111Kinderbetreuungsgeld: Hauptwohnsitzmeldung ist auch im Fall eines fehlenden Identitätsnachweises bei einer anonymen Geburt innerhalb der dafür vorgesehenen Frist vorzunehmen
Kinderbetreuungsgeld: Hauptwohnsitzmeldung ist auch im Fall eines fehlenden Identitätsnachweises bei einer anonymen Geburt innerhalb der dafür vorgesehenen Frist vorzunehmen
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob die Kl ab 16.10.2023 oder erst ab 3.11.2023 Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens für ihr am 12.10.2023 im Rahmen einer anonymen Geburt geborenes Pflegekind hat.
Ab 14.10.2023 kümmerte sich die Kl zunächst im Krankenhaus um das Kind. Am 16.10.2023 meldete der Kinder- und Jugendhilfeträger das Kind beim Standesamt und stellte der Kl eine Pflegebestätigung aus. Am 3.11.2023 erhielt der Kinder- und Jugendhilfeträger die Geburtsurkunde, die er umgehend an die Kl übermittelte. Diese meldete ihr Pflegekind noch am selben Tag an ihrem Wohnsitz an.
Mit Bescheid wies die Bekl den Antrag der Kl für den Zeitraum von 16.10. bis 2.11.2023 mit der Begründung ab, dass durch die erst am 3.11.2023 erfolgte Hauptwohnsitzmeldung des Pflegekindes die Meldefrist überschritten wurde.
Mit der dagegen gerichteten Klage begehrte die Kl die Zuerkennung. Die Kl stand auf dem Standpunkt, die Wohnsitzmeldefrist könne im Fall einer anonymen Geburt erst mit Rechtskraft des Namensgebungsbescheids bzw dem Vorliegen der Geburtsurkunde beginnen. Das Erstgericht wies das Begehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Kl zurück.
Nach § 2 Abs 6 Satz 2 KBGG schadet eine höchstens bis zu zehn Tage verspätet erfolgte Hauptwohnsitzmeldung nicht. Im Zusammenhalt mit der in § 3 Abs 1 MeldeG normierten Frist von drei Tagen steht den Eltern ab dem der Unterkunftnahme folgenden Tag somit eine Frist von insgesamt 13 Tagen für die Anmeldung des Kindes am gemeinsamen Hauptwohnsitz zur Verfügung. Dass die Anspruchsvoraussetzung des § 2 Abs 1 Z 2 iVm Abs 6 iVm § 24 Abs 1 Z 1 KBGG nur dann erfüllt ist, wenn kumulativ zum gemeinsamen Haushalt eine hauptwohnsitzliche Meldung des Kindes am Ort des gemeinsamen Haushalts vorliegt und das Fehlen der gemeinsamen hauptwohnsitzlichen Meldung zum Anspruchsverlust für den betroffenen Zeitraum führt, war im Verfahren nicht strittig.
Der OGH führte aus, dass es zwar grundsätzlich zutrifft, dass für die Anmeldung bei der Meldebehörde neben einem vollständig ausgefüllten Meldezettel auch öffentliche Urkunden erforderlich sind, aus denen die Identitätsdaten des Unterkunftnehmers hervorgehen. Dennoch ist die Anmeldung erfolgt, sobald der Meldebehörde der entsprechend vollständig ausgefüllte Meldezettel vorliegt. Kann die Identität des Meldepflichtigen nicht festgestellt werden, ist die Meldebehörde ermächtigt, diesen Umstand im Melderegister zu verarbeiten. Der diesbezügliche Vermerk „Identität nicht gesichert festgestellt
“ ist dann zu löschen, wenn die Identität nachträglich festgestellt wurde. Daraus ist ersichtlich, dass die Anmeldung vom Meldepflichtigen auch im Fall eines fehlenden Identitätsnachweises durch öffentliche Urkunden innerhalb der dafür vorgesehenen Frist vorzunehmen ist, der Meldepflichtige also nicht etwa mit der Anmeldung zuzuwarten hat, bis ihm die entsprechenden Urkunden vorliegen.
In diesem Zusammenhang war auch zu beachten, dass ein neugeborenes Kind – auch im Fall einer anonymen Geburt – nach § 12 Abs 1 Satz 1 PStG 2013 anstelle einer Anmeldung gem § 3 Abs 1 MeldeG bereits anlässlich der Eintragung seiner Geburt im Wege der Personenstandsbehörde (und bereits vor Unterkunftnahme) angemeldet werden kann. Die Personenstandsbehörde hat in diesem Fall für die für den Wohnsitz zuständige Meldebehörde die Meldedaten dem Bundesminister für Inneres im Wege eines Änderungszugriffs auf das Zentrale Melderegister zu übermitteln. Da ua § 4a MeldeG sinngemäß gilt, ist die Anmeldung auch auf diesem Weg erfolgt, sobald der Personenstandsbehörde der vollständig ausgefüllte Meldezettel vorliegt, und zwar unabhängig von der erst später eintretenden Rechtskraft der Namensfestsetzung eines anonym geborenen Kindes.
Die erhobene außerordentliche Revision der Kl war somit nicht zulässig.261