Was sind nachhaltige Arbeitsbedingungen? – Der Versuch einer Antwort aus rechtswissenschaftlicher Sicht

ELIASFELTEN (SALZBURG)
„Nachhaltigkeit“ ist der zentrale Begriff, wenn es um die Antwort auf die Frage geht, wie unser Planet vor den negativen Folgen des Klimawandels bewahrt werden kann. Zumeist wird er im Zusammenhang mit ökologischen Themenstellungen verwendet. Allerdings ist zunehmend auch von „sozialer Nachhaltigkeit“ oder gar von „nachhaltigen Arbeitsbedingungen“ die Rede. Das gilt weniger für die nationale, sondern vor allem für die europäische und internationale Ebene. Was damit gemeint ist, lässt sich allerdings nicht leicht greifen. Der vorliegende Beitrag will daher der Frage nachgehen, was „nachhaltige Arbeitsbedingungen“ sind und ob sich diese in der geltenden Rechtsordnung identifizieren lassen.
  1. Einleitung

  2. Der Konnex zwischen Nachhaltigkeit und Arbeit

  3. Zum Begriff der „sozialen Nachhaltigkeit“

  4. Elemente „sozialer Nachhaltigkeit“ im Recht der Europäischen Union

    1. Die Säule sozialer Rechte

    2. Beispiele für nachhaltige Arbeitsbedingungen im Sekundärrecht der EU

  5. Fazit

1.
Einleitung

Im Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen, kurz: Pariser Klimaschutzabkommen, das als Kernziel eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C des vorindustriellen Niveaus formuliert,* findet sich sehr prominent der Satz, dass „nachhaltige Lebensweisen und nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Klimaänderung spielen“.* Auch auf Europäischer Ebene hat die Europäische Kommission mit ihrem „Green Deal“ skizziert, auf welche Weise sie die klima- und umweltbedingten Herausforderungen bewältigen will. Bis zum Jahr 2050 sollen keinerlei Netto-Treibhausgasemissionen mehr in der EU freigesetzt und das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt werden. Mit dem Green Deal soll die EU zu einer „fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft“ werden. Letztlich geht es der Europäischen Kommission um die Idee, „die Wirtschaft und Gesellschaft umzugestalten, um sie auf einen nachhaltigeren Weg zu bringen“.*

Sowohl aus dem Pariser Klimaschutzabkommen als auch aus dem Green Deal ergibt sich klar, dass ökologische Nachhaltigkeit nur dann realisierbar ist, wenn man an den ökonomischen Stellschrauben dreht. Denn die Klimaerwärmung ist zu einem großen Teil auf unser derzeit bestehendes Wirtschaftssystem und den Umgang der Wirtschaft mit den bestehenden Ressourcen zurückzuführen; daran gibt es keinen – zumindest wissenschaftlichen – Zweifel mehr. Der Begriff der „Nachhaltigkeit“, wie er von der UN und der Europäischen Kommission verwendet wird, setzt also vor allem an der Ressourcennutzung an und bezieht sich damit auf das Begriffsverständnis, das ihm seit dem sogenannten „Brundtland“ Report* entgegengebracht wird.

Unter dem Mandat der UNO hatte die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung bereits im Jahr 1987 Überlegungen angestellt, wie die Weltgesellschaft umweltbedingten Herausforderungen begegnen kann. Der Schlüssel wurde in einer sogenannten „nachhaltigen Entwicklung“ – oder Englisch „sustainable development“ – der Welt bzw Menschheit gesehen, die darin besteht, den Bedürfnissen der derzeitigen Generation zu entsprechen, ohne die Fähigkeit zukünftiger Genera- 84 tionen, ihre Bedürfnisse sicherstellen zu können, zu gefährden.* Vor diesem Hintergrund erklärt sich nun, weshalb im Green Deal von „Ressourceneffizienz“ und von der Abkopplung des Wirtschaftswachstums von der „Ressourcennutzung“ die Rede ist, wenn es darum geht, die EU auf einen „nachhaltigeren Weg“ zu bringen. Auch die künftigen Generationen sollen noch über ausreichende Ressourcen zum Wirtschaften verfügen. Das ist letztlich auch der Grund, weshalb die Republik Österreich zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens derzeit stark auf den Ausbau erneuerbarer Energie fokussiert ist und den Einsatz fossiler Energieträger möglichst zurückdrängen will.* Auf diese Weise werden nicht nur Treibhausgase eingespart bzw reduziert, sondern die Grundlagen für eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung iSd Nachhaltigkeitsdefinition des Brundtland Reports gelegt.

