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Betriebshilfe bzw Wochengeld dem Grunde nach auch für nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG („Opting in“) in der Krankenversicherung (Teil-)Pflichtversicherte

JULIA HÖLLWARTH (WIEN)
  1. Auch die nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG („Opting in“) nur in der KV (Teil-)Pflichtversicherten sind „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“ in der KV pflichtversichert und zählen daher zu den nach § 102 Abs 5 GSVG Anspruchsberechtigten.

  2. Nach dem Wortlaut des § 102 Abs 5 Satz 1 GSVG kommt es nur darauf an, ob die Pflichtversicherung (in der KV) Folge einer Erwerbstätigkeit (iSd GSVG) ist. Dass der Eintritt der Pflichtversicherung im Fall der Kl („Opting in“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG) zusätzlich noch eines ausdrücklichen Antrags bedurfte, ändert nichts daran, dass „Grund“ der Pflichtversicherung die Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 1 Z 4 GSVG war.

  3. Es bestehen weder Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber „bloß“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG Pflichtversicherte vom Anwendungsbereich des § 102 Abs 5 GSVG ausnehmen wollte, noch sprechen teleologische Erwägungen dafür.

[1] Gegenstand des Verfahrens ist der Anspruch der Kl auf Wochengeld gem § 102 Abs 5 GSVG für ihren am 1.1.2021 geborenen Sohn E* im Zeitraum 6.11.2020 bis 26.2.2021.

[2] Die Kl, die über keine Gewerbeberechtigung verfügt, nahm im Jahr 2020 Kontakt zu zwei Personen auf, damit diese ihr Personen vermitteln, bei denen sie gegen Entgelt Haare flechten bzw stylen könne. Über eine solche Vermittlung flocht bzw frisierte die Kl einigen Personen die Haare [...]. Bei wie vielen Personen, in welcher Regelmäßigkeit und in welchem zeitlichen Ausmaß die Kl diese Tätigkeit ausübte und welche Geldbeträge sie dafür erhielt, war nicht feststellbar. Die erhaltenen Beträge überstiegen jedenfalls nicht 220 € monatlich.

[3] Am 28.8.2020 erstattete die Kl eine Versicherungserklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG. Als Tätigkeit bzw Geschäftsmodell gab sie „Hairstyling“ an. Sie gab bekannt, dass sie die Versicherungsgrenze von 5.527,92 € im Jahr 2020 voraussichtlich nicht überschreiten werde und beantragte die GSVG KV („Opting in“).

[4] Am 13.1.2021 beantragte die Kl die Zuerkennung von Wochengeld für ihren Sohn. Die bekl Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen erließ innerhalb von drei Monaten (§ 67 Abs 1 Z 2 ASGG) keinen Bescheid.

[5] Am 9.3.2021 gab die Kl die endgültige Einstellung ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit per 1.3.2021 bekannt.

[6] Mit der am 5.10.2021 eingebrachten Säumnisklage begehrt die Kl die Zuerkennung von Wochengeld für E* im gesetzlichen Ausmaß. Sie sei auf Grund ihrer Tätigkeit als Stylistin im Rahmen des „Opting in“ seit August 2020 pflichtversichert.

[7] Die Bekl gestand die Säumnis zu, bestritt aber den geltend gemachten Anspruch. Die Kl sei zwar auf Grund ihrer Versicherungserklärung vom (richtig:) 28.8.2020 ab 31.8.2020 nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG iVm § 3 Abs 1 Z 2 GSVG in der KV nach dem GSVG pflichtversichert gewesen. Dem „Opting in“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG liege keine Erwerbstätigkeit in einem dem § 2 Abs 1 Z 4 GSVG unterliegenden Ausmaß zu Grunde. Die dadurch bewirkte Versicherung bestehe daher nicht (wie von § 102 Abs 5 GSVG gefordert) auf Grund einer Erwerbstätigkeit, sondern nur auf Grund ihres Antrags nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG.

[8] Die Vorinstanzen schlossen sich der Ansicht der Bekl an. Der Anspruch auf Betriebshilfe bzw Wochengeld stehe nur weiblichen Personen zu, die auf Grund einer Erwerbstätigkeit nach dem GSVG pflichtversichert seien. Diese Voraussetzung erfülle die Kl nicht, weil sie nicht auf Grund einer Erwerbstätigkeit, sondern (auch) auf Grund eines Antrags iSd § 3 Abs 1 Z 2 GSVG pflichtversichert sei.

[9] Die Revision ließ das Berufungsgericht nicht zu.

[10] Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Kl [...].

[...]

[12] Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig. Sie ist [...] auch berechtigt.

[13] 1. Die Bekl bestreitet das Vorliegen einer Erwerbstätigkeit der Kl unter der Versicherungsgrenze und das Bestehen der Pflichtversicherung in der KV nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG nicht. [...]

[14] 2. Nach § 102 Abs 5 Satz 1 GSVG gebührt Betriebshilfe bzw Wochengeld weiblichen Personen, die auf Grund einer Erwerbstätigkeit nach dem GSVG in der KV pflichtversichert sind.

