Zeiten aufweist (zutreffend Drs in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 162 ASVG Rz 69 [Stand 1.3.2020, rdb.at]).

[22] 3.4. Dem Vorbringen der Kl, wonach sie im Beobachtungszeitraum wegen § 8 MSchG nicht den 395 vollen Arbeitsverdienst beziehen konnte, weil sie kein Zeitguthaben aufbauen habe können, kommt daher Bedeutung zu. Träfe es auf Tatsachenebene zu, bliebe der Arbeitsverdienst für jene Kalendermonate, in denen ohne Anwendung des § 8 MSchG Zeitguthaben gesammelt und in weiterer Folge (aufgrund der Gleitzeitvereinbarung nach Ende der jeweiligen Gleitzeitperiode) abgegolten worden wäre, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 162 Abs 3 ASVG außer Betracht. Träfe dies auf alle drei Kalendermonate des ursprünglichen Beobachtungszeitraums (Oktober bis Dezember 2022) zu, würde sich der Beobachtungszeitraum nach der dargelegten Rsp entsprechend verlängern (und wären die Zeiten des Bezugs eines reduzierten Entgelts in diesem verlängerten Beobachtungszeitraum nicht zu berücksichtigen).

[23] 4.1. Das Erstgericht hat zu den für diese Beurteilung maßgeblichen Tatsachen keine Feststellungen getroffen. Die Bekl trug in der Klagebeantwortung zwar vor, dass die Kl ab der Meldung der Schwangerschaft am 14.9.2022 keine Mehrarbeit mehr verrichtet habe. Daraus ergibt sich aber nicht, warum die Kl keine Zeitguthaben erwirtschaftet, nämlich, ob sie diese ohne das Verbot des § 8 MSchG erwirtschaftet hätte.

[24] 4.2. Wäre letzteres – dem Vorbringen der Kl entsprechend – der Fall, würde sich der ursprüngliche Beobachtungszeitraum nach der dargelegten Rsp auf den maßgeblichen Beobachtungszeitraum Juli bis Dezember 2022 verlängern, wobei darin liegende Zeiträume eines reduzierten Arbeitsverdiensts nach § 162 Abs 3 Satz 6 lit b ASVG außer Betracht zu bleiben hätten. Im vorliegenden Verfahren gingen demgegenüber die Vorinstanzen von der Maßgeblichkeit des Beobachtungszeitraums nach § 162 Abs 3 Satz 1 ASVG (hier: Oktober bis Dezember 2022) aus, weswegen sowohl Vorbringen als auch Feststellungen zu dem der Kl in einen allenfalls verlängerten Beobachtungszeitraum (ohne die nach § 162 Abs 3 Satz 6 ASVG außer Betracht zu lassenden Zeiten des reduzierten Arbeitsentgelts) gebührenden (Netto-)Arbeitsverdienst einschließlich jener Vergütungen fehlen, die der Kl aufgrund der von der Bekl zugestandenen „Plusstunden“ zustanden.

[25] 4.3. Mangels Feststellungen zu jenen Tatsachen, aufgrund derer eine Ermittlung des im vorliegenden Verfahren maßgebenden Beobachtungszeitraums möglich ist, erweist sich die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und die Zurückverweisung der Sozialrechtssache an das Erstgericht daher als unvermeidlich. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren zunächst zu prüfen haben, ob – wie die Kl behauptet – ein Fall des § 162 Abs 3 Satz 7 ASVG vorliegt, weil die Kl in den Monaten Oktober bis Dezember 2022 infolge eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots nicht das volle Entgelt bezog. Sollte dies der Fall sein, wäre den Parteien zunächst Gelegenheit zur Erstattung von Vorbringen zum Arbeitsverdienst der Kl im maßgeblichen (verlängerten) Zeitraum zu geben und davon ausgehend der der Kl für diesen Zeitraum gebührende Netto- Arbeitsverdienst zu ermitteln, einschließlich der (der Berechnung unstrittig zugrunde zu legenden) Teuerungszulage und der Vergütung, die auf die in diesen Monaten geleistete Mehrarbeit zurückzuführen ist. Dieser Betrag wäre in weiterer Folge durch die in diesem Zeitraum liegenden Kalendertage zu dividieren und dieses Ergebnis um den (unstrittig) 21 %-igen Zuschlag nach § 162 Abs 4 ASVG zu erhöhen. Schließlich wäre der vom Berufungsgericht bereits rechtskräftig zuerkannte Betrag zu berücksichtigen.