Man kann diesen bedürfnisorientierten und ressourcenbezogenen Ansatz des Brundtland Reports gutheißen oder kritisieren,* unstrittig erscheint jedoch, dass er einer inneren, nachvollziehbaren Logik folgt, soweit von ökologischer oder ökonomischer Nachhaltigkeit die Rede ist. Die Nachhaltigkeitsdebatte bzw -bestrebungen beschränken sich jedoch keineswegs bloß auf diese beiden Aspekte. Zunehmend ist auch von sozialer Nachhaltigkeit (Englisch „social sustainability“)* und nachhaltiger Arbeit („sustainable work“)* als zentrale Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung („sustainable development“) die Rede. Das gilt jedenfalls für die internationale und europäische Ebene. In Österreich wird darüber zugegebenermaßen kaum debattiert. Die sozialpolitische Nachhaltigkeitsdiskussion beschränkt sich hierzulande auf das Pensionsrecht.* Das mag auch daran liegen, dass hier die Brundtland-Formel als Nachhaltigkeitsindikator funktioniert. Wenn man hingegen nach der „Nachhaltigkeit“ von Arbeitsbedingungen fragt, erschließt sich nicht ohne weiteres, was konkret damit gemeint sein soll. Die Brundtland- Definition, die auf die Generationengerechtigkeit abstellt, erweist sich in diesem Zusammenhang als wenig praktikable Formel.* Weniger Probleme bereitet es noch, unter dem Begriff der „nachhaltigen Arbeit“ alle jene Maßnahmen zu verorten, die darauf abzielen, Arbeitsbedingungen ressourcenschonend und klimaneutral zu gestalten. So verstanden könnten bspw Dienstreiseregelungen, welche die Inanspruchnahme klimafreundlicher Verkehrsmittel, wie der Bahn, gegenüber klimaschädlichen, wie dem Flugzeug, begünstigen, als „nachhaltig“ bezeichnet werden. Aus demselben Grund wird zum Teil das Arbeiten im Homeoffice mit dem Attribut „nachhaltig“ versehen,* weil es dazu führt, dass AN nicht mehr oder nur noch in reduziertem Ausmaß zum Dienstort pendeln müssen. Das alles mag zwar auch „nachhaltiges“ Arbeiten sein, die Brücke zum Begriff der „sozialen Nachhaltigkeit“ lässt sich mit einem solchen Begriffsverständnis aber nicht schlagen. Der vorliegende Beitrag will daher der Frage nachgehen, was tatsächlich unter „sozialer Nachhaltigkeit“ und dem daraus abgeleiteten Begriff der „nachhaltigen Arbeit“ zu verstehen ist.

2.
Der Konnex zwischen Nachhaltigkeit und Arbeit

Das Konzept der „Nachhaltigkeit“ und insb jenes der „nachhaltigen Entwicklung“ ist eines, das federführend von der UN entwickelt und erstmals mit dem Brundtlandt Report als politische Strategie propagiert wurde. Bereits dort findet sich der Ansatz, dass sich mit ökologischen Maßnahmen allein eine nachhaltige Entwicklung nicht erreichen lässt. Denn eine Welt, in der Armut endemisch ist, wird immer anfällig für ökologische und andere Katastrophen sein, so der Brundtlandt Report wörtlich.* Daraus wurde die Notwendigkeit abgeleitet, auch entsprechende wirtschaftliche Weichenstellungen vorzunehmen. MaW: Das Nachhaltigkeitskonzept der UN war nie ein monothematisches, sondern hatte von Beginn an neben einer ökologischen auch eine ökonomische und soziale Ausrichtung, die freilich primär auf Armutsbekämpfung gerichtet und im Vergleich zu den beiden anderen weniger entwickelt war.

Dieses mehrdimensionale Verständnis einer nachhaltigen Entwicklung spiegelt sich auf europäischer Ebene in Art 3 EUV wider. In Art 3 Abs 3 EUV wird zwar zunächst festgehalten, dass die Union einen Binnenmarkt errichtet. In weiterer Folge wird aber ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Union auf eine „nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums“, auf „eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ und „ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität“ hinwirkt. Im Wortlaut des Art 3 Abs 3 EUV sind also ebenfalls bereits die drei unterschiedlichen Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung anzutreffen, auch wenn sie dort nebeneinanderstehen und in keiner Weise inhaltlich konkretisiert sind. Die Bezugnahme auf die „soziale Marktwirtschaft“ legt lediglich nahe, dass sich die soziale Komponente der Nachhaltigkeit 85 nicht mehr bloß auf die Armutsbekämpfung beschränkt, sondern auch den Faktor Arbeit miteinschließt. Art 11 AEUV verknüpft das politische Ziel einer „nachhaltigen Entwicklung“ hingegen wiederum ausschließlich mit den Erfordernissen des Umweltschutzes. Es ist daher zweifelhalft, ob von gleichrangigen Dimensionen gesprochen werden kann. Jedenfalls bestand in der Vergangenheit in der politischen Ausrichtung eine Schieflage zu Gunsten der ökonomischen und zuletzt auch ökologischen Nachhaltigkeit, worauf richtigerweise bereits hingewiesen wurde.*