[15] Wie schon die Vorinstanzen zu Recht ausgeführt haben, setzt der Anspruch der Kl auf Wochengeld daher zunächst (dh vor Prüfung der weiteren Voraussetzungen des § 102a Abs 2 und 3 GSVG) voraus, dass die (unstrittig) bestehende Pflichtversicherung im maßgeblichen Zeitraum „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“ bestand.

[16] 3. Pflichtversichert in der KV und in der PV nach dem GSVG sind gem § 2 Abs 1 Z 4 GSVG selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte iSd §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 EStG 1988 erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach dem GSVG oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist (Satz 1). Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nur dann festzustellen, wenn der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach dem 202 GSVG unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die Versicherungsgrenze übersteigen werden (Satz 2). In allen anderen Fällen ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheids oder eines sonstigen maßgeblichen Einkommensnachweises im Nachhinein festzustellen (Satz 3).

[17] Dem entsprechend normiert § 4 Abs 1 Z 5 GSVG, dass von der Pflichtversicherung in der KV und PV Personen hinsichtlich ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 1 Z 4 GSVG ausgenommen sind, deren Einkünfte (§ 25) aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr das Zwölffache des Betrags nach § 25 Abs 4 GSVG nicht übersteigen; dies gilt nicht für Personen, die eine Erklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 zweiter Satz GSVG abgegeben haben.

[18] 3.1. Das Gesetz eröffnet „neuen Selbständigen“ somit zwei Möglichkeiten (vgl ErläutRV zur 23. Novelle zum GSVG 1235 BlgNR 20. GP 19):

[19] Die erste besteht darin, die Erklärung abzugeben, dass die Summe der Einkünfte aus allen selbständigen Erwerbstätigkeiten im Kalenderjahr die in Betracht kommende Versicherungsgrenze übersteigen wird, womit die Pflichtversicherung begründet wird (§ 2 Abs 1 Z 4 Satz 2; § 4 Abs 1 Z 5 GSVG). Wird die Versicherungsgrenze tatsächlich unterschritten, wird dadurch weder die Pflichtversicherung rückwirkend beendet noch können bereits geleistete Beiträge rückerstattet werden (Brameshuber in Neumann, GSVG für Steuerberater3 § 2 Rz 203, 233 und 234). Die Erklärung hat insoweit daher die Rechtswirkung eines „Opting in“ (VwGH, Ra 2020/08/0082; Ra 2019/08/0143; Neumann in Mosler/Müller/Pfeil, SV-Komm § 2 GSVG Rz 63 ua).

[20] Die zweite Möglichkeit besteht darin, eine solche Erklärung (zunächst) nicht abzugeben und auf das Ergebnis des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheids zu warten. In diesem Fall ist gem § 2 Abs 1 Z 4 Satz 3 GSVG der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheids, aus dem die Versicherungsgrenzen übersteigende Einkünfte iSd § 2 Abs 1 Z 4 Satz 1 GSVG hervorgehen, im Nachhinein festzustellen (10 ObS 82/17g [ErwGr 4.3.] ua). Abgesehen davon, dass in diesem Fall ein Beitragszuschlag gem § 35 Abs 6 GSVG anfällt, besteht bis dahin kein Versicherungsschutz (10 ObS 109/04h). Der Betroffene hat jedoch die Möglichkeit, zumindest einen Krankenversicherungsschutz ex nunc durch eine Erklärung iSd § 3 Abs 1 Z 2 GSVG zu erlangen („Opting in“; VwGH, 2003/08/0126 ua). In diesem Fall gilt die Ausnahme von der Pflichtversicherung nach § 4 Abs 1 Z 5 letzter Halbsatz GSVG ausdrücklich (doch) nicht.

[21] 3.2. Im vorliegenden Fall war die Kl nach den getroffenen Feststellungen – wenn auch in zeitlich geringem Ausmaß – selbständig erwerbstätig und bezog – von der Bekl nicht bestritten – auf Grund ihrer Tätigkeit als „Stylistin“ auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb (iSd § 23 [Z 1] EStG [...]). Die Kl gestand in der Berufung auch zu, dass sich ihre Einkünfte unter der Versicherungsgrenze bewegten. Sie gab auch keine Erklärung iSd § 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG ab, sodass sie nach § 4 Abs 1 Z 5 GSVG an sich von der Pflichtversicherung in der KV und PV ausgenommen (gewesen) wäre. Auf Grund ihrer Erklärung nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG war sie allerdings in der KV (teil-)pflichtversichert.

[22] 3.3. Aus dem bisher Gesagten folgt, dass primäre Voraussetzung und auf Grund dieser Pflichtversicherung das Vorliegen einer Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 1 Z 4 Satz 1 GSVG war. Ob die von der Kl dabei erzielten Einkünfte (nach der dahingehenden Erklärung voraussichtlich) über der Versicherungsgrenze lagen oder nicht, hatte darauf keinen unmittelbaren Einfluss. Dieser Umstand war nur insofern relevant, als im Fall des Unterschreitens der Grenze die Pflichtversicherung in der KV nur über einen zusätzlichen Antrag nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG erreicht werden konnte.

