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Versetzung setzt Einreihung auf einen anderen Arbeitsplatz voraus

GREGORKALTSCHMID

Der Kl ist Vertragsbediensteter der bekl Stadt. Er war zuletzt von der Bekl nach dem Ober­österreichischen Gemeindebediensteten-ZuweisungsG einer GmbH (I*) zugewiesen. Ihm wurde über seinen Antrag vom 27.10.2021 von I* bis zu einem allfälligen Widerruf eingeräumt, mit Beginn 1.1.2022 80 % der Wochenstunden im Homeoffice zu arbeiten.

Der Kl wurde mit Schreiben der Bekl vom 8.4.2022 unter Berufung auf das genannte Landesgesetz mit Wirksamkeit 1.1.2023 von seiner derzeitigen Position abberufen und einer Holding (O*) zugewiesen.

Der Kl begehrt mit seiner am 3.5.2022 erhobenen Klage festzustellen, dass er „nicht zur Arbeit in der neuen Stellung bei der O* verpflichtet ist“ und dass 356er der mit Schreiben vom 8.4.2022 erfolgten „Abberufung von der Position in der I* und Neuzuweisung an den Beschäftiger O* ab 1.1.2023 nicht nachzukommen hat“. Er begründet diese Begehren damit, dass eine verschlechternde Versetzung vorliege, der weder er noch der BR bzw die Personalvertretung zugestimmt habe. Die Verschlechterung liege darin, dass er bei O* nur mehr in einem geringeren Ausmaß im Homeoffice arbeiten könne.

Die Bekl bestritt das Vorliegen einer verschlechternden Versetzung und beantragte die Abweisung der Klage.

Das Erstgericht wies die Klage mit seinem vor dem 1.1.2023 gefällten Urteil ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung Folge. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.

Der OGH erachtete die außerordentliche Revision für zulässig und berechtigt.

Er begründete seine Entscheidung folgendermaßen:

[…]

Ist mit der Einreihung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz eine Verschlechterung der Entgelt- oder sonstigen Arbeitsbedingungen verbunden, so bedarf sie zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des Betriebsrats. Ob eine solche verschlechternde Versetzung vorliegt, erfordert einen Vergleich der Gesamtsituation des Arbeitnehmers vor und nach der Versetzung. Dabei ist nach objektiven Kriterien abzuwägen, ob der vorgesehene neue Arbeitsplatz, als Ganzes gesehen, für den betroffenen Arbeitnehmer ungünstiger als sein derzeitiger bzw früherer ist.

Dies gilt auch für eine Versetzung auf Arbeitsplätze, die im Sinn des § 2h Abs 1 AVRAG mit regelmäßiger Arbeitsleistung im Homeoffice verbunden werden. Vorweg zu prüfen ist aber, ob bereits mit der Zuweisung iSd § 2 Abs 1 OÖ Gemeindebediensteten-Zuweisungsgesetz eine Versetzung iSd § 101 ArbVG erfolgt ist.

[…]

Die Zuweisung des Kl zu einem neuen Beschäftiger (O*) mit Wirksamkeit 1.1.2023 bewirkte noch keine Veränderung des tatsächlichen Arbeitsplatzes des Kl. Welchen Arbeitsplatz der Kl beim neuen Beschäftiger ab dem 1.1.2023 haben wird und ob mit diesem „eine Verschlechterung der Entgelt- oder sonstigen Arbeitsbedingungen“ iSd § 101 ArbVG verbunden ist, konnte vor dem 1.1.2023 noch nicht beurteilt werden. Die Kompetenz zur (vertretungsweisen) Ausübung der Diensthoheit ging erst mit diesem Datum auf den neuen Beschäftiger (O*) über. Insofern war auch noch keine „Einreihung“ auf einen anderen Arbeitsplatz iSd § 101 ArbVG erfolgt. Der Rechtsstandpunkt des Kl, seine Begehren seien berechtigt, weil eine verschlechternde Versetzung iSd § 101 ArbVG vorliege, erweist sich daher zum maßgeblichen Zeitpunkt des – vor dem 1.1.2023 erfolgten – Verhandlungsschlusses erster Instanz als unzutreffend, war doch zu diesem Zeitpunkt insoweit der neue Arbeitsplatz noch nicht festgelegt und konnte damit der für § 101 ArbVG notwendige Vergleich von altem und neuem Arbeitsplatz noch nicht erfolgen.

Dass dieser Aspekt bislang keiner Erörterung zugeführt wurde, steht der Abweisung der Klage nicht entgegen. Zum einen ist eine überraschende Rechtsansicht unerheblich, wenn sie – wie hier – auf ­unveränderter Tatsachengrundlage beruht. Zum anderen war die Klage, weil sich auch durch ein ergänztes Sachverhaltsvorbringen vor Schluss der Verhandlung erster Instanz am Umstand, dass vor Wirksamwerden der Zuweisung (mit 1.1.2023) der neue Arbeitsplatz noch nicht feststehen kann und es ­daher nicht möglich ist, die Versetzung auf diesen als eine Verschlechterung iSd § 101 ArbVG zu werten, nichts ändern konnte, „im eigentlichen Sinn unschlüssig“. Bei einer solchen Unschlüssigkeit besteht – anders als bei einer Unschlüssigkeit wegen Unvollständigkeit – keine richterliche Anleitungspflicht nach §§ 182, 182a ZPO. Dass zwischenzeitlich bereits die Zuweisung an den neuen Beschäftiger O* wirksam wurde, ändert hieran nichts, kommt es doch auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz an.