Zu einer echten und konstitutiven Verschränkung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit kommt es erst im Jahr 2015 durch die Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen.* Darin werden 17 mehr oder weniger konkrete Nachhaltigkeitsziele, sogenannte „Sustainable Developement Goals“ (im weiteren SDG), genannt, die unter den Vertragsstaaten entsprechende Maßnahmen stimulieren sollen. Darunter findet sich das mit „menschenwürdiger Arbeit und Wirtschaftswachstum“ überschriebene Entwicklungsziel Nr 8: „Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern“. In der englischen Version ist von „decent work for all“ die Rede. Was darunter konkret zu verstehen ist, lässt die Agenda 2030 offen. Klar ist bloß, dass Zwangsarbeit, moderne Sklaverei, Menschenhandel und Kinderarbeit ein Ende haben sollen.* Ansonsten wird allgemein darauf verwiesen, dass Arbeitsrechte (labour rights) geschützt und sichere Arbeitsbedingungen gewährleistet und gefördert werden sollen.

Die Verwendung des Begriffs „decent work“ im Rahmen des SDG 8 ist aber wohl nicht zufällig gewählt, sondern als bewusste Referenz zu verstehen.* Bereits im Jahr 1999 hat die ILO, die Internationale Arbeitsorganisation, eine „decent work“-Agenda verabschiedet und als zentrales Ziel ausgerufen, dass Frauen wie Männer den Zugang zu menschenwürdiger Arbeit („decent work“) erhalten sollen. Eine Politik, die ausschließlich auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze abstellt, greife zu kurz, vor allem die Qualität der Arbeit müsse im Fokus stehen.* Die „decent work“- Agenda formuliert daher neben der Beachtlichkeit der ILO-Kernarbeitsnormen vier zentrale Ziele: die Förderung (1) von AN-Rechten („rights at work“), (2) von Beschäftigung („employment“), (3) von sozialer Sicherheit („social protection“) und (4) des sozialen Dialogs („social dialogue“).

Inzwischen hat die ILO vor dem Hintergrund der Agenda 2030 ihre „decent work“-Strategie selbst mit dem Konzept der Nachhaltigkeit verknüpft und im Rahmen ihrer „Richtlinien für eine gerechte Transformation zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft für alle“, den sogenannten „just-transition-Guidelines“, klargestellt, dass diese vier Säulen der „decent work“-Agenda das Gerüst für eine nachhaltige Entwicklung bilden, die aus drei Dimensionen besteht: der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit.* Dh, die Idee einer „sozialen Nachhaltigkeit“, die auch die Arbeitsbedingungen von AN miteinschließt, wurde federführend von der ILO im Kontext der ökologischen bzw ökonomischen Transformation entwickelt. Breitenwirksamkeit hat sie freilich erst durch die Verknüpfung mit den SDG der UNO erhalten.

3.
Zum Begriff der „sozialen Nachhaltigkeit“

Aus den „just-transition“-Richtlinien der ILO lassen sich nun auch erstmals Anhaltspunkte ermitteln, was konkret mit sozialer Nachhaltigkeit gemeint ist. Es ist zu lesen, dass eine gerechte Transformation zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft einen Beitrag zu menschengerechter Arbeit („decent work“), sozialer Inklusion und der Vernichtung von Armut leisten müsse.* Deshalb seien die Mitgliedstaaten angehalten, darauf hinzuwirken, dass neu geschaffene „grüne Jobs“ menschenwürdige Arbeit bieten. Gleichzeitig müsse die Politik bei all ihren Transformationsmaßnahmen die Kernarbeitsnormen sowie die „decent work“-Agenda respektieren und fördern. Dies bedinge auch die Notwendigkeit einer aktiven Einbeziehung der AG und AN in die Prozesse der ökologischen Transformation. Der soziale Dialog müsse integraler Bestandteil des institutionellen Rahmens des politischen Transformationsprozesses sein. MaW: Es entspricht dem ILO-Konzept der sozialen Nachhaltigkeit, wenn sich Gewerkschaften aktiv in die Klimadiskussion einbringen.*