[23] 4. Wenn die Bekl und ihr folgend die Vorinstanzen dennoch davon ausgehen, dass es sich bei dieser Pflichtversicherung nicht um eine solche „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“ handelt, weil sie erst durch den Antrag respektive das „Opting in“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG begründet wurde, ist ihnen nicht zu folgen.

[24] 4.1. Diese Ansicht ist mit dem Wortlaut des § 102 Abs 5 Satz 1 GSVG, nach dem es nur darauf ankommt, ob die Pflichtversicherung (in der KV) Folge einer Erwerbstätigkeit (iSd GSVG) ist, nicht vereinbar. Zwar ist richtig, dass der Eintritt dieser Pflichtversicherung im Fall der Kl zusätzlich noch eines ausdrücklichen Antrags bedurfte. Das ändert aber nichts daran, dass „auf Grund“ der Pflichtversicherung die Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 1 Z 4 GSVG war und nicht etwa die Eigenschaft als Angehöriger oder ein Pensionsbezug (vgl Schober in Sonntag, GSVG13 § 102a Rz 7). Eine Einschränkung des § 102 Abs 5 Satz 1 GSVG dahin, dass die Pflichtversicherung „nur“ oder „ausschließlich“ durch eine Erwerbstätigkeit begründet wird, lässt sich dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht entnehmen.

[25] 4.2. Der Bekl ist zwar zuzustimmen, dass die Bezeichnung dieser Form der Teilversicherung als „Pflichtversicherung“ in einem gewissen Widerspruch zum Umstand steht, dass ihr Eintritt nicht „verpflichtend“ ist bzw nicht ipso iure eintritt (vgl § 10 Abs 1 ASVG), sondern vom Willen des Betroffenen abhängt (vgl Brameshuber in Neumann, § 3 Rz 5; Risak, Das „Opting in“ in der Sozialversicherung, ecolex 1998, 336 [337]). Ob die Terminologie „glücklich“ gewählt ist oder dem ansonsten gängigen Begriffsverständnis entspricht, ändert aber nichts daran, dass das Gesetz die antragsabhängige Teilversicherung in der KV ausdrücklich der „Pflichtversicherung“ (und nicht der freiwilligen Versicherung etwa nach §§ 8 ff GSVG) zuordnet (§ 3 Abs 1 GSVG). Dieser systematischen Zuordnung entsprechend knüpfen daran auch die entsprechenden Folgen. Die KV infolge des „Opting in“ ist daher eine Pflichtversicherung mit allen beitrags- und leistungsrechtlichen Konsequenzen, auch wenn sie – wie eine freiwillige Versicherung – nur auf Antrag begründet wird und durch Erklärung beendet werden kann (Pacic, GSVG § 3 Anm 3a). 203

[26] 5. Die von den Vorinstanzen vorgenommene Einschränkung des Kreises der nach § 102 Abs 5 GSVG Anspruchsberechtigten auf „nur“ bzw „ausschließlich“ auf Grund einer Erwerbstätigkeit in der KV Pflichtversicherte ließe sich daher nur durch eine teleologische Reduktion erzielen. Eine solche setzt aber voraus, dass eine nach dem klaren Gesetzeszweck erforderliche Ausnahme fehlt (RS0008979; RS0106113 [insb T3] ua).

[27] Das ist hier nicht der Fall. Es bestehen weder Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber „bloß“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG Pflichtversicherte vom Anwendungsbereich des § 102 Abs 5 GSVG ausnehmen wollte, noch sprechen teleologische Erwägungen dafür.

[28] 5.1. Die Einbeziehung geringfügig Beschäftigter und der „neuen Selbständigen“ in die SV geht im Kern auf das ASRÄG 1997 (BGBl I 1997/139) und die weiterführenden Novellen zum ASVG (55. Novelle; BGBl I 1998/138 ) und GSVG (23. Novelle; BGBl I 1998/139 ) zurück. Deren erklärtes Ziel war es, alle Erwerbseinkommen bzw alle selbständig Erwerbstätigen in die SV einzubeziehen (ErläutRV zum ASRÄG 1997: 886 BlgNR 20. GP 74, insb 76, 82 und 108 ff), was im hier relevanten Bereich mit den durch die 23. GSVG-Novelle „verdeutlichten“ § 2 Abs 1 Z 4 und § 3 Abs 1 Z 2 GSVG erfolgte (vgl ErläutRV zur 23. GSVG-Novelle: 1235 BlgNR 20. GP 19). Gleichzeitig wurden mit dem ASRÄG 1997 die Regelungen des (vormaligen) Betriebshilfegesetzes in das GSVG übernommen und in § 102 Abs 5 GSVG die Anspruchsberechtigung für Betriebshilfe bzw Wochengeld in der noch heute geltenden Form gestaltet [...]. Die Materialien führen dazu aus, dass damit „im GSVG auch den ‚neuen Selbständigen‘ (§ 2 Abs 1 Z 4 GSVG idF des Entwurfs) die Inanspruchnahme der Betriebshilfeleistungen ermöglicht werden“ sollte (ErläutRV 886 BlgNR 20. GP 119). Betriebshilfe bzw Wochengeld sollte daher allen „neuen Selbständigen“ iSd § 2 Abs 1 Z 4 GSVG offenstehen. Hinweise darauf, dass dahin differenziert werden sollte, ob ihre Einkünfte die Versicherungsgrenze (voraussichtlich) übersteigen, ergeben sich daraus nicht. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass der Gesetzgeber [...] geringfügig beschäftigten DN, die von der Möglichkeit der Selbstversicherung nach § 19a ASVG Gebrauch gemacht haben, einen Anspruch auf Wochengeld einräumte (§ 19a Abs 6, § 162 Abs 3a ASVG in der damals geltenden Fassung), dafür, dass das auch für „neue Selbständige“ mit geringfügigen Einkünften gelten sollte. Dass sich das GSVG dabei einer anderen Systematik als das ASVG (das eine Selbstversicherung vorsieht) bedient [...], tut der grundsätzlichen Intention des Gesetzgebers, allen Sozialversicherten mit einem geringen Einkommen einen Anspruch auf Wochengeld einzuräumen, keinen Abbruch.

