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COVID-19 Infektion einer Polizistin – Keine Berufskrankheit mangels Nachweises einer Ansteckung im Dienst

ELISABETHBISCHOFREITER

Die Kl ist als Polizistin tätig. Am 19.3.2021 wurde sie positiv auf SARS-CoV-2 getestet. Im Zeitraum davor ab 3.3.2021 hatte sie regelmäßig Dienst versehen, dabei aber keinen nachweislichen Kontakt mit einem COVID-19-Erkrankten. Die Kl hatte regelmäßigen Kontakt mit ihrem Sohn, der die Schule be381suchte. Sie leidet immer noch unter den Symptomen von Long-Covid, insb an Erschöpfungszuständen, Migräne und starkem Druck im Brustbereich.

Das Erstgericht wies das auf Leistung einer Versehrtenrente gerichtete Klagebegehren ab. Begründet wurde dies damit, dass aufgrund des Kontakts zum Sohn eine andere konkrete Ansteckungsmöglichkeit bestanden habe, sodass der Anscheinsbeweis für eine Ansteckung im Dienst gescheitert sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl nicht Folge. Ein Mangel des Verfahrens erster Instanz wurde in der Unterlassung der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erkannt. Die Kl habe nicht aufgezeigt, welche Erkenntnisse zu einer konkreten Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung die beantragten Sachverständigen ex post gewinnen hätten können. Darüber hinaus liege bei der Tätigkeit der Kl keine vergleichbare Gefährdung wie in einem der in Nr 38 der Anlage 1 zum ASVG genannten Unternehmen vor.

Der OGH wies die außerordentliche Revision zurück und führte zunächst aus, dass der in der Revision neuerlich behauptete Mangel des Verfahrens erster Instanz nach stRsp nicht mit Revision geltend gemacht werden könne, dies gilt insb auch bei Nichteinholung eines Sachverständigengutachtens. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn eine Mängelrüge infolge unrichtiger Anwendung von Verfahrensvorschriften unerledigt blieb oder wenn das Berufungsgericht einen gerügten Mangel erster Instanz mit einer aktenwidrigen oder rechtlich unhaltbaren Begründung verneint hätte. Mit der Behauptung, dass die medizinisch-fachliche Beurteilung, ob eine Ansteckung im Dienst erfolgt sei, dem Sachverständigen obliege und sich bei Einholung eines Gutachtens eine solche Ansteckung im Dienst ergeben hätte, spricht die Revision keinen der genannten Ausnahmefälle an.

Das Berufungsgericht hat sich mit der in der Berufung enthaltenen Rüge auseinandergesetzt und das Vorliegen eines Verfahrensmangels verneint, weil es davon ausging, dass die vorhandenen Verfahrensergebnisse ausreichten, die notwendigen Feststellungen treffen zu können, und ein Sachverständigengutachten – mangels (dienstlichen) Kontakts der Kl zu mit COVID-19 erkrankten Personen – keine weiteren Erkenntnisse erwarten lasse. Die Beurteilung der Frage, ob verlässliche Sachverhaltsfeststellungen ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens getroffen werden können, gehört zum Bereich der irreversiblen Beweiswürdigung. Ausgehend von den durch die Tatsacheninstanzen getroffenen und für den OGH bindenden Sachverhaltsannahmen ist die Krankheit der Kl somit nicht als durch die Ausübung des die Versicherung begründenden Dienstverhältnisses verursacht anzusehen.