Der Begriff der „sozialen Nachhaltigkeit“, soweit es um den Bereich der Arbeit geht, hat demnach zwei Dimensionen bzw Stoßrichtungen, die jeweils mit der Erkenntnis einhergehen, dass ökologische Nachhaltigkeit eine Transformation der Wirtschaft notwendig macht: Zum einen müssen Arbeitsplätze, die im Rahmen dieses Transformationsprozesses neu geschaffen werden, bestimmten Standards entsprechen; nach der Diktion der ILO „menschenwürdig“ („decent“) sein. Zum anderen darf der Transformationsprozess nicht zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung gehen und zum Abbau bestehender Qualitätsstandards führen. Beide Aspekte sind zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Damit weicht das Verständnis, das die ILO dem Begriff der „sozialen Nachhaltigkeit“ entgegenbringt, aber doch nicht unerheblich von der 86 Brundtlandt-Formel ab. Es geht weniger um die Generationenfrage und um den Umgang mit Ressourcen oder Bedürfnissen, sondern viel mehr um die Sicherstellung „sozialer“ Resilienz in Transformations- und damit – aus dem Blickwinkel der Beschäftigten – Krisenzeiten. Oder anders ausgedrückt: Soziale Nachhaltigkeit will weniger menschenwürdige Arbeitsbedingungen für zukünftige Generationen sicherstellen, sondern es geht vor allem darum, dass zuallererst die jetzige Generation, die unmittelbar von diesem Transformationsprozess betroffen ist, über menschenwürdige Arbeitsbedingungen verfügt.

Tatsächlich hat ja die Finanz- bzw Eurokrise eindrücklich vor Augen geführt, wie drastisch die Auswirkungen von Transformationsprozessen auf die Arbeitsbedingungen und Rechte unselbständig Erwerbstätiger sein können. Die AN in Griechenland haben das schmerzlich zu spüren bekommen. Gerade das Beispiel Griechenlands belegt aber deutlich, wie wenig die ILO und ihre „decent work“-Agenda den von der sogenannten „Troika“ angeordneten Eingriffen in das griechische Kollektivvertragssystem entgegenzusetzen vermochte. Dasselbe gilt im Übrigen auch für die Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC), die mit Art 31 nicht nur ein Grundrecht auf „gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen“ („fair and just working conditions“) kennt, sondern gem Art 28 GRC auch das Recht auf kollektives Verhandeln unter Grundrechtsschutz stellt. Vor diesem Hintergrund muss die Frage gestellt werden, was ein Nachhaltigkeitskonzept bringt, wenn es im Anwendungsfall keinerlei Effekt hat? Heißt das maW, dass sich die AN in Europa in Anbetracht der ökologischen Transformation auf schwierige Zeiten einstellen sollten; oder lässt das breite politische Bekenntnis zu sozialer Nachhaltigkeit und nachhaltigen Arbeitsbedingungen doch hoffen? Viel Grund für Zuversicht scheint nicht zu bestehen. Denn seit der Finanzkrise hat sich eigentlich bloß geändert, dass die Vereinten Nationen inzwischen ihre SDG formuliert und auf diese Weise ihre Nachhaltigkeitsstrategie bewusst mit der „decent work“-Agenda der ILO verknüpft haben. Ist damit aber wirklich eine substanzielle Änderung verbunden?

Die politische Reaktion der Union auf das Pariser Klimaabkommen war der sogenannte „Green Deal“. Damit will die Europäische Kommission auf die Herausforderungen der Klimaerwärmung reagieren und gleichzeitig die Weichen für einen wirtschaftlichen Transformationsprozess ungeahnten Ausmaßes stellen. In ihrer Mitteilung zu dessen Vorstellung stellt sie zwar einerseits klar, dass es ihr in erster Linie um die Etablierung einer neuen Wirtschaftsstrategie geht. Gleichzeitig hält sie aber auch fest, dass der „Green Deal“ ein „integraler Bestandteil der Strategie dieser Kommission zur Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und der Ziele für eine nachhaltige Entwicklung“ ist.* Deshalb müsse bei der ökologischen Transformation der europäischen Wirtschaft „der Mensch an erster Stelle stehen“ und der „Industrie und den Arbeitnehmern, die vor großen Herausforderungen stehen werden, [...] Aufmerksamkeit geschenkt werden“. Dh maW, dass sich die Europäische Kommission dazu verpflichtet, die ökologische Transformation an den SDG der UN, folglich auch am SDG 8 „menschenwürdige Arbeit für alle“, auszurichten.* Die Frage ist nun freilich, was das konkret bedeutet? Sind im Recht der Europäischen Union tatsächlich Ansatzpunkte einer Politik „für mehr soziale Nachhaltigkeit“ bzw „nachhaltigere“ Arbeitsbedingungen zu finden?