[29] 5.2. Dagegen lässt sich (aus teleologischer Sicht) auch nicht einwenden, dass das Wochengeld nach § 102a Abs 5 GSVG wesentlich höher ist als jenes nach § 162 Abs 3a ASVG.

[30] Abgesehen davon, dass nach dem dem Sozialversicherungsrecht prinzipiell innewohnenden Versicherungsprinzip den vom Sozialversicherungsträger zu erbringenden Leistungen nicht automatisch Beitragsleistungen in gleicher Höhe gegenüberstehen müssen (vgl jüngst VfGH G 197/2023 Rz 206; auch RS0116064), dient das Wochengeld im GSVG nicht dem Ersatz des beim Versicherten eingetretenen Ausfalls des Entgelts, sondern der Bezahlung einer die Versicherte entlastenden betriebsfremden Kraft (10 ObS 49/13y [ErwGr 5.1.]; 10 ObS 33/11t [ErwGr 4.]; Drs in SV-Komm § 162 ASVG Rz 83 ua). Eine Verknüpfung des Wochengeldes mit den zuvor erzielten Einkünften ist dieser Regelung somit fremd.

[31] Vor allem ist nicht zu erkennen, warum der Inhalt der Erklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen sollte, obwohl daran nach dem System des GSVG keine andere Beitragsleistung knüpft: Wird erklärt, (voraussichtlich) Einkünfte über der Versicherungsgrenze zu beziehen, richtet sich die Beitragshöhe nach der vorläufigen Beitragsgrundlage des § 25a Abs 1 Z 1 GSVG (vgl 10 ObS 135/21g Rz 14) und damit nach der Mindestbeitragsgrundlage des § 25 Abs 4 GSVG. Beiträge auf dieser Grundlage hat – zumindest zunächst (vgl § 27f GSVG) – auch die „bloß“ über Antrag nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG Pflichtversicherte zu leisten (Pflug in Sonntag, GSVG13 § 25 Rz 34). Stellt sich im ersten Fall nachträglich heraus, dass die Einkünfte die Versicherungsgrenze doch nicht überschritten haben, ändert sich dadurch am zuvor bestandenen Versicherungsschutz nichts (vgl oben 3.1. erste Variante). Bei völlig gleichen Einkünften und Versicherungsbeiträgen hätte die auf Grund der Erklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG Pflichtversicherte daher zumindest bis zum Vorliegen des (rechtskräftigen) Einkommensteuerbescheids Anspruch auf eine Leistung nach § 102 Abs 5 GSVG, die „bloß“ über Antrag nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG Versicherte dagegen nicht. Ein plausibler Grund für diese Verschiedenbehandlung ist weder ersichtlich noch zeigt die Bekl einen solchen auf. Dass auf Grund eines „Opting in“ Versicherungsschutz nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG begründet werden kann, liegt im Wesen der Regelung (vgl oben 3.1. erste Variante). Es besteht daher kein Anlass, das „Opting in“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG bloß deshalb anders zu behandeln, weil es nur einen Zweig der Pflichtversicherung betrifft.

[32] 5.3. Der von der Bekl erkannten Möglichkeit eines missbräuchlichen „Opting in“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG (vgl Kräftner in Brameshuber/Aubauer/Rosenmayer-Khoshideh, SVS-ON § 102a GSVG Rz 96 und 98) wirkt § 102a Abs 3 lit a GSVG entgegen.

[33] 6. Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob die Kl für die Ausübung ihrer Tätigkeit einer Gewerbeberechtigung bedurft hätte. [...]

[34] 7. Das Ergebnis dieser Überlegungen lässt sich daher wie folgt zusammenfassen:

[35] Auch die nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG nur Teilversicherten sind „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“ in der KV pflichtversichert und zählen daher zu den nach § 102 Abs 5 GSVG Anspruchsberechtigten.

