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Auch mögliche selbstständige Tätigkeiten in der Alterspension sind in Sozialwidrigkeitsprüfung einzubeziehen

KLAUSBACHHOFER

Der gekündigte Kl war von 1980 bis 2014 als freischaffender Künstler tätig. Diese Tätigkeit hat er, wenn auch in eingeschränktem Rahmen, auch nach 2014, als er an die bekl Universität als Professor berufen wurde, weiter ausgeübt. Auch in Zukunft ist ihm möglich, aus dieser Tätigkeit Einkommen zu erzielen. Zusätzlich steht fest, dass der Kl auf seinem Fachgebiet auch weiter (wenn auch im privaten Bereich) Einkommen aus Unterrichtstätigkeit erzielen kann, wobei dem Kl aufgrund seiner Reputation nicht jede Art von Unterrichtstätigkeit, sehr wohl aber etwa im Rahmen von Meisterklassen und Sommerkursen, zumutbar ist. Der Kl kann allein aus der Pension seine Lebenshaltungskosten nicht decken, sondern nur durch weitere ihm zur Verfügung stehende Einkommensmöglichkeiten, nämlich durch Konzerte sowie Unterrichtstätigkeit in Form von Einzelunterricht, Sommerakademien, Meisterkursen und sonstigen Sommerkursen.

Der Kl hat die ihm ausgesprochene Kündigung wegen Sozialwidrigkeit angefochten.

Erst- und Berufungsgericht versagten jeweils dem Anfechtungsbegehren ua deshalb einen Erfolg, da der Kl ausgehend von seiner Pension (inklusive Ausgleichszulage umgerechnet auf 12 Monate), den erzielbaren Einnahmen aus seiner Konzerttätigkeit (auch unter Abzug von Steuern und Auslagen) und aus Unterrichtstätigkeit in der Lage ist, seine Lebenserhaltungskosten zu decken.

Der OGH wies die dagegen gerichtete außerordentliche Revision des Kl ab und begründete dies folgendermaßen:

In die Untersuchung, ob durch die Kündigung wesentliche Interessen des AN beeinträchtigt werden, ist nicht nur die Möglichkeit der Erlangung eines neuen einigermaßen gleichwertigen Arbeitsplatzes, sondern vielmehr die gesamte wirtschaftliche und soziale Lage des AN, wie Einkommen, Vermögen, Sorgepflichten etc, einzubeziehen. Es sind alle wirtschaftlichen und sozialen Umstände zueinander in Beziehung zu setzen und nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu gewichten.

Nach der Rsp ist bei Erreichen des Regelpensionsalters und Anspruch auf Regelpension der Kündigungsschutz zwar nicht generell und jedenfalls auszuschließen, doch ist wegen der vom Gesetzgeber tolerierten Einkommenseinbußen, die mit jeder Pensionierung verbunden sind, und der Vorhersehbarkeit der Kündigung bei Erreichen des Regelpensionsalters bei Prüfung der Interessenbeeinträchtigung iSd § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ein strenger Maßstab anzulegen.

Im Hinblick auf Pensionierungen nimmt der Gesetzgeber einen gewissen Einkommensverlust bewusst in Kauf. Deshalb ist eine Kündigung infolge des Umstands, dass der AN Anspruch auf eine Alterspension hat, in der Regel nicht sozialwidrig. Wesentlich ist immer, ob der AN seine Lebenshaltungskosten auch nach Wegfall des Aktivbezugs aus der künftigen Pension oder sonstigen berücksichtigungswürdigen Quellen decken kann.

Richtig ist, dass der OGH bei Berufen, die häufig auch selbständig ausgeübt werden, in die Beurteilung der Interessenbeeinträchtigung auch Möglichkeiten der selbstständigen Berufsausübung miteinbezogen hat und dies auf die Tätigkeit eines Universitätsprofessors nicht zutrifft. Allerdings werden gerade im künstlerischen Bereich Professoren häufig aufgrund ihrer bisherigen, oft selbstständigen künstlerischen Tätigkeit berufen und üben diese, wie auch der Kl, neben ihrer Lehrtätigkeit auch weiter aus.

Zur Frage, auf welche berufliche Tätigkeit im Rahmen der Prüfung der Interessenbeeinträchtigung durch eine Kündigung abgestellt werden kann, kommt es aber nicht ausschließlich auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit an, sondern welche Tätigkeit dem konkreten AN zumutbar ist. Der Zumutbarkeitsbeurteilung ist das Berufsleben des AN zugrunde zu legen und eine objektive Betrachtungsweise aus Sicht des allgemeinen Arbeitsmarkts anzustellen. Es besteht dabei kein strikter Berufs- oder Tätigkeitsschutz und kann in Einzelfällen auch eine mögliche selbstständige Tätigkeit Berücksichtigung finden.