4.
Elemente „sozialer Nachhaltigkeit“ im Recht der Europäischen Union
4.1.
Die Säule sozialer Rechte

Der größte sozialpolitische Impuls der letzten Jahre innerhalb der Europäischen Union ist zweifelsfrei von der sogenannten „Säule sozialer Rechte“ ausgegangen. Ziel der Säule war und ist es, die „soziale Dimension“ der EU zu stärken. Gemeinhin würde man zwar meinen, dass ein verbindlicher Grundrechtskatalog mit (mehr oder weniger) konkreten Rechten dazu besser geeignet wäre als eine unverbindliche politische Absichtserklärung. Offenkundig ist die Europäische Kommission aber der Meinung, dass die Charta für sich keine ausreichende rechtliche Grundlage für eine „sozialere Union“ bietet. Die Erfahrungen, die im Rahmen der Finanz- und Eurokrise gemacht wurden, bestätigen das.* Mit Hilfe der Säule sozialer Rechte soll daher, wie die Kommission in ihrer Mitteilung festhält, der soziale „Besitzstand“ gewahrt und gegebenenfalls ergänzt oder aktualisiert werden.* Zu diesem zählt ua das explizite Bekenntnis zu „gerechten und angemessenen Arbeitsbedingungen“ („just and fair working conditions“) nach Art 31 GRC. Aus diesem Grund formuliert die Säule fünf zentrale Grundsätze für („faire Arbeitsbedingungen“); entsprechend der Terminologie des Art 31 GRC im Englischen („fair working conditions“):

  • sichere und anpassungsfähige Beschäftigung

  • faire Entlohnung

  • Information über Beschäftigungsbedingungen und Kündigungsschutz

  • sozialer Dialog und Einbeziehung von AN

  • Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

In der Mitteilung der Europäischen Kommission zur Einführung der sozialen Säule ist auch zu lesen, dass die insgesamt 20 Grundsätze der Säule als wichtiges Instrument zu verstehen sind, um die nachteiligen Auswirkungen wirtschaftli- 87 cher Schocks abzufedern und ihre sozialen Folgen wirksam zu mildern.* Damit entspricht die Zielsetzung der Säule sozialer Rechte letztlich aber im Kern der „sozialen Nachhaltigkeit“, wie sie von der ILO im Rahmen ihrer „just-transition-Guidelines“ formuliert und von den Vereinten Nationen im Rahmen des SDG 8 als Baustein einer nachhaltigen Entwicklung anerkannt wurde. In beiden Fällen geht es um eine Stärkung von AN-Rechten durch „Besitzstandswahrung“ in Transformationsund damit Krisenzeiten. Daraus lässt sich folgender Schluss ziehen: Auch wenn weder die Charta noch die Säule sozialer Grundrechte explizit das „decent work“-Konzept der ILO aufgreifen, so sind doch beide darauf gerichtet, „nachhaltige Arbeitsbedingungen“ innerhalb der Europäischen Union sicherzustellen.

Dem könnte man entgegenhalten, dass die Säule selbst keinerlei Beziehung zur ökologischen Nachhaltigkeit und ökologischen Transformation herstellt. Das wurde in der Literatur auch zu Recht bereits als vertane Chance bemängelt.* Allerdings hat die Europäische Kommission dieses Versäumnis inzwischen nachgeholt. In ihrer Mitteilung „Ein starkes soziales Europa für einen gerechten Übergang“* hat sie ausführlich dargelegt, dass die durch den Klimawandel erforderliche Anpassung der europäischen Wirtschaft mit Hilfe der Säule sozialer Rechte „sozialverträglich und gerecht“ gestaltet werden soll.* Auf dieser Basis wurde kurz darauf im Jahr 2021 der Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte erlassen,* indem erneut die Rede davon ist, dass der Klimawandel und die Herausforderungen im Umweltbereich neben der Digitalisierung zu einer drastischen Veränderung der Arbeitswelt führen, die das soziale Gefüge in Europa auf die Probe stellen wird. Es bestehe daher die Notwendigkeit einer Verbesserung und Anpassung des bestehenden „sozialen Regelwerks“. Die Säule sozialer Rechte mit ihren 20 Grundsätzen sei dabei der „Leuchtturm, der uns den Weg zu einem starken sozialen Europa“ weise und die Grundlage für den vorgelegten Aktionsplan bilde.

mehr bestehen, dass die Säule sozialer Rechte als zentrales Instrument für mehr soziale Nachhaltigkeit innerhalb der EU zu verstehen ist.* Das hat die Kommission inzwischen ausdrücklich klargestellt.* Die Frage, die daran anknüpft, ist allerdings, wie ein Instrument, das keine rechtliche Verbindlichkeit hat, sondern bloßes „soft law“ darstellt,* zu „nachhaltigen“ oder „nachhaltigeren“ Arbeitsbedingungen führen soll.