[36] 8. Darauf aufbauend ist die Sache noch nicht entscheidungsreif, weil die Vorinstanzen auf Grund 204 ihrer vom OGH nicht geteilten Rechtsansicht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 102a Abs 2 und 3 GSVG nicht geprüft [...] haben. Dazu zählt auch die in der Revision aufgestellte Behauptung, auf die Voraussetzung des § 102a Abs 3 GSVG komme es nicht an, weil die Kl eine künstlerisch gestaltende Tätigkeit ausübe (Hair Design), die nicht von einer fremden Kraft ersetzt werden könne (§ 102a Abs 4 Z 2 GSVG). Der Prüfung dieser Behauptung steht das Neuerungsverbot nicht entgegen (vgl RS0042014; RS0042458).

[37] Der Revision ist daher Folge zu geben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung [...] und neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

[...]

ANMERKUNG
1.
Einleitung und Sachverhalt

Im gegenständlichen Fall hatte sich der OGH erstmals mit der Frage zu befassen, ob eine nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG („Opting in“) in der KV (teil-)pflichtversicherte Person „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“ in der KV pflichtversichert und somit grundsätzlich vom Anspruch auf Betriebshilfe bzw Wochengeld nach § 102 Abs 5 Satz 1 GSVG erfasst ist.

Dem Sachverhalt zufolge flocht bzw frisierte die Kl im Jahr 2020 einigen Personen die Haare; die dafür erhaltenen Beträge überstiegen € 220,– pro Monat nicht. Sie verfügte über keine Gewerbeberechtigung. Im August 2020 erstattete die Kl eine Versicherungserklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG und gab als Tätigkeit bzw Geschäftsmodell „Hairstyling“ an. Sie gab bekannt, dass sie die Versicherungsgrenze von € 5.527,92 im Jahr 2020 voraussichtlich nicht überschreiten werde und beantragte die GSVG-KV („Opting in“). Im Jänner 2021 beantragte die Kl Wochengeld für ihren am 1.1.2021 geborenen Sohn. Im März gab sie die endgültige Einstellung ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit per 1.3.2021 bekannt. Die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) als Bekl sowie die Vorinstanzen verneinten den geltend gemachten Wochengeldanspruch. Der OGH folgte dieser Rechtsansicht nicht und kam in der ausführlich begründeten E zu dem Ergebnis, dass auch die antragsabhängige Teilversicherung in der KV nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG („Opting in“) eine Pflichtversicherung „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“ ist; eine Einschränkung des Kreises der nach § 102 Abs 5 GSVG Anspruchsberechtigten sei nicht geboten.

2.
Pflichtversicherung in der KV „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“

Gem § 102 Abs 5 Satz 1 GSVG gebührt Betriebshilfe bzw Wochengeld nach § 102a GSVG weiblichen Personen, die auf Grund einer Erwerbstätigkeit nach dem GSVG in der KV pflichtversichert sind.

Der Anspruch auf Betriebshilfe bzw Wochengeld leitet sich somit aus der Erwerbstätigkeit ab, die wiederum die Pflichtversicherung im GSVG begründet. Mitversicherte Ehegattinnen/Lebensgefährtinnen und Familienversicherte haben daher keinen Anspruch (Mäder in Neumann [Hrsg], GSVG für Steuerberater3 [2023] § 102 GSVG Rz 10; vgl auch Neumann, Die Mutterschaftsleistungen für Unternehmerinnen, ZAS 2012/13, 61 [62]).

Kernfrage im gegenständlichen Fall war somit, ob es sich beim „Opting in“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG um eine Pflichtversicherung „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“ handelt (siehe Rz 15). Dazu legt der OGH eingangs die für die Neuen Selbständigen maßgeblichen Sozialversicherungsbestimmungen dar (Rz 16 ff). In der KV (und der PV) nach dem GSVG pflichtversichert sind nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte iSd § 22 Z 1 bis 3 und 5 und/oder § 23 EStG 1988 erzielen und die Versicherungsgrenze des § 4 Abs 1 Z 5 GSVG (Zwölffache der Mindestbeitragsgrundlage nach § 25 Abs 4 GSVG, € 5.527,92 im Jahr 2020) überschreiten. Nach § 4 Abs 1 Z 5 GSVG sind Personen, deren Einkünfte aus sämtlichen, dem GSVG unterliegenden Tätigkeiten diese Versicherungsgrenze im Kalenderjahr nicht übersteigen, hinsichtlich ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 1 Z 4 GSVG von der Pflichtversicherung in der KV (und der PV) ausgenommen. Beginn der Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG ist grundsätzlich der Tag der Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit (vgl § 6 Abs 4 Z 1 GSVG). Da zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob die Versicherungsgrenze im Kalenderjahr überschritten wird, kann die Pflichtversicherung grundsätzlich erst im Nachhinein festgestellt werden, wenn nach dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid Einkünfte über der Versicherungsgrenze vorliegen (Schnittler/Höfle in Brameshuber/Aubauer/Rosenmayr-Khoshideh [Hrsg], SVS-ON [2024] § 2 GSVG Rz 101 mwN). Bis dahin besteht kein Versicherungsschutz (Rz 20 mit Verweis auf OGH 9.11.2004, 10 ObS 109/04h). Damit der Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit und der Beginn der Pflichtversicherung zusammenfallen, kann die (potentiell) Pflichtversicherte ex ante eine Erklärung abgeben, dass ihre Einkünfte aus sämtlichen, der GSVG-Pflichtversicherung unterliegenden Tätigkeiten im Kalenderjahr die Versicherungsgrenze überschreiten werden (§ 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG, sogenannte Versicherungserklärung; siehe bspw Schnittler/Höfle in Brameshuber/Aubauer/Rosenmayr-Khoshideh [Hrsg], SVS-ON § 2 GSVG Rz 103 f). Die in § 4 Abs 1 Z 5 GSVG vorgesehene Ausnahme von der Pflichtversicherung gilt nach dessen letztem Halbsatz ausdrücklich nicht für Personen, die eine solche Erklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG abgegeben haben (siehe dazu im Urteil auch Rz 20 letzter Satz, der wohl vermutlich an das Ende der Rz 19 gehört hätte).

