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Abgrenzung von zulässiger und motivwidriger Änderungskündigung

MAGDALENALENGLINGER (WIEN)
  1. Nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG kann eine Kündigung angefochten werden, wenn sie wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom AG in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den AN erfolgt ist.

  2. Strebt ein AG auf dem durch die Rechtsordnung vorgesehenen Weg, nämlich durch ein Änderungsangebot, eine Vertragsänderung über dispositive Vertragspunkte an und stimmt der AN nicht zu, so kann die aus diesem Grund ausgesprochene Kündigung zwar nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG, nicht aber als Motivkündigung nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG angefochten werden.

  3. Anders verhält es sich jedoch nach der Rsp (OGH 12.6.2003, 8 ObA 40/03w), wenn das mit der Androhung der Beendigung des Vertragsverhältnisses verbundene Änderungsangebot die Reaktion auf die Geltendmachung nicht offenbar unberechtigter Ansprüche durch den AN war und inhaltlich darauf hinauslief, den AN vor die Wahl zu stellen, seine Forderung (im Wesentlichen) aufzugeben oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinnehmen zu müssen.

[1] Die Vorinstanzen haben sowohl das Kündigungsanfechtungsbegehren des Kl als auch das Klage- und Eventualbegehren auf Feststellung, dass der Kl nicht verpflichtet (gewesen) sei, Arbeitsleistungen auf seinem neuen Arbeitsplatz (nach Versetzung) zu erbringen, abgewiesen.

[2] In seiner außerordentlichen Revision zeigt der Kl keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

[...]

[4] 2.1. Nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG kann eine Kündigung angefochten werden, wenn sie wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom AG in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den AN erfolgt ist.

[5] 2.2. Strebt ein AG auf dem durch die Rechtsordnung vorgesehenen Weg, nämlich durch ein Änderungsangebot, eine Vertragsänderung über dispositive Vertragspunkte an und stimmt der AN nicht zu, so kann die aus diesem Grund ausgesprochene Kündigung zwar nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG, nicht aber als Motivkündigung nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG angefochten werden (RS0018143). Die Rsp begründet dies damit, dass das Interesse eines AG an einer notwendigen oder sachgerechten – auch verschlechternden – Änderungsvereinbarung für die Zukunft noch kein Infragestellen bestehender Ansprüche des AN bedeutet, weil der Änderungswunsch deren Anerkennung gerade voraussetzt. Insofern kann in der Ablehnung eines Änderungsbegehrens durch den AN auch keine Geltendmachung von Ansprüchen gesehen werden, die vom AG in Frage gestellt wurden (RS0127599 [T5]). Dies stellt auch die außerordentliche Revision des Kl nicht in Frage.

[6] 2.3. Anders verhält es sich jedoch nach der Rsp (8 ObA 40/03w) – und darauf zielt die außerordentliche Revision ab –, wenn das mit der Androhung der Beendigung des Vertragsverhältnisses verbundene Änderungsan[ge]bot die Reaktion auf die Geltendmachung nicht offenbar unberechtigter Ansprüche durch den AN war und inhaltlich darauf hinauslief, den AN vor die Wahl zu stellen, seine Forderung (im Wesentlichen) aufzugeben oder die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinnehmen zu müssen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

[7] 2.4. Nach den Feststellungen konnte die Bekl den Kl aufgrund einer internen Umstrukturierung zumindest ab März 2017 nicht mehr am bisherigen Arbeitsplatz auf Dauer einsetzen, weshalb sie ihn mit Ende März/Anfang April 2017 zunächst vorübergehend auf einen anderen Arbeitsplatz versetzte. Die Bekl wollte damit den Kl nicht zur Selbstkündigung bewegen, sondern war der Ansicht, dass die Versetzung durch den Dienstvertrag gedeckt sei und zu keiner Verschlechterung der Arbeitsbedingungen des Kl führe. Da der Kl dieser Versetzung widersprach, die Bekl aber keine andere Einsatzmöglichkeit für den Kl im Betrieb hatte, sprach sie am 28.9.2017 die nun angefochtene Änderungskündigung aus.

[8] 2.5. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls liege der Kündigung der Bekl kein verpöntes Motiv iSd § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG zugrunde, hält sich im Rahmen der oben dargestellten Rsp. Entgegen der Ansicht des Kl in seiner außerordentlichen Revision hat die Bekl dadurch nicht zu erkennen gegeben, dass sie seinen Anspruch auf Beschäftigung an seinem vorhergehenden Arbeitsplatz in Frage stellt, sondern hat das Berufungsgericht dazu (vertretbar) ausgeführt, dass die Bekl mit der Änderungskündigung die ihr einzig verbliebene Möglichkeit einer Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses auch nach dem 1.10.2017 – wenn auch unter anderen Bedingungen und auf einem anderen Arbeitsplatz – wahrgenommen hat.