4.2.
Beispiele für nachhaltige Arbeitsbedingungen im Sekundärrecht der EU

Eine Antwort darauf liefert der Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit.* Im Kern geht es auch bei diesem Regelungswerk um die Idee, in einer Phase der Transformation – der Digitalisierung der Wirtschaft – mit spürbaren Auswirkungen auf die Beschäftigten, angemessene angemessene Arbeitsbedingungen her- bzw sicherzustellen. Der Hebel, der dies bewerkstelligen soll, ist neben mehr Transparenz die Einführung einer gesetzlichen Vermutung: Kontrolliert die digitale Arbeitsplattform die Person, die Plattformarbeit leistet, auf eine bestimmte Art und Weise bzw in einer bestimmten Intensität, so ist in allen einschlägigen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren davon auszugehen, dass das zu Grunde liegende Vertragsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist. Damit reagiert die Europäische Kommission auf die europaweit gängige Praxis, Plattformarbeiter:innen als Selbständige einzustufen, mit der rechtlichen Konsequenz, dass das arbeits- und sozialrechtliche Schutzinstrumentarium nicht zur Anwendung kommt und somit die Personalkosten für die digitale Plattform sinken.* Die Einführung einer gesetzlichen Vermutung der AN-Eigenschaft soll also in erster Linie sicherstellen, dass sich Plattformarbeiter:innen gegenüber den digitalen Plattformen auf den Schutz durch das Arbeitsrecht berufen können. Wie in der Kommissionsbegründung offengelegt wird, soll damit einerseits Art 31 GRC, dem Recht auf „gerechte und faire Arbeitsbedingungen“, andererseits Grundsatz 5 der Säule sozialer Rechte („Recht auf faire und gleiche Behandlung im Hinblick auf Arbeitsbedingungen sowie dem Zugang zu sozialem Schutz und Fortbildung“) Rechnung getragen werden.* Bemerkenswert im vorliegenden Kontext ist freilich, dass sich der Richtlinienvorschlag darüber hinaus ausdrücklich auf Art 3 EUV beruft, und zwar auf das Ziel einer „nachhaltigen Entwicklung Europas.“ Dh, die Kommission stellt selbst einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Richtlinienvorschlag und dem Konzept sozialer Nachhaltigkeit her. Vor allem durch die gesetzliche Vermutung der AN-Eigenschaft sollen für Plattformarbeiter:innen nachhaltige Arbeitsbedingungen gewährleistet werden.

In dieselbe Kerbe schlagen im Übrigen die Leitlinien der Kommission zur Anwendung des Wettbewerbsrechts auf Tarifverträge über Arbeitsbedingungen von Solo-Selbständigen.* Darin werden Kollektivverträge, die zwischen Interessenvertretungen von Solo-Selbständigen und digitalen Plattformen 88 oder deren Interessenvertretungen abgeschlossen werden, vom Kartellverbot des Art 101 AEUV ausgenommen. Solo-Selbständige sollen ebenfalls die Möglichkeit haben, ihre Interessen im Kollektiv gegenüber den übermächtigen digitalen Plattformen durchzusetzen, selbst wenn sie rechtlich als Selbständige zu qualifizieren sind.* Als Begründung verweist die Kommission einerseits auf die aus Art 3 Abs 3 EUV resultierende Verpflichtung, auf eine nachhaltige Entwicklung und eine im hohen Maße wettbewerbsfähige Marktwirtschaft hinzuwirken. Andererseits betont sie in diesem Zusammenhang den Stellenwert des sozialen Dialogs in Anbetracht des Art 152 AEUV und des Grundrechts auf Tarifverhandlungen gem Art 28 GRC.* Das ist insofern im vorliegenden Zusammenhang von Interesse, da der soziale Dialog ein zentraler Grundsatz der „decent work“-Agenda der ILO ist, auf die wiederum SDG 8 der Nachhaltigkeitsagenda der Vereinten Nationen referenziert.