Solange ein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid (oder ein sonstiger maßgeblicher Einkommensnachweis) nicht vorliegt, ist die Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG nur 205 dann festzustellen, wenn die Versicherte erklärt, dass ihre Einkünfte im Kalenderjahr die Versicherungsgrenze übersteigen werden (Versicherungserklärung iSd § 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG). „In allen anderen Fällen“ ist der Eintritt der Pflichtversicherung erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheids festzustellen (§ 2 Abs 1 Z 4 Satz 3 GSVG). Gibt die (potentiell) Versicherte somit keine Versicherungserklärung iSd § 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG ab (oder wird – wie im vorliegenden Fall – eine Versicherungserklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 GSVG abgegeben, in der erklärt wird, die Versicherungsgrenze voraussichtlich nicht zu überschreiten), ist der Eintritt der Pflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Z 4 Satz 3 GSVG erst nach Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheids festzustellen. In diesen Fällen besteht jedoch die Möglichkeit, Krankenversicherungsschutz nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG zu erlangen (vgl ErläutRV 1235 BlgNR 20. GP 19, auf die der OGH in Rz 18 ff verweist). § 3 Abs 1 Z 2 GSVG zufolge können Neue Selbständige iSd § 2 Abs 1 Z 4 Satz 3 GSVG, deren Einkünfte die Versicherungsgrenze nach § 4 Abs 1 Z 5 GSVG nicht übersteigen (oder bei denen noch nicht feststeht, ob die Versicherungsgrenze überschritten wird), auf Antrag eine Pflichtversicherung in der KV begründen („Opting in“; siehe bspw Rosenmayr-Khoshideh in Sonntag [Hrsg], GSVG/SVSG13 [2024] § 3 GSVG Rz 3 mwN). In der Literatur wird die Bezeichnung dieser KV-Teilversicherung als „Pflichtversicherung“ kritisiert, weil sie nicht ex lege eintritt, sondern beantragt werden muss (und somit vom Willen des Betroffenen abhängt; vgl Risak, Das „Opting In“ in der Sozialversicherung, ecolex 1998, 336 [337]; siehe auch Brameshuber in Neumann [Hrsg], GSVG für Steuerberater3 § 3 GSVG Rz 5). Dies hat auch die Bekl vorgebracht (vgl Rz 25). Nach dem System des GSVG wird die antragsabhängige Teilversicherung in der KV jedoch ausdrücklich der Pflichtversicherung (§§ 2 bis 7 GSVG) und nicht der freiwilligen Versicherung in der KV (§§ 8 bis 11a GSVG) zugeordnet (siehe Rz 25). Die KV infolge des „Opting in“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG ist daher eine Pflichtversicherung mit allen leistungs- und beitragsrechtlichen Konsequenzen, auch wenn sie (wie eine freiwillige Versicherung) nur auf Antrag begründet wird (so bereits Pacic, GSVG [2021] § 3 GSVG Anm 3a mit Hinweis auf die Praxis des Versicherungsträgers, auf den der OGH in Rz 25 verweist).

Nach den getroffenen Feststellungen war die Kl als „Stylistin“ selbständig erwerbstätig und bezog Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd § 23 Z 1 EStG, die unter der Versicherungsgrenze lagen. Sie hatte keine Versicherungserklärung iSd § 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG abgegeben, war jedoch auf Grund ihrer Erklärung nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG („Opting in“) in der KV nach dem GSVG (teil-)pflichtversichert (Rz 21). Primäre Voraussetzung und auf Grund dieser Pflichtversicherung sei, so der OGH, das Vorliegen einer Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 1 Z 4 Satz 1 GSVG gewesen. Ob die Einkünfte der Kl (voraussichtlich) über der Versicherungsgrenze lagen oder nicht, sei nur insofern relevant gewesen, als die KV-Pflichtversicherung bei Unterschreiten der Versicherungsgrenze nur über einen zusätzlichen Antrag nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG erreicht werden konnte (Rz 22). Nach dem Wortlaut des § 102 Abs 5 Satz 1 GSVG komme es nur darauf an, ob die Pflichtversicherung Folge einer Erwerbstätigkeit iSd GSVG ist. Dass der Eintritt der Pflichtversicherung im Falle der Kl zusätzlich eines ausdrücklichen Antrags bedurfte, ändere nicht, dass „auf Grund“ der Pflichtversicherung die Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs 1 Z 4 GSVG war (und nicht etwa eine Angehörigeneigenschaft; siehe Rz 24). Der OGH unterscheidet somit überzeugend zwischen dem „Grund“, auf dem die Versicherung basiert, und dem Eintrittsmechanismus (Pflichtversicherung ex lege vs „Opting in“ mittels Antrags).

