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Kein Familienzeitbonus auch bei unverschuldeter Nichteinhaltung der Mindestbetreuungszeit durch den Vater wegen pandemiebedingter Besuchseinschränkungen

KRISZTINAJUHASZ

Der Kl beantragte den Familienzeitbonus aus Anlass der Geburt seiner Tochter am 27.7.2021 für den Zeitraum von 30.7. bis 29.8.2021. Das Kind musste bis 1.8.2021 stationär behandelt werden. Diese Behandlung war medizinisch indiziert und notwendig. Aufgrund der COVID-19-Pandemie galten auf der Geburtenstation Besuchsbeschränkungen. Somit konnte der Kl das Kind nicht zumindest vier Stunden täglich persönlich pflegen und betreuen. Aus diesem Grund wies die Bekl den Antrag des Kl auf Familienzeitbonus mit Bescheid ab.

Der Kl begehrte in seiner Klage die Gewährung des Familienzeitbonus und führte aus, dass er nur 55aufgrund der Einschränkungen der COVID-19-Pandemie die Mindestbetreuungszeit des § 2 Abs 3a FamZeitbG nicht eingehalten habe. Die Bekl bestritt den Anspruch des Kl, auch für den Zeitraum vom 1.8. bis 29.8.2021 – also nach dem stationären Aufenthalt –, mit dem Argument, dass ein anteiliger Anspruch auf Familienzeitbonus nicht vorgesehen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl teilweise Folge. Hinsichtlich der Tage des Krankenhausaufenthalts des Kindes schloss es sich der den Anspruch verneinenden Rechtsansicht des Erstgerichts an. Für den übrigen Zeitraum sei ein Anspruch nach der jüngst ergangenen OGH-E 10ObS161/21f&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True" target="_blank">10 ObS 161/21f vom 29.3.2022 allerdings zu bejahen. Das OLG ließ die Revision zur Frage der Auswirkung einer unverschuldeten Nichteinhaltung der in § 2 Abs 3a FamZeitbG genannten Mindestbetreuungszeit zu.

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen beider Streitteile.

Die Revision des Kl war aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt. Die Revision der Bekl war auf Grund der Bejahung eines anteiligen Anspruchs auf Familienzeitbonus seit 10 ObS 161/21f nicht zulässig.

Anspruch auf Familienzeitbonus hat ein Vater, sofern er sich im gesamten Anspruchszeitraum in Familienzeit befindet (§ 2 Abs 1 Z 3 FamZeitbG) und er, das Kind und der andere Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben (§ 2 Abs 1 Z 4 FamZeitbG). Ein gemeinsamer Haushalt liegt nach § 2 Abs 3 FamZeitbG nur dann vor, wenn der Vater, das Kind und der andere Elternteil in einer dauerhaften Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft an derselben Wohnadresse leben und alle drei an dieser Adresse auch hauptwohnsitzlich gemeldet sind.

Der OGH verneint in stRsp einen Anspruch auf Familienzeitbonus während des Krankenhausaufenthalts von Mutter und Kind nach der Geburt, weil in dieser Zeit die Pflege und die Betreuung des Kindes durch Leistungen der Krankenanstalt abgedeckt werden und weil nach dem Wortlaut des Gesetzes die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Familienzeitbonus nach den §§ 2 Abs 1 Z 3 und 4 iVm Abs 3 und 4 FamZeitbG während des Krankenhausaufenthalts des Kindes nicht vorliegen. Mit der Novelle zum FamZeitbG BGBl I 2019/24BGBl I 2019/24 wurde mit § 2 Abs 3a FamZeitbG eine Ausnahmebestimmung geschaffen. Danach wird ausnahmsweise der gemeinsame Haushalt iSd § 2 Abs 3 FamZeitbG bei einem medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalt des Kindes angenommen, wenn es durch den Vater und den anderen Elternteil im Mindestausmaß von jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich persönlich gepflegt und betreut wird.

Mangels Pflege und Betreuung des Kindes durch den Vater kam aber im vorliegenden Fall auch die Ausnahmebestimmung nicht zum Tragen. Dass der Gesetzgeber im Rahmen der Novelle BGBl I 2019/24BGBl I 2019/24, als er die Ausnahme des § 2 Abs 3a FamZeitbG schuf, das Unterbleiben der Pflege und Betreuung durch den Vater wegen Auftretens einer Pandemie (oder anderen nach dem Gesetzeszweck nicht relevanten Umständen) nicht bedachte, ändert nichts daran, dass im Fall eines medizinisch indizierten Krankenhausaufenthalts ein Anspruch auf Familienzeit nur dann bestehen sollte, wenn der Vater das Kind zumindest jeweils durchschnittlich vier Stunden täglich persönlich gepflegt und betreut hat. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass diese Voraussetzungen für einen Anspruch auf Familienzeitbonus am 30. und 31.7.2021 nicht vorlagen, entsprach daher der Rechtslage, sodass der Revision des Kl nicht Folge zu geben war.