MengelCompliance und Arbeitsrecht – Implementierung, Durchsetzung, Organisation

2. Auflage, C.H. Beck Verlag, München 2023, 272 Seiten, kartoniert, € 69,-

CHRISTOPHRADLINGMAYR

Der Begriff „Compliance“ stammt aus dem US-amerikanischen Recht und umschreibt nach heutigem Verständnis die Pflicht des Vorstands bzw der Unternehmensleitung, für die Einhaltung der gesamten gesetzlichen Bestimmungen zu sorgen, die das Unternehmen betreffen. Damit einher geht eine sehr hohe Verantwortung, zumal die Führungskräfte nicht nur selbst zur Compliance verpflichtet, sondern auch für ihre Mitarbeiter:innen verantwortlich sind. Die Schaffung eines entsprechenden Bewusstseins und effektiver Kontrollmechanismen sind tragende Grundpfeiler eines wirksamen Compliance-Systems. Haftungsprozesse aus den USA, aber auch aus Deutschland, haben gezeigt, dass Leitungsorgane gut beraten sind, Richtlinien oder sonstige Prozesse im Unternehmen zu implementieren, die die Einhaltung des rechtlichen Rahmens gewährleisten. Eigene „Compliance-Gesetze“ gibt es in Deutschland (und in Österreich) bis heute allerdings nicht.

Die Einhaltung der rechtlichen Spielregeln macht natürlich auch vor dem Arbeitsrecht nicht halt. In Teil 1. des Werks werden zunächst (§§ 1 bis 3) die Grundlagen für die Um- und Durchsetzung von Compliance-Regeln dargestellt, nämlich das Weisungsrecht, die arbeitsvertragliche Vereinbarung sowie die Mitbestimmungsrechte des BR (in Österreich wäre vorrangig an § 97 Abs 1 Z 1 ArbVG zu denken). Im Anschluss daran (§ 4) werden im Detail die Grundlagen zur Feststellung und Aufklärung von Compliance-Verstößen behandelt, mit dem Schwerpunkt der unternehmensinternen Aufarbeitung (sogenannte „Investigations“). Dabei stehen vor allem der Persönlichkeits- und Datenschutz im Vordergrund, wenn der Rechtsrahmen für den Zugriff auf Akten und Dateien, die Auswertung von E-Mails und damit zusammenhängende Beteiligungsrechte des BR erläutert werden. In § 5 wird der Katalog möglicher Sanktionen erörtert (Verwarnung, [außerordentliche] Kündigung, Schadenersatz, etc).

Im zweiten Teil befasst sich die Autorin mit sämtlichen arbeitsrechtlichen Materien, die für Führungskräfte aus haftungsrechtlicher Sicht besonders bedeutsam sind. Dazu zählen ua der Persönlichkeits- und Diskriminierungsschutz (inklusive sexuelle Belästigung und Mobbing, § 6), die Mitarbeiterkontrolle und der Datenschutz (letzteres speziell im Hinblick auf die erheblichen Strafdrohungen der DSGVO, § 7), Rechtsfolgen und Haftung bei aufgedeckter Scheinselbständigkeit (§ 8), Verwaltungsstrafen nach dem Arbeitszeitrecht und dem Arbeitsschutzgesetz (§ 9), die Haftung bei AN-Überlassung (insb der Gleichstellungsgrundsatz beim Entgelt, § 10) sowie bei AN-Entsendung und Lohndumping (Mindestlohngesetz, § 11). Abschließend werden betriebsverfassungsrechtliche Berührungspunkte mit dem Thema Compliance aufgezeigt. Sehr lesenswert sind die Ausführungen zur Haftung wegen verbotener Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern (S 231 ff).