[9] 3. Das Berufungsgericht sah die Versetzung des Kl zwar als verschlechternd an, weshalb der Kl mangels wirksamer Zustimmung des BR ohne die (zulässige) Änderungskündigung nicht verpflichtet 57 gewesen wäre, die neue Tätigkeit auf Dauer auszuüben. Dennoch wies es die Feststellungsbegehren des Kl, mit denen er inhaltlich seine vorübergehende und dauernde Versetzung bekämpft, ab, weil diesen Begehren aufgrund der erfolglos angefochtenen und daher rechtswirksamen Kündigung des Dienstverhältnisses das Feststellungsinteresse iSd § 228 ZPO fehle. Diese Rechtsauffassung wird in der außerordentlichen Revision vom Kl nicht bekämpft. Auf die in der Zulassungsbegründung der Revision rekurrierte Frage, ob die Bekl rechtzeitig die Zustimmung des BR zur (vorübergehenden) Versetzung des Kl eingeholt hat, kommt es hier daher nicht mehr an.

[...]

ANMERKUNG
1.
Einleitung und gegenständlicher Sachverhalt

Im vorliegenden Beschluss befasste sich der OGH mit dem Verhältnis zwischen Änderungskündigungen und der Anfechtung wegen Motivwidrigkeit. Dabei wird die bereits bestehende Judikaturlinie (RIS-Justiz RS0018143; OGH 24.1.2020, 8 ObA 78/19g; OGH 27.5.2014, 9 ObA 41/14s) fortgesetzt. Die Fülle an höchstgerichtlicher Judikatur zeigt, dass es in der betrieblichen Praxis regelmäßig unklar ist, ob eine konkrete Änderungskündigung als zulässige Änderung von Arbeitsbedingungen anzusehen ist. Unter Umständen könnte es sich dabei um eine verpönte Kündigung gem § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG handeln, weil der AG Ansprüche in Frage stellt, die vom AN offenbar nicht unberechtigt geltend gemacht werden. Probleme ergeben sich vor allem dann, wenn unterschiedliche Auffassungen über den Vertragsinhalt bestehen, wie zB bei der Frage nach der Reichweite von direktoralen Versetzungen oder ob es, wie auch im gegenständlichen Fall, einer Vertragsänderung bedarf.

Zu beurteilen hatte der OGH einen Sachverhalt, in welchem die AG den AN nicht mehr am bisherigen Arbeitsplatz aufgrund einer internen Umstrukturierung einsetzen konnte. In Folge versetzte die AG den AN zunächst vorübergehend auf einen anderen Arbeitsplatz. Damit wollte sie den AN nicht zur Selbstkündigung bewegen, sondern war der Ansicht, dass die Versetzung durch den Dienstvertrag gedeckt sei und zu keiner Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führe. Nachdem der AN jedoch dieser Versetzung widersprach, hatte die AG keine andere Einsatzmöglichkeit für den AN, weswegen sie die nun angefochtene Änderungskündigung aussprach. Nach Ansicht des OGH hat die AG unter den hier festgestellten Umständen mit der Änderungskündigung die einzige ihr verbleibende Möglichkeit einer Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses wahrgenommen, auch wenn damit eine Änderung der Arbeitsbedingungen einherging. Somit wurde die gegenständliche Änderungskündigung nicht als Vergeltungskündigung nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG beurteilt. Bei der Zuweisung auf den neuen Arbeitsplatz handelte es sich um eine verschlechternde Versetzung iSd § 101 ArbVG, welcher der BR nicht zustimmte.

2.
Änderungskündigungen grundsätzlich nicht motivwidrig
2.1.
Kein allgemeines Verschlechterungsverbot im Arbeitsrecht