Vor diesem Hintergrund vermag es kaum noch zu überraschen, dass die Kommission auch ihren Vorschlag für eine Richtlinie über angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union mit der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und den darin enthaltenen Zielen für eine nachhaltige Entwicklung rechtfertigt.* Dieser Richtlinienvorschlag ist insofern bemerkenswert, als das „Arbeitsentgelt“ gem Art 153 Abs 5 AEUV eigentlich explizit von der Regelungskompetenz der Union ausgenommen ist.* Aus diesem Grund betont die Kommission in ihrer Begründung auch die zentrale Rolle, die angemessene Mindestlöhne für das EU-Modell einer sozialen Marktwirtschaft spielen. Damit will sie zum Ausdruck bringen, dass sie mit dem Richtlinienvorschlag lediglich ihrer Verpflichtung gem Art 3 Abs 3 EUV nachkommt. Zusätzlich wird Grundsatz 6 der Säule sozialer Rechte ins Treffen geführt, der die Union und die Mitgliedstaaten dazu anhält, angemessene Mindestlöhne unter Wahrung der Tarifautonomie der Sozialpartner zu fördern. Ein Mindestlohnschutz, so die Kommission wörtlich, sichere AN „ein menschenwürdiges Leben“, in der englischen Version „decent living for workers“.* Es ist wohl kein Zufall, dass hier im Zusammenhang mit der Regulierung von Mindestlöhnen das Adjektiv „decent“ Verwendung findet und nicht entsprechend der Terminologie der Grundrechtecharta und Säule von „fair working conditions“ die Rede ist. Es handelt sich vielmehr um eine, wenn auch nicht explizite, so doch bewusste Referenz auf die „decent work“-Agenda der ILO und somit auf das Nachhaltigkeitsziel Nr 8 der Agenda 2030 der Vereinten Nationen. Damit ist klar, dass die Kommission auch ihren Vorschlag für eine Richtlinie für angemessene Mindestlöhne als Beitrag zur Gewährleistung nachhaltiger Arbeitsbedingungen innerhalb der Europäischen Union versteht.*

Die Aktivitäten der Europäischen Union zur Wahrung oder gar Erweiterung des arbeitsrechtlichen Besitzstandes beschränken sich jedoch nicht bloß auf das Innenverhältnis der Europäischen Union. Vielmehr hat die Kommission zuletzt mit ihrem Vorschlag für eine Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit* eine vielbeachtete Initiative zur Etablierung nachhaltiger Arbeitsbedingungen auch im Außenverhältnis gesetzt. Der Richtlinienvorschlag basiert auf der Erkenntnis, dass sich ohne Einbeziehung, oder besser Verpflichtung der europäischen Unternehmen, weder ein Übergang zu einer klimaneutralen und grünen Wirtschaft noch die UN-Nachhaltigkeitsziele erreichen lassen. Deshalb wurden die europäischen Unternehmen bereits in einem ersten Schritt dazu verpflichtet, über die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsaktivitäten zu berichten.* Explizit davon erfasst sind auch Informationen über die Einhaltung von Sozial- und Menschenrechtsstandards.* Die Stoßrichtung des neuen Vorschlags geht aber noch einen Schritt weiter: Das eigentliche Ziel besteht darin, Veränderungen in Drittstaaten anzustoßen. Der Hebel, der zu diesem Zweck genutzt wird, sind die globalen Wertschöpfungs- und Lieferketten, an deren Ende oftmals europäische Unternehmen stehen.*

Diese sollen daher verpflichtet werden, auf die Einhaltung ökologischer und menschenrechtlicher Standards innerhalb ihrer Wertschöpfungs- bzw Lieferkette einzuwirken. Die Unternehmen sollen konkret dazu verpflichtet werden, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sogenannte „negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt“ innerhalb ihrer Lieferkette zunächst zu ermitteln,* in weiterer Folge abzuschwächen oder zu vermeiden* und gegebenenfalls zu beheben. * Es steht außer Frage, dass die Bezugnahme auf „Menschenrechte und Umwelt“ als Referenz auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen gemeint ist. Denn der Großteil der SDG hat Umwelt- und/oder Menschenrechtsbezug. Gerade beim Nachhaltigkeitsziel Nr 8 „menschenwürdige 89

Arbeitsbedingungen für alle“ ist dieser Konnex aber nicht offensichtlich gegeben. Es stellt sich daher die Frage, ob der Richtlinienvorschlag zur Nachhaltigkeitsberichterstattung tatsächlich auf die Gewährleistung nachhaltiger Arbeitsbedingungen in Drittstaaten gerichtet ist.

