113Gänzliche Nachsicht vom Verlust der Notstandshilfe bei Aufnahme einer Beschäftigung sieben Wochen nach erstinstanzlichem Ausspruch des Anspruchsverlusts
Gänzliche Nachsicht vom Verlust der Notstandshilfe bei Aufnahme einer Beschäftigung sieben Wochen nach erstinstanzlichem Ausspruch des Anspruchsverlusts
Der Beschwerdeführer war zuletzt von 1.2.2017 bis 5.7.2020 vollversicherungspflichtig beschäftigt und bezog seit 6.7.2020 Leistungen aus der AlV. Seit 1.2.2021 bezog er Notstandshilfe. Der Beschwerdeführer war – bis zur verletzungsbedingten Auflösung seines Vertrags im Februar 2023 – in der Saison 2022/2023 als Profifußballer in Rumänien beschäftigt. Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat ihm am 3.5.2023 über das eAMS-Konto ein Stellenangebot als zusätzlicher Bademeister übermittelt. Der DG meldete am 22.5.2023 dem AMS, dass er vom Beschwerdeführe keine Bewerbung erhalten hat. Der Beschwerdeführer wurde niederschriftlich zum Nichtzustandekommen der Beschäftigung einvernommen und gab an, dass er nur schlecht schwimmen könne und über keinen Helfer- und Rettungsschein verfüge. Er traue sich daher die Aufgabe nicht zu und es würde ihn mental belasten, im Ernstfall letztendlich nicht wie gefordert helfen zu können. Mit Bescheid vom 31.5.2023 stellte das AMS fest, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 23.5. bis 3.7.2023 den Anspruch auf Notstandshilfe verloren habe. Das AMS begründete die Entscheidung damit, dass die vom AMS zugewiesene und zumutbare Beschäftigung ab 23.5.2023 als Badeaufseher durch das Verschulden des Beschwerdeführers nicht zustande kam und keine Nachsichtsgründe vorlagen.
In der dagegen eingebrachten Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, dass er Vater von zwei Kindern sei und seit seinem 16. Lebensjahr arbeite und im Moment auf das AMS-Geld angewiesen sei. Er sei Profifußballspieler und im laufenden Kontakt mit Vereinen und habe dies auch mit seiner AMS-Betreuerin besprochen. Er habe in seiner Jugend einen Badeunfall erlebt und sei seitdem deutlich eingeschränkt; er könne weder im Meer noch in einem See schwimmen und schwimme nur dort, wo er stehen könne. Seine früheren Panikattacken haben sich gelegt; diese könnten aber unter Stress wieder ausgelöst werden. Er sei daher nicht geeignet, einen so verantwortungsvollen Beruf wie den des Bademeisters anzunehmen. Weiters stehe er am Beginn von Vorstellungsgesprächen mit diversen Fußballvereinen; dies sei sein Beruf, den er noch mindestens sieben Jahre ausüben könne/möchte.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.8.2023 wurde die Beschwerde abgewiesen und begründend ausgeführt, dass die zugewiesene Beschäftigung trotz der weniger guten Schwimmkenntnisse des Beschwerdeführers zumutbar sei. Er habe sich nicht beworben und dadurch das Zustandekommen einer zumutbaren Beschäftigung vereitelt. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Beschwerde an das BVwG.
Das BVwG gab der Beschwerde statt und behob die Beschwerdevorentscheidung in Gewährung der Nachsicht vom Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe für den Zeitraum 23.5. bis 3.7.2023 gem § 10 Abs 3 AlVG ersatzlos. Das BVwG begründete die Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer am 21.8.2023 eine – bis dato aufrechte – eigeninitiativ erlangte vollversicherte Beschäftigung als Profifußballer aufgenommen hat. Auch wenn die Aufnahme der Beschäftigung nicht innerhalb der Bezugssperre erfolgt sei, so habe der Beschwerdeführer doch ernsthafte und konsequent weiterverfolgte Bemühungen glaubhaft gemacht, seine Arbeitslosigkeit zu beenden, welche schließlich zu der Anstellung führten. Dass die Aufnahme der Beschäftigung erst sieben Wochen nach dem Ende des erstinstanzlich ausgesprochenen (sechswöchigen) Anspruchsverlusts erfolgt ist, hindere nicht die Wertung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers – auch unter Bedachtnahme auf die Eigeninitiative bei seinen Bemühungen, die Arbeitslosigkeit zu beenden sowie die Besonderheiten seines erlernten Berufes – als berücksichtigungswürdig iSd § 10 Abs 3 AlVG. Auch der Umstand, dass die Handlungen zur Erlangung der nunmehr andauernden Beschäftigung erst nach der achtwöchigen Frist ab Beginn der Sperre erfolgt sein mögen, führe zu keinem anderen Ergebnis; zumal die endgültige Entscheidung über die Nachsicht dem BVwG obliegt und der Beschwerdeführer – wie ausgeführt – Aktivitäten setzte, die letztlich zu einer bis heute andauernden vollversicherungspflichtigen Beschäftigung führten.
Aus den genannten Gründen war laut BVwG daher gem § 10 Abs 3 AlVG zur Gänze Nachsicht vom Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld vom 23.5. bis 3.7.2023 zu erteilen.
Trotz der positiven Entscheidung für den Beschwerdeführer ist hier zu kritisieren, dass die Zumutbarkeit der Beschäftigung in Hinblick auf die Schwimmkenntnisse, die ein Bademeister vorweisen sollte, nicht thematisiert worden ist. 252