In der betrieblichen Praxis kommt es aus unterschiedlichen Gründen, wie zB unternehmerische Neuausrichtung, Restrukturierung oder Umorganisation vor, dass bestehende Arbeitsbedingungen im Laufe des Arbeitsverhältnisses abgeändert werden müssen. Aufgrund der Privatautonomie gibt es nach der Rsp des OGH im Arbeitsrecht kein allgemeines Verschlechterungsverbot (RS0034043; OGH 8.10.2003, 9 ObA 58/03z; OGH 28.11.2017, 9 ObA 47/17b). Änderungen von Arbeitsbedingungen im Arbeitsvertrag können einerseits im Einvernehmen vorgenommen werden oder andererseits im Zuge einer sogenannten Änderungskündigung. Der OGH sieht die Änderungskündigung als den durch die Rechtsordnung vorgesehenen Weg zur Vertragsänderung über dispositive Vertragspunkte (Rz 5). Ist eine Versetzung mangels fehlenden Weisungsrechts nicht vom Arbeitsvertrag gedeckt, so ist auch in diesem Fall der Arbeitsvertrag entweder einvernehmlich oder mittels Änderungskündigung anzupassen. Aus dem Urteil (Rz 7) ergibt sich nicht eindeutig, ob im gegenständlichen Fall der AG ein entsprechendes Weisungsrecht zukam. Festgestellt wurde jedenfalls, dass die Versetzung schlussendlich mittels Änderungskündigung erfolgen sollte.

Bei einer Änderungskündigung handelt es sich um eine bedingte Kündigung, deren eigentliches Ziel nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern die Abänderung von Arbeitsbedingungen ist. Dabei wird die Kündigung unter der entweder aufschiebenden oder auflösenden Bedingung ausgesprochen, dass der Änderung von bestimmten Inhalten (nicht) zugestimmt wird.

Gleichzeitig sieht die Rechtsordnung im Anwendungsbereich des ArbVG auch für Änderungskündigungen die Möglichkeit vor, diese wegen Motiv- oder Sozialwidrigkeit anzufechten. Gerade bei verschlechternden Änderungskündigungen ist eine Anfechtung wegen verpönten Motivs nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG denkbar. Dies setzt voraus, dass der AG nach Ansicht des AN bestehende Ansprüche nicht erfüllt, der AN diese nicht gewährten Ansprüche dem AG gegenüber geltend macht und der AG das Arbeitsverhältnis wegen dieser Geltendmachung beendet. Solange die Geltendmachung der Ansprüche offenbar nicht unberechtigt ist, ist selbst bei unklaren Ansprüchen eine Anfechtungsklage möglich (siehe dazu Brameshuber/Lenglinger, Testverweigerung, Motivkündigung und strittiger Vertragsinhalt, DRdA 2022, 407). Nach hM und Rsp reicht dabei schon die „nicht offenbar unberechtigte Geltendmachung“ von Ansprüchen (Wolligger in Neumayr/Reissner [Hrsg], ZellKomm3 § 105 ArbVG Rz 130; Trost, Rückversetzungswunsch als verpöntes Kündigungsmotiv, DRdA 2003, 150 [154];58OGH 13.3.2002, 9 ObA 9/02t) bzw ist es ausreichend, wenn der Anspruch „vertretbar strittig“ ist (Schrank in Tomandl [Hrsg], Arbeitsverfassungsgesetz9. Lfg § 105 Rz 123; Dusak, Änderungen im Bereich der personellen Mitbestimmung, ZAS1986, 198 [202]).

Die Anfechtung von Vergeltungskündigungen soll dazu beitragen, arbeitsrechtlichen Ansprüchen zu ihrer Effektuierung zu verhelfen. Damit soll verhindert werden, dass die in der Regel wirtschaftlich schwächeren AN die ihnen zustehenden Ansprüche aus Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes nicht geltend machen (statt vieler Gahleitner in Gahleitner/Mosler [Hrsg], ArbVR 36 § 105 Rz 83). Geschützt sind Ansprüche aller Art, die in einem engen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Dazu zählen insb arbeitsvertraglich begründete Ansprüche sowie jene, die sich aus Gesetz, VO, KollV oder BV ergeben (Trost in Strasser/Jabornegg/Resch [Hrsg], ArbVG § 105 Rz 223). Werden von AN und AG unterschiedliche Standpunkte über den genauen Inhalt des Arbeitsvertrages vertreten, können Arbeitsbedingungen pro futuro durch den AG im Rahmen einer Änderungskündigung abgewandelt werden. Dabei ist genaues Augenmerk auf die Trennlinie zwischen dem motivwidrigen Infragestellen von bestehenden Ansprüchen und dem Änderungswunsch für zukünftige Vertragsinhalte zu legen.