3.
Keine teleologische Reduktion von § 102 Abs 5 GSVG

Nach der Ansicht der Vorinstanzen sei die Kl nicht auf Grund einer Erwerbstätigkeit, sondern (auch) auf Grund eines Antrags iSd § 3 Abs 1 Z 2 GSVG in der KV pflichtversichert gewesen; sie erfülle damit nicht die in § 102 Abs 5 Satz 1 GSVG für einen Anspruch auf Betriebshilfe bzw Wochengeld vorgesehene Voraussetzung der Pflichtversicherung „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“ (siehe Rz 8). Diese von den Vorinstanzen vorgenommene Einschränkung der nach § 102 Abs 5 GSVG Anspruchsberechtigten auf Personen, die „nur“ bzw „ausschließlich“ auf Grund einer Erwerbstätigkeit in der KV pflichtversichert sind, ließe sich laut OGH nur durch eine teleologische Reduktion erzielen (Rz 26). Es bestünden aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber „bloß“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG („Opting in“) in der KV Pflichtversicherte vom Anwendungsbereich des § 102 Abs 5 GSVG ausnehmen wollte (ausführlich dazu Rz 27 f).

Nach Ansicht des OGH lasse sich aus teleologischer Sicht auch nicht einwenden, dass das Wochengeld nach § 102a Abs 5 GSVG wesentlich höher sei als jenes für selbstversicherte geringfügig Beschäftigte nach § 162 Abs 3a ASVG aF (vgl Rz 29; seit BGBl I 2024/64 nunmehr § 162 Abs 3b ASVG). Dazu verweist der OGH in Rz 30 einerseits auf das Versicherungsprinzip, nach dem die Beitragsleistungen und die Versicherungsleistungen nicht äquivalent sein müssen (zuletzt etwa VfGH 4.12.2023, G 197/2023 ua Rz 206 mwN) und andererseits auf die unterschiedlichen Zwecke des Wochengeldes: Während das Wochengeld nach § 162 ASVG dem Einkommensersatz dient, hat das Wochengeld nach § 102a GSVG den Zweck, eine die Versicherte entlastende, betriebsfremde Arbeitskraft zu bezahlen (statt vieler Drs in Mosler/Müller/Pfeil [Hrsg], Der SV-Komm § 162 ASVG Rz 2 und Rz 83 mwN [Stand 1.3.2020, rdb.at], auf die auch der OGH in Rz 30 verweist). Angesichts der mit dem BGBl I 2013/86 geschaffenen Möglichkeit, die selbständige Tätigkeit während des Wochengeldbezugs ruhend zu melden oder zu unterbrechen (§ 102 Abs 5 Satz 2 GSVG), scheint denkbar, dass das GSVG-Wochengeld zumindest in diesem Fall eine gewisse Einkommensersatzfunktion erfüllt (vgl Kräftner in Brameshuber/Aubauer/Rosenmayr-Khoshideh [Hrsg], SVS-ON § 102b 206 GSVG Rz 6). Der ständige Einsatz einer Hilfe zur Entlastung der Wöchnerin ist bei Ruhendmeldung oder Unterbrechung der selbständigen Tätigkeit ausdrücklich keine Voraussetzung für den Wochengeldbezug (§ 102a Abs 4 Z 3 GSVG). Anders als im ASVG, das für selbstversicherte geringfügig Beschäftigte (abweichend von der allgemeinen Bemessungsregelung nach § 162 Abs 3 ASVG) ein tägliches Wochengeld iHv € 11,87 (Wert 2025) vorsieht, gilt nach § 102a Abs 5 GSVG für alle Anspruchsberechtigten ein einheitliches tägliches Wochengeld iHv € 70,28 (Wert 2025). Dazu zählen nach Ansicht des OGH in der gegenständlichen E dem Grunde nach auch Neue Selbständige mit Einkünften unter der Versicherungsgrenze, die nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG in die KV optiert sind. Im Ergebnis ist dem OGH mit der Schlussfolgerung, dass der GSVG-Wochengeldregelung eine Verknüpfung mit den zuvor erzielten Einkünften fremd sei (Rz 30), zumindest hinsichtlich der Bemessung des Wochengeldes zuzustimmen.

Laut OGH sei zudem nicht erkennbar, warum die Abgabe einer Versicherungserklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG eine andere Behandlung rechtfertigen solle als das „Opting in“ nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG, obwohl keine andere Beitragsleistung daran anknüpfe. Bei gleichen Einkünften und Versicherungsbeiträgen hätte die auf Grund einer Versicherungserklärung nach § 2 Abs 1 Z 4 Satz 2 GSVG Pflichtversicherte (zumindest bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Einkommensteuerbescheids) Anspruch auf Betriebshilfe bzw Wochengeld nach § 102 Abs 5 GSVG, die „bloß“ über Antrag nach § 3 Abs 1 Z 2 GSVG in der KV (Teil-) Pflichtversicherte jedoch nicht. Dafür sei kein plausibler Grund ersichtlich (ausführlich dazu Rz 31).