Das hängt primär davon ab, wie weit oder eng man den Begriff der „Menschenrechte“ im Anwendungsbereich der Nachhaltigkeitsrichtlinie versteht. Eine Antwort darauf gibt Art 2 des Richtlinienvorschlags, der festlegt, auf welche Menschenrechte die Unternehmen konkret ihren Fokus legen sollen. Es handelt sich um jene, die in Teil 1 Abschnitt 1 und 2 des Anhangs zur Richtlinie angeführt werden. Und damit schließt sich nun der Kreis. Denn im Teil 1 des Anhangs werden unter Pkt 7 explizit Verstöße „gegen das Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen“, in Englisch „just and favourable conditions of work“, „einschließlich eines angemessenen Lohns, eines angemessenen Lebensunterhalts, sicherer und gesunder Arbeitsbedingungen und einer angemessenen Begrenzung der Arbeitszeit gemäß Artikel 7 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ angeführt. Unter Pkt 15 wiederum werden Verstöße „gegen das Recht auf Vereinigungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, das Vereinigungsrecht und das Recht zu Tarifverhandlungen gemäß Artikel 20 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, gemäß den Artikeln 21 und 22 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, gemäß Artikel 8 des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, gemäß dem Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts von 1948 (Nr 87) und gemäß dem Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen von 1949 (Nr 98)“ als Menschenrechtsverletzung qualifiziert. Die beiden letztgenannten Übereinkommen zählen im Übrigen zu den ILO-Kernarbeitsnormen, die auch der „decent work“-Agenda zu Grunde liegen. Dh maW, dass der Begriff der „Menschenrechte“ auch AN-Rechte, wie das Recht auf angemessene Löhne oder das Recht auf kollektives Verhandeln, miteinschließt und auf diese Weise den Bogen zu SDG 8 schlägt. Vor diesem Hintergrund erklärt sich nun auch, weshalb die Kommission in ihrer Begründung zur Richtlinie klarstellt: „Die EU-Wirtschaft steht über globale Wertschöpfungsketten in Verbindung mit Millionen von Arbeitnehmern in der ganzen Welt, was mit einer Verantwortung einhergeht, gegen negative Auswirkungen auf die Rechte dieser Arbeitnehmer vorzugehen.* Oder anders ausgedrückt: Die europäischen Unternehmen sollen in die Pflicht genommen werden, in ihren Liefer- bzw Wertschöpfungsketten nachhaltige Arbeitsbedingungen sicherzustellen.

5.
Fazit

Das bestehende Normenmaterial auf internationaler und europäischer Ebene, sei es nun rechtlich verbindlich oder nicht, legt nahe, dass der Begriff der „sozialen Nachhaltigkeit“ bzw der „nachhaltigen“ Arbeitsbedingungen etwas anderes meint, als gemeinhin vor dem Hintergrund der sogenannten „Brundtlandt“-Formel unter einer „nachhaltigen Entwicklung“ („sustainable development“) verstanden wird. Bei nachhaltigen Arbeitsbedingungen geht es weder um Generationengerechtigkeit noch um den schonenden Umgang mit Ressourcen. Dieser schillernde Begriff zielt darauf ab, sicherzustellen, dass es im Zuge der ökologischen Transformation nicht zu einem Abbau von AN-Rechten kommt. Es wäre daher treffsicherer, von „sozialer Resilienz“ statt von „sozialer Nachhaltigkeit“ zu sprechen.

Darüber hinaus hat die Analyse des sozialpolitischen Programms der Europäischen Union gezeigt, dass es sich beim Konzept der nachhaltigen Arbeitsbedingungen nicht nur um eine leere, politische Floskel handelt, sondern dass sich dieses bereits im Recht niederschlägt.* Der Grund dafür ist wohl in den leidvollen Erfahrungen der Finanz- bzw Eurokrise zu sehen, die nicht nur deutlich gemacht hat, dass Arbeitsbedingungen in wirtschaftlichen Krisenzeiten tatsächlich starkem Druck ausgesetzt sind, sondern auch, dass es eine zersetzende Wirkung auf Staat und Gesellschaft hat, wenn man diesem nachgibt. Griechenland bietet hier als mahnendes Beispiel. Es kann daher vor diesem Hintergrund nicht hoch genug eingeschätzt werden, wenn die Europäische Union im Allgemeinen und die Europäische Kommission im Speziellen die Notwendigkeit einer „sozialen Resilienz“ erkannt haben und sich für „nachhaltige Arbeitsbedingungen“ innerhalb und außerhalb der Union einsetzen. 90