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Berechtigte Entlassung eines Hilfsarbeiters wegen Verweigerung der Einhaltung der 3G-Nachweispflicht am Arbeitsplatz

JULIASCHWARZ

Der Kl war als Gärtner (Hilfsarbeiter) bei der Bekl beschäftigt. Er wurde wegen beharrlicher Pflichtverletzung gem § 82 lit f GewO 1859 entlassen, da er sich trotz zweimaliger Verwarnung weigerte, die vom Verordnungsgeber eingeführte 3G-Nachweispflicht am Arbeitsplatz einzuhalten. Der Kl machte daraufhin Ansprüche aufgrund ungerechtfertigter Entlassung gerichtlich geltend.

Die Vorinstanzen haben die am 2.12.2021 ausgesprochene Entlassung wegen beharrlicher Pflichtverletzung nach § 82 lit f GewO 1859 als berechtigt 364erkannt. Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurück und begründete seine Entscheidung folgendermaßen:

Richtig ist, dass die OGH-E 8 ObA 42/21s vom 14.9.2021 und 8 ObA 11/22h vom 22.2.2022, die die Kündigung bzw Entlassung von AN wegen beharrlicher Weigerung regelmäßiger Testungen auf SARS-CoV-2 für berechtigt angesehen haben, zum einen einen Diplomkrankenpfleger und zum anderen die Mitarbeiterin einer Krankenanstalt betrafen. Darin wurde für die rechtliche Beurteilung entscheidend festgehalten, dass aus der den AG als unmittelbaren Adressaten der COVID-19-Notmaßnahmenverordnung treffenden Verpflichtung, AN ohne Vorliegen eines negativen Testergebnisses (bzw einer der in der Verordnung statuierten Ausnahmen) das Betreten der Betriebsstätte zu verwehren, zumindest mittelbar für den AN die Verpflichtung erwächst, sich den kostenlos angebotenen Tests zu unterziehen, um seinen arbeitsvertraglichen Pflichten nachkommen zu können (idS auch OGH 28.9.2022, 9 ObA 79/22s Rz 6 betreffend eine Lehrerin; vgl OGH 25.1.2023, 8 ObA 1/23i betreffend die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds). Auch wenn daher der Kl als Gärtner nicht mit einer vulnerablen Personengruppe in Kontakt kam, so bleibt dennoch die Verletzung seiner Verpflichtung, als Ungeimpfter (und unstrittig auch Ungenesener) aufgrund der damals geltenden 3G-Regel einen kostenlosen Test in der Apotheke durchzuführen oder sich der – ihm von der Bekl auch kostenlos angebotenen – Testung durch den Arbeitsmediziner zu unterziehen.

Wenn der Kl in seiner außerordentlichen Revision wiederholt betont, er habe stets im Außenbereich (im Freien) gearbeitet, weshalb es an einer potentiellen Gefährdungslage, wie sie im Gesundheits- bzw Schulbereich vorliege, gefehlt habe, und sich damit auf die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs 1 der 3. COVID-19-Maßnahmenverordnung (-MV) (hier: § 8 Abs 2 Satz 2 der 5. COVID-19NotMV) stützen will, ist seine Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht. Danach hat der Kl zwar „hauptsächlich“ alleine und im Freien gearbeitet, täglich fand aber eine Diensteinteilung der in der Abteilung Grünraum/Winterdienst beschäftigten Mitarbeiter in einem Lagerraum statt. Weiters besorgten sich die Mitarbeiter in der Nähe des Sozialraums ihre Fahrzeugschlüssel, wobei es immer wieder zu einem Gedränge kam. Es war auch notwendig, sich ab und zu Spezialwerkzeug aus dem Lagerraum zu holen, in dem sich stets andere Mitarbeiter aufhielten. Insb, wenn Arbeiten im Freien witterungsbedingt nicht möglich waren, verrichtete der Kl Arbeiten im Lager, wobei zumeist mindestens 20 Mitarbeiter zugleich anwesend waren. Wenn das Berufungsgericht daher davon ausging, dass beim Arbeitsort des Kl physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden konnten, so ist dies nicht zu beanstanden.

Mit dem in der außerordentlichen Revision angesprochenen „Treuegebot“ stellt der Kl erkennbar auf die Fürsorgepflicht des AG ab. Diese geht aber nicht so weit, dass die Bekl die Organisation der Abteilung des Kl so (wenn überhaupt möglich) ändern hätte müssen, damit für den Kl die Ausnahme von der 3G-Regel gegolten hätte.