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Kein Anspruch auf Ausgleichzulage mangels rechtmäßigen ­Aufenthalts wegen fehlender Meldung beim Arbeitsmarktservice

FABIANGAMPER

Die Kl ist polnische Staatsangehörige und lebt seit 2005 in Österreich. Von Februar 2006 bis Oktober 2009 hatte sie eine Gewerbeberechtigung als Hausbetreuerin. Diese Tätigkeit hat sie bis April 2009 ­ausgeübt. Im Anschluss hat sie etwa vier Monate ohne Anmeldung als Reinigungskraft gearbeitet. Ab 11.11.2010 bezog sie Mindestsicherung. Im Zeitraum vom 3.8.2012 bis 5.10.2012 war sie Angestellte. Ab diesen Zeitpunkt hat sie keine Erwerbstätigkeit in Österreich ausgeübt und bezog durchgehend Mindestsicherung und zeitweise Mietbeihilfe. Ab Februar 2017 war sie als arbeitssuchend gemeldet.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren auf Gewährung einer Ausgleichszulage ab 1.11.2018 ab.

Die außerordentliche Revision der Kl wurde mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückgewiesen.

Zum rechtmäßigen Aufenthalt führt der OGH aus:

Die Bestimmungen der §§ 51 und 53a Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) beruhen auf der Umsetzung der Unionsbürger-RL. Gem § 53a Abs 1 NAG erwirbt jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedsstaat aufgehalten hat, das Daueraufenthaltsrecht.

§ 51 NAG regelt den rechtmäßigen Aufenthalt von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate. AN und Selbständige aus EWR-Staaten halten sich nach § 51 Abs 1 Z 1 NAG rechtmäßig in Österreich auf. Diese Erwerbstätigeneigenschaft kann bei Erfüllung der Voraussetzung des Abs 2 leg cit – bspw bei vorübergehender Arbeitsunfähigkeit bei Krankheit oder Unfall, unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung und dem Zur-Verfügung-­Stehen der zuständigen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) – verlängert werden.

Nach der Rsp des EuGH (vgl 11.4.2019, C-483/17, Tarola) wird die Erwerbstätigeneigenschaft verlängert, wenn die betroffene Person innerhalb eines angemessenen Zeitraums zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats fähig ist und hierfür zur Verfügung steht. Die Kl hat sich jedoch erst ab 2017 als arbeitssuchend gemeldet. Im gegenständlichen Verfahren erster Instanz und im Berufungsverfahren wurde von der Kl gar nicht die Behauptung aufgestellt, dass sie sich in den Jahren 2010 und 2011 im Anschluss an ihre Erwerbstätigkeit beim AMS gemeldet habe und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden sei. Auch das Vorbringen, arbeitsunfähig gewesen zu sein, bezog sich frühestens auf das Jahr 2012. Ausreichende Existenzmittel iSd § 51 Abs 1 Z 2 NAG lagen im Anschluss an die Erwerbstätigkeit ebenso nicht vor bzw wurden von der Kl nicht behauptet.

Ein fünf Jahre ununterbrochener rechtmäßiger Aufenthalt, der ein Daueraufenthaltsrecht der Kl begründen hätte können, lag somit aufgrund der zeitlichen Lücken zwischen Erwerbstätigkeit und Meldung beim AMS nicht vor. Der für die Ausgleichszulage notwendige rechtmäßige Aufenthalt war daher zum 1.11.2018 nicht gegeben.