2.2.
Änderungskündigung – kein Infragestellen von Ansprüchen

Im Zusammenhang mit einer Änderungskündigung stellt sich die Frage, ob in der Weigerung des AN, der Vertragsänderung zuzustimmen, bei gleichzeitigem Bestehen auf die Beibehaltung bisheriger Arbeitsbedingungen, eine Geltendmachung vom AG in Frage gestellter Ansprüche liegt. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob damit der Tatbestand der verpönten Motivkündigung verwirklicht wird. Nach hM und Rsp ist jedoch bei der Änderungskündigung der Tatbestand der Vergeltungskündigung in der Regel nicht erfüllt (Schrank in Tomandl, ArbVG § 105 Rz 119; Friedrich, Ausgewählte kündigungsschutzrechtliche Probleme der Änderungskündigung, ASoK 2005, 48 [50]; Gahleitner, ArbVR 36 § 105 Rz 86; RIS-Justiz RS0018143; OGH 24.1.2020, 8 ObA 78/19g; OGH 27.5.2014, 9 ObA 41/14s). Möchte ein AG vertragliche Bedingungen für die Zukunft klarstellen oder abändern, so sieht die Rechtsordnung als legitimes Mittel die Änderungskündigung vor. Damit können Arbeitsbedingungen auf die veränderten Gegebenheiten angepasst werden, wie im vorliegenden Fall bspw durch Versetzungen auf andere Arbeitsplätze im Zuge von Umstrukturierungen. Wäre jede Kündigung infolge einer Ablehnung des Änderungsangebotes eine Vergeltungsmaßnahme, so wäre die Privatautonomie des AG, legitime Änderungen des Arbeitsverhältnisses anzustreben, unverhältnismäßig beschränkt (so ausdrücklich OGH 8.7.1993, 9 ObA 114/93). Denn nach Ansicht des OGH werden mit der Änderungskündigung grundsätzlich keine bestehenden Ansprüche in Frage gestellt, sondern auf dem von der Rechtsordnung vorgegebenen Weg das Entstehen von zukünftigen Ansprüchen verhindert. Wäre jede Änderungskündigung als motivwidrige Vergeltungsmaßnahme anzusehen, wären letztlich Arbeitsbedingungen ausschließlich im Einvernehmen zu ändern und Änderungskündigungen grundsätzlich rechtswidrig. Daher wird die in Folge einer Ablehnung eines (an sich zulässigen) Änderungsangebotes ausgesprochene Kündigung nicht als Retorsionsmaßnahme angesehen. Davon unberührt besteht weiterhin die Möglichkeit einer Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit.

2.3.
Anfechtung von Änderungskündigungen aber nicht per se ausgeschlossen

Eine Anfechtung von Änderungskündigungen wegen verpönten Motivs ist in speziellen Fällen dennoch möglich. Motivwidrigkeit liegt nämlich dann vor, wenn das Änderungsangebot entweder (wegen Gesetz- oder Sittenwidrigkeit) unzulässig ist oder diskriminierend oder schikanös gegen einen bestimmten AN eingesetzt wurde, ohne sachliche Gründe für die gewünschte Änderung angeben zu können (OGH 26.4.2011, 8 ObA 24/11d; OGH 21.12.2011, 9 ObA 64/11v). Im konkreten Fall wurde festgestellt, dass die AG keine schikanösen Absichten hatte. Sie wollte den AN durch die Versetzung nicht zur Selbstkündigung bewegen und war der Ansicht, dass dies nicht zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führe (Rz 7).

Ein verpöntes Motiv kann auch dann vorliegen, wenn das Änderungsangebot als Reaktion auf die Geltendmachung nicht offenbar unberechtigter Ansprüche durch den AN zu sehen ist und die Änderungskündigung darauf hinausläuft, den AN vor die Wahl zu stellen, die Forderung aufzugeben oder andernfalls gekündigt zu werden (Rz 6). Der Tatbestand der Motivwidrigkeit ist nämlich auch dann erfüllt, wenn mittels Änderungskündigung ein Verzicht von bereits entstandenen Ansprüchen vom AN erreicht werden soll (OGH 12.6.2003, 8 ObA 40/03w; Wolligger in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 105 ArbVG Rz 129). Im gegenständlichen Sachverhalt lag dies jedoch nicht vor.

3.
Motivwidriges Infragestellen von Ansprüchen oder legitimer Änderungswunsch für die Zukunft?

Entscheidend für die Zulässigkeit von Änderungskündigungen ist, dass es dem AG nur auf die Änderung von Arbeitsbedingungen in der Zukunft ankommt; bisherige Ansprüche dürfen nicht in Frage gestellt werden. Nach der stRsp des OGH ist das Interesse eines AG an einer notwendigen oder sachgerechten – wenn auch verschlechternden – Änderungsvereinbarung für die Zukunft noch kein Infragestellen bestehender Ansprüche, weil der