[26] 4.4. [...]

ANMERKUNG
1.
Sachverhalt und Problemaufriss

Die gegenständliche Rs 10 ObS 91/24s ist von besonderem Interesse, weil der OGH von seiner bisherigen Rsp zur Verlängerung des Beobachtungszeitraums für die Berechnung des Wochengeldes abgeht. Dazu kam es im Zuge eines Verfahrens zur Berücksichtigung von nach einer Gleitzeitvereinbarung abgegoltenen Zeitguthaben bei der Berechnung iSd § 162 ASVG im Zusammenhang mit der Verlängerung des Beobachtungszeitraums aufgrund von mutterschutzrechtlichen Verboten.

Die Kl war seit 23.4.2018 bei der Bekl beschäftigt. Es lag eine Gleitzeitvereinbarung vor, die eine Gleitzeitperiode jeweils vom 1.10. bis zum 30.9. des darauffolgenden Kalenderjahres vorsah. Die Kl sammelte in den Jahren 2018-2022 regelmäßig Zeitguthaben an, die zuletzt im Oktober 2022 ausbezahlt wurden. Am 14.9.2022 gab die Kl ihre Schwangerschaft bekannt. Ab diesem Zeitpunkt unterlag sie somit dem Verbot der Leistung von Überstunden iSd § 8 MSchG, wonach die tägliche Normalarbeitszeit nicht überschritten werden darf. Unstrittig war, dass ein Anspruch auf Wochengeld von 24.2. bis 30.5.2023 besteht. Strittig hingegen war die Berechnung und in weiterer Folge die konkrete Höhe des Anspruchs. Die Kl begehrte die Wochengeldberechnung inklusive der regelmäßigen Überstundenvergütungen, die im Oktober ausbezahlt wurden (OGH 19.11.2024, 10 ObS 91/24s). Verfahrensentscheidend war die Frage, wie sich das Überstundenverbot iSd § 8 MSchG auf den Beobachtungszeitraum für die Berechnung des Wochengeldes auswirkt, wenn nur aufgrund dieses Verbots keine Überstunden erbracht wurden.

2.
Berechnung des Wochengeldanspruchs

Die Höhe des Wochengeldanspruchs richtet sich gem § 162 Abs 3 ASVG nach dem Arbeitsverdienst, der der Versicherten im Beobachtungszeitraum vor dem Eintritt des Versicherungsfalles der Mutterschaft durchschnittlich pro Tag gebührt. Die Bemessung des Wochengeldes erfolgt somit nach dem Durchschnittsprinzip. Ziel ist der Ersatz des Entfalls des Nettoeinkommens während des Beschäftigungsverbots und somit die finanzielle Absicherung der schwangeren Person (siehe zB Felten in Tomandl/Felten [Hrsg], System des österreichischen Sozialversicherungsrechts [2021, 38. ErgLfg] 264/22 ff). 396 Weil das Durchschnittsprinzip im Gegensatz zum Ausfallsprinzip auf vergangene Werte Bezug nimmt, kann es zu einem Verdienstausfall der Versicherten kommen (stRsp des OGH, siehe zB OGH 25.4.2023, 10 ObS 101/22h; OGH 18.10.2022, 10 ObS 119/22f; OGH 24.6.2020, 10 ObS 60/20a).

