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SWÖ-Kollektivvertrag – Aliquotierung des Urlaubszuschusses, wenn Beendigung zum Zeitpunkt der Fälligkeit feststeht

MANFREDTINHOF

Der Kl war vom 19.10.2016 bis 31.8.2019 bei der Bekl als Pflegeassistent tätig. Auf das Arbeitsverhältnis war der KollV der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ-KollV) anzuwenden. Der Ausspruch der Kündigung durch die Bekl erfolgte am 23.6.2019. Der Urlaubszuschuss gelangte am 30.6.2019 lediglich in aliquotem Ausmaß (1.1. bis 31.8.2019) zur Auszahlung. Mit seiner Klage begehrte der AN den auf den restlichen Teil des Kalenderjahres entfallenden Teil des Urlaubszuschusses.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht gab der dagegen gerichteten Berufung des Kl nicht Folge. Der OGH hielt die Revision des Kl zwar für zulässig, nicht aber für berechtigt.24

Die relevante Bestimmung im SWÖ-KollV (§ 26 Abs 4) lautet:

„Den während des Jahres ein- oder austretenden Arbeitnehmerinnen/Lehrlingen gebührt im Kalenderjahr der aliquote Teil. Wenn eine Arbeitnehmerin/Lehrling nach Erhalt des für das laufende Kalenderjahr gebührenden Urlaubszuschusses bzw der Weihnachtsremuneration ihr Arbeitsverhältnis selbst auflöst, aus ihrem Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder infolge Vorliegens eines von ihr verschuldeten wichtigen Grundes vorzeitig entlassen wird, muss sie sich die im laufenden Kalenderjahr anteilsmäßig zuviel bezogenen Sonderzahlungen auf ihre, ihr aus dem Arbeitsverhältnis zustehenden Ansprüche in Anrechnung bringen lassen.“

§ 26 Abs 4 Satz 1 SWÖ-KollV spricht schon nach dem Wortlaut und seiner systematischen Stellung, aber auch iS einer sachgerechten Teleologie für ein Verständnis der Bestimmung dahin, dass AN bei einem kürzeren als ganzjährigen Arbeitsverhältnis die Sonderzahlungen im jeweils aliquoten Ausmaß, bezogen auf das Kalenderjahr, gebühren sollen. Da sich dadurch aber nichts am für die Auszahlung maßgeblichen Fälligkeitszeitpunkt (hier: 30.6.2019) ändert, muss Abs 4 Satz 1 SWÖ-KollV zwangsläufig dahin verstanden werden, dass zu diesem Zeitpunkt auch beurteilbar sein muss, ob es sich um einen „ein- oder austretenden“ AN handelt und daher die auszuzahlende Sonderzahlung zu aliquotieren ist oder nicht. Das führt aber dazu, dass dann, wenn schon vor dem Fälligkeitszeitpunkt feststeht, dass das Arbeitsverhältnis unterjährig enden wird, die Sonderzahlung für die „austretende Arbeitnehmerin/Lehrling“ bereits zu aliquotieren ist. Abs 4 Satz 2 SWÖ-KollV steht dem nicht entgegen, weil er nur die Frage behandelt, unter welchen Voraussetzungen eine Überaliquotierung von ausgezahlten Sonderzahlungen zurückzuzahlen ist.

Eine vergleichbare Bestimmung findet sich im KollV, der der OGH-E 8 ObA 44/21k (vgl DRdA-infas 2022, 24) zu Grunde lag (Abschnitt 9 Z 6 des KollV Elektro- und Elektronikindustrie/Arbeiter), nicht. Anders als in jener Regelung wird vorliegend auch nicht auf das Ende des Dienstverhältnisses abgestellt, sondern eine Regelung über das gebührende Ausmaß der Sonderzahlungsansprüche für unterjährig ein- oder austretende AN/Lehrlinge getroffen.

Im Ergebnis ist § 26 Abs 4 Satz 1 SWÖ-KollV damit dahin auszulegen, dass Sonderzahlungen auch dann aliquot „gebühren“, wenn im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit bereits feststeht, dass ein Dienstverhältnis unterjährig beendet sein wird. Da hier zum Fälligkeitszeitpunkt des Urlaubszuschusses (30.6.2019) feststand, dass das Arbeitsverhältnis des Kl aufgrund der davor ausgesprochenen AG-Kündigung zum 31.8.2019 endete, sind die Vorinstanzen zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass der Kl für das Jahr 2019 nur einen aliquoten Anspruch auf Urlaubszuschuss hat.