4.
Zusammenfassung und Ausblick

Zusammengefasst kommt der OGH zu dem Ergebnis, dass auch Neue Selbständige, die gem § 3 Abs 1 Z 2 GSVG (iVm § 2 Abs 1 Z 4 Satz 3 GSVG) in die KV optiert haben, „auf Grund einer Erwerbstätigkeit“ in der KV pflichtversichert sind und daher grundsätzlich zum Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 102 Abs 5 GSVG gehören (Rz 35). Wenn auch dieses Ergebnis (bspw angesichts der Höhe des pauschalen Wochengeldtagsatzes) aus Sicht des Versicherungsträgers möglicherweise unbefriedigend erscheinen mag, obläge eine Änderung der derzeitigen Wochengeldregelung dem Gesetzgeber (de lege ferenda Vorschläge finden sich bspw bei Kräftner in Brameshuber/Aubauer/Rosenmayr-Khoshideh [Hrsg], SVS-ON § 102a GSVG Rz 86 ff).

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass das tatsächliche Bestehen eines Anspruchs auf Betriebshilfe bzw Wochengeld vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen (§ 102a Abs 2 und 3 GSVG) abhängig ist. Für Neue Selbständige, die nur in geringem Ausmaß selbständig erwerbstätig sind, könnte insb § 102a Abs 3 GSVG relevant sein. Nach § 102a Abs 3 GSVG besteht ein Wochengeld anspruch nur, solange während des Anspruchszeitraums ständig eine Hilfe zur Entlastung der Wöchnerin eingesetzt wird; dabei gilt eine Tätigkeit als ständig, die an mindestens vier Tagen oder im Ausmaß von 20 Stunden in einer Woche verrichtet wird. Diese Regelung wirke laut OGH auch der von der Bekl erkannten Möglichkeit eines missbräuchlichen „Opting in“ entgegen (Rz 32; zu einem möglichen „missbräuchlichen“ „Opting in“ siehe Kräftner in Brameshuber/Aubauer/Rosenmayr-Khoshideh [Hrsg], SVS-ON § 102a GSVG Rz 96 ff auf die auch der OGH verweist). In bestimmten Fällen entfällt die in § 102a Abs 3 GSVG geregelte Voraussetzung des ständigen Einsatzes einer Hilfskraft zur Entlastung der Wöchnerin. Dies ist nach § 102a Abs 4 GSVG unter anderem dann der Fall, wenn der Einsatz einer Hilfe wegen der Art der der Wöchnerin zustehenden Berechtigung zur Ausübung der die Pflichtversicherung begründenden selbständigen Erwerbstätigkeit nicht zulässig ist (Z 2) oder die Wöchnerin auf Grund des Ruhens oder der Unterbrechung ihrer selbständigen Tätigkeit nach § 4 Abs 1 Z 1 oder 10 von der Pflichtversicherung ausgenommen ist (Z 3). Bei Ruhendmeldung oder Unterbrechung der selbständigen Tätigkeit ist als Voraussetzung für den Anspruch auf Wochengeld bzw Betriebshilfe hingegen vorgesehen, dass die Wöchnerin vor dem Ende der Pflichtversicherung mindestens sechs Monate auf Grund einer selbständigen Erwerbstätigkeit in der KV nach dem GSVG pflichtversichert war (§ 102 Abs 5 Satz 2 GSVG).

Da die Vorinstanzen die Voraussetzungen des § 102a Abs 2 und 3 GSVG auf Grund der abweichenden Rechtsansicht nicht geprüft hatten, verwies der OGH die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

In der Revision wurde im Hinblick auf § 102a Abs 4 Z 2 GSVG behauptet, dass die Kl eine künstlerisch gestaltende Tätigkeit (Hairdesign) ausübe, die nicht von einer fremden Kraft ersetzt werden könne (siehe Rz 36). Mit der in § 102a Abs 4 Z 2 GSVG vorgesehenen Ausnahme vom ständigen Einsatz einer Hilfskraft sollen gewerbe- bzw berufsrechtliche Bestimmungen berücksichtigt werden, die eine persönliche Ausübung der Tätigkeit erfordern und den Einsatz einer Hilfskraft nicht erlauben (vgl Kräftner in Brameshuber/Aubauer/Rosenmayr-Khoshideh [Hrsg], SVS-ON § 102a GSVG Rz 71; vgl ErläutRV 465 BlgNR 16. GP 5). Es wird folglich das Erstgericht zu klären haben, inwiefern die künstlerisch gestaltende Tätigkeit der Kl als Hairdesignerin gewerbe- bzw berufsrechtlichen Bestimmungen unterliegt. Der Prüfung dieser Behauptung stehe das Neuerungsverbot nicht entgegen (Rz 36).

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