Der Beobachtungszeitraum besteht gem § 162 Abs 3 S 1 ASVG aus den letzten 13 Wochen bzw drei Kalendermonaten vor Eintritt des Versicherungsfalles. Der Versicherungsfall der Mutterschaft tritt gem § 120 Z 3 ASVG mit Beginn der achten Woche vor der voraussichtlichen Entbindung ein. Bestimmte Zeiten, in denen die Versicherte keinen vollen Entgeltfortzahlungsanspruch hatte, bleiben bei der Berechnung aber außer Betracht (Drs in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 162 ASVG Rz 67 [Stand 1.3.2020, rdb.at]). Diese unbeachtlichen Zeiten sind in § 162 Abs 3 S 6 lit a-d ASVG taxativ aufgezählt (OGH 24.9.1991, 10 ObS 193/91). Wie der OGH zu 10 ObS 155/17k bereits entschieden hat und gegenständlich bestätigt, zählen dazu iSd § 162 Abs 3 S 6 lit b ASVG auch Zeiten, in denen die Versicherte aufgrund des Überstundenverbots nach § 8 MSchG Überstunden nicht geleistet und daher nicht das volle Entgelt bezogen hat (OGH 19.11.2024, 10 ObS 155/17k).

Der Mechanismus zur Berechnung des Wochengeldes iZm unbeachtlichen Zeiten ist ein zweigliedriger: Befinden sich im Beobachtungszeitraum ua unbeachtliche Zeiten, bleiben diese gem § 162 Abs 3 S 6 ASVG bei der Berechnung schlicht außer Betracht. Besteht dagegen der gesamte Beobachtungszeitraum aus unbeachtlichen Zeiten, bleiben diese – und damit der gesamte bisherige Beobachtungszeitraum – gem § 162 Abs 3 S 7 ASVG ebenfalls außer Betracht; der Beobachtungszeitraum wird aber um ebendiese Zeiten – und damit um die Länge des bisherigen Beobachtungszeitraums von 13 Wochen bzw drei Kalendermonaten – in die Vergangenheit verlängert. Effektiv wird der Beobachtungszeitraum somit nach hinten verschoben (im Folgenden dennoch „Verlängerung“).

Für die Berechnung des Wochengeldanspruchs ist der arbeitsrechtliche Entgeltbegriff heranzuziehen. Darunter fällt grundsätzlich jeder Geld- und Sachbezug, der den DN im Beobachtungszeitraum tatsächlich zufließt bzw zustand und somit grundsätzlich auch Überstundenentgelte und Überstundenpauschalen (Drs in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 162 ASVG Rz 45 [Stand 1.3.2020, rdb. at]; Burger-Ehrenhofer/Drs in Aschauer/Brameshuber [Hrsg], Jahrbuch Sozialversicherungsrecht 2016 [2016], Berechnung von Wochengeld und Kinderbetreuungsgeld unter besonderer Berücksichtigung der Ausnahmen vom Entgeltbegriff gem § 49 Abs 3 ASVG, 101 [102 ff]).

3.
Verlängerung des Beobachtungszeitraums
3.1.
Bisherige Rsp des OGH und Kritik

In der vorliegenden E korrigiert der OGH seine Rsp zur Verlängerung des Beobachtungszeitraums, indem er unter Verweis auf Drs ausdrücklich von der Rs 10 ObS 76/16y abweicht (Drs in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 162 ASVG Rz 69 [Stand 1.3.2020, rdb.at]; OGH 18.5.2017, 10 ObS 76/16y). Dies verdient besondere Betrachtung.

In der – nun teilweise veralteten – Rs 10 ObS 76/16y ging es um die Höhe des Wochengeldanspruchs aufgrund des Bezugs von Krankengeld bei Eintritt des Versicherungsfalls der Mutterschaft. Der OGH erachtete § 162 Abs 3 lit b ASVG als planwidrig lücken haft, weil eine Regelung zur Höhe des Wochengeldanspruchs im Falle des § 122 Abs 2 Z 1 lit b ASVG fehle. Die Lücke sei durch Verlängerung des Beobachtungszeitraums unter analoger Anwendung von § 162 Abs 3 S 7 ASVG zu schließen. Eine einfache Verlängerung des Beobachtungszeitraums hätte in diesem Fall aber nicht ausgereicht, um einen Wochengeldanspruch in Höhe von mehr als Null zusprechen zu können: Die Kl hatte länger als ein Jahr vor Eintritt des Versicherungsfalls ausschließlich Krankengeld bezogen, das zur Berechnung des Wochengeldes aber nicht herangezogen werden konnte. Daher hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Beobachtungszeitraum dann noch weiter in die Vergangenheit zu verlängern ist, als nur einmalig um dessen ursprüngliche Länge.

Er bejahte dies: Der Wortlaut des § 162 Abs 3 S 7 ASVG gehe zwar lediglich von einer einmaligen Verlängerung aus. Aus dem Zweck der Regelung des § 162 Abs 3 S 6 lit b ASVG ergebe sich aber Gegenteiliges. Nach der Intention des Gesetzgebers solle der Wochengeldanspruch nicht automatisch mit Null bemessen werden, wenn im verlängerten Beobachtungszeitraum ausschließlich unbeachtliche Zeiten liegen. Auch systematisch argumentierte der OGH, dass diese Auslegung durch die Vorrangregelung des § 165 ASVG gestützt werde.

Diese Anerkennung der Möglichkeit, den Beobachtungszeitraum gegebenenfalls auch mehrfach zu verlängern, überzeugt und wurde auch nicht beanstandet.

Die konkrete Vorgangsweise des OGH bei der Festlegung des weiter verlängerten Beobachtungszeitraums in der Rs 10 ObS 76/16y rief jedoch Kritik in der Lehre hervor (Drs in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 162 ASVG Rz 69 [Stand 1.3.2020, rdb.at]). Der OGH ging dort nämlich pauschal so weit in die Vergangenheit zurück, bis sich drei volle, nur aus beachtlichen Zeiten bestehende Kalendermonate ergaben, aus denen das Wochengeld dann zu errechnen sei. Darin erblickte Drs eine ungerechtfertigte Besserstellung und trat für etappenweise Verlängerungen des Beobachtungszeitraumes ein.

3.2.
Weiterentwicklung durch die Rs 10 ObS 91/24s

Den von Drs vorgebrachten Argumenten schließt sich der OGH in der vorliegenden E nun an: Er bekräftigt zunächst, dass der Beobachtungszeitraum so lange nach hinten zu verlängern ist, bis ein Zeitraum erreicht wird, aus dem sich ein durchschnittlicher Arbeitsverdienst errechnen lässt. Anders als in der geschilderten Rs 10 ObS 76/16y 397 ist demnach aber in Etappen vorzugehen: Besteht der Beobachtungszeitraum nur aus unbeachtlichen Zeiten, so ist er um 13 Wochen bzw drei Kalendermonate nach hinten zu verlängern (zu „verschieben“, da zusätzlich die bisher vom Beobachtungszeitraum erfassten unbeachtlichen Zeiten – und damit der gesamte bisherige Beobachtungszeitraum – außer Betracht bleiben). Befinden sich in den neu erfassten 13 Wochen bzw drei Kalendermonaten wiederum nur unbeachtliche Zeiten, ist dieser Vorgang zu wiederholen. In ausdrücklicher Abweichung von der Rs 10 ObS 76/16y spricht der OGH gegenständlich aber aus, dass nicht weiter zu verlängern bzw zu verschieben ist, sobald im Beobachtungszeitraum zumindest auch beachtliche Zeiten liegen. Aus Letzteren ist das Wochengeld dann zu berechnen. Das Vorliegen von unbeachtlichen Zeiten iSd § 162 Abs 3 S 6 lit a-d ASVG im Beobachtungszeitraum schadet also nicht, solange auch beachtliche Zeiten vorhanden sind, aus denen sich das Wochengeld errechnen lässt.

Diese Rechtsprechungswende ist zu begrüßen. Nur die vom OGH nunmehr vorgenommene, etappenweise Verlängerung entspricht dem gesetzlich vorgesehenen, zweigliedrigen Mechanismus (§ 162 Abs 3 S 6 und 7 ASVG): Nach diesem ist jeweils ein fester Zeitraum heranzuziehen und das Wochengeld aus den in diesem liegenden, beachtlichen Zeiten zu berechnen – mögen diese auch nur einen geringen Teil desselben ausmachen. Eine Verlängerung des Zeitraums ist nur dann vorzunehmen, wenn der gesamte bisher erfasste Zeitraum aus unbeachtlichen Zeiten besteht. Dieser Mechanismus wird gegenständlich nun auch bei den allfällig vorzunehmenden weiteren Verlängerungen in die Vergangenheit angewendet. Es handelt sich sohin um eine rechtlich korrekte und schlüssige analoge Anwendung des § 162 Abs 3 S 7 ASVG, die Systematik und Zweck der Regelung Rechnung trägt.

Zudem hätte, wie Drs angemerkt hat, die nunmehr alte Festlegung des Beobachtungszeitraums aus der Rs 10 ObS 76/16y zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Besserstellung gegenüber jenen Frauen geführt, die unter die Grundregelung des § 162 Abs 3 S 6 ASVG fallen (Drs in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 162 ASVG Rz 69 [Stand 1.3.2020, rdb.at]). IZm unbeachtlichen Zeiten aufgrund entgangener Mehr- bzw Überstundenvergütungen (§ 162 Abs 3 S 6 lit b ASVG iVm § 8 MSchG) hätte sich solch eine uE auch daraus ergeben, dass der Beobachtungszeitraum großzügiger in die Vergangenheit verschoben worden wäre, wodurch eher auch solche Zeiten bei der Berechnung einbezogen worden wären, in denen die Versicherte dem Überstundenverbot nach § 8 MSchG noch nicht unterlag und sie folglich auch Überstunden in früherem Ausmaß bei entsprechender Entlohnung leisten durfte. Diese Entlohnung wäre somit auch eher in den Arbeitsverdienst zur Berechnung des Wochengeldes einbezogen worden, was im Ergebnis eine Besserstellung bewirkt hätte.

Zusammengefasst ist der Beobachtungszeitraum immer dann in die Vergangenheit zu verlängern, wenn er bisher nur unbeachtliche Zeiten iSd § 162 Abs 3 S 6 lit a-d ASVG enthält. Das kann auch mehrfach der Fall sein. Die Verlängerungen erfolgen jeweils um drei Kalendermonate bzw 13 Wochen. Sobald sich im Beobachtungszeitraum zumindest auch beachtliche Zeiten finden, ist nicht weiter zu verlängern, sondern das Wochengeld aus diesen zu berechnen.

4.
Überstundenverbot iSd § 8 MSchG und Beobachtungszeitraum

Die Kl argumentiert in der gegenständlichen Rs 10 ObS 91/24s, dass sie im von der Bekl ursprünglich angenommenen Beobachtungszeitraum aufgrund des Beschäftigungsverbots keine rechtskonforme Möglichkeit hatte, Überstundenentgelte zu erwirtschaften, in den letzten Jahren jedoch regelmäßig Überstunden geleistet habe. Dies sei bei der Wochengeldberechnung zu berücksichtigen.

Wie bereits erwähnt wurde, sind Überstundenentgelte und Überstundenpauschalen als Leistungen an die DN grundsätzlich Teil des Arbeitsverdiens tes iSd § 162 Abs 3 ASVG. Wie der OGH nun klargestellt hat, ist ausschlaggebend, dass etwaige Überstundenleistungen dem Beobachtungszeitraum zuordenbar sind, also innerhalb dieses Zeitraums tatsächlich erbracht wurden. Unerheblich ist daher der Auszahlungszeitpunkt (idS bereits ASG Wien 14.10.2015, 8 Cgs 79/15p; ASG Wien 13.11.2013, 24 Cgs 6/13t). Inwiefern außerhalb des Beobachtungszeitraums Überstunden geleistet wurden, ist daher ebenfalls irrelevant. Wenn die Kl argumentiert, dass sie üblicherweise außerhalb des Beobachtungszeitraums Überstundenentgelte auf Basis einer Gleitzeitvereinbarung erwirtschaftet, geht dies auf den ersten Blick ins Leere.

Zu beachten ist jedoch, dass der relevante Beobachtungszeitraum, wie soeben erläutert wurde, eventuell aufgrund des Überstundenverbots iSd § 8 MSchG verlängert werden muss. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die Kl tatsächlich aufgrund dieses Überstundenverbots keine Überstunden geleistet hat. Hat sie hingegen aus anderen Gründen als einem gesetzlichen Verbot keine Überstunden geleistet, käme es zu keiner Verlängerung des Beobachtungszeitraums. Festgestellt wurde vom Erstgericht nur, dass die Kl ab 14.9.2022, dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Schwangerschaft, keine Überstunden mehr verrichtet hat. Es hat hingegen keine Feststellungen getroffen, warum ab diesem Zeitpunkt keine Überstundenarbeit geleistet wurde. Der OGH verweist den Fall daher an das Erstgericht zurück (OGH 19.11.2024, 10 ObS 91/24s).

Um eine Verlängerung des Beobachtungszeitraums zu bewirken, was in weiterer Folge zur Berücksichtigung bestimmter Überstundenentgelte führen würde, muss die Kl also nachweisen, dass sie an jedem einzelnen Tag des Beobachtungszeitraums aufgrund des Überstundenverbots iSd § 8 MSchG keine Überstunden geleistet hat. Gelänge der Kl dieser Beweis, würde sich der Beobachtungszeitraum auf Juli bis Dezember 2022 verlängern, wobei Oktober bis Dezember 2022 außer Betracht blieben. Hat sie in diesem Zeitraum Überstunden geleistet und kann sie dies auch nachweisen, müssten diese dann auch bei der Berechnung des 398 Wochengeldanspruchs Berücksichtigung finden. Gelingt der Nachweis, dass die Überstunden aufgrund von § 8 MSchG nicht erbracht wurden, auch nur für einen einzigen Tag nicht, käme es auch zu keiner Verlängerung. Hierin liegt der entscheidende Punkt des gegenständlichen Falles. Fraglich ist, wie dieser Nachweis konkret erbracht werden kann. Ob es ausreicht darzulegen, dass außerhalb des Überstundenverbots iSd § 8 MSchG regelmäßig Überstunden geleistet wurde, bleibt abzuwarten. Falls nicht, wird ein solcher Beweis nicht nur im gegenständlichen Fall, sondern wohl regelmäßig nur schwer zu erbringen sein.

5.
Conclusio

In der Rs 10 ObS 91/24s weicht der OGH von seiner bisherigen Rsp zur Verlängerung des Beobachtungszeitraumes ab. Dies Rechtsprechungsänderung ist grundsätzlich zu begrüßen, weil der zweigliedrige Mechanismus nach § 162 Abs 3 S 6 und 7 ASVG korrekt auf weitere Verlängerungen in die Vergangenheit angewendet wird und dadurch Systematik und Zweck der Regelung Rechnung getragen wird.

Diese rechtlich richtige Vorgehensweise führt jedoch uU zu faktischen Beweisproblemen. Zu einer Verlängerung des Beobachtungszeitraums kommt es nur dann, wenn es der Versicherten gelingt nachzuweisen, dass sie an keinem einzigen Tag während des Beobachtungszeitraums und nur aufgrund des Überstundenverbots gem § 8 MSchG, nicht etwa aus anderen Gründen, keine Überstunden geleistet hat. Dieser Nachweis wird wohl regelmäßig schwer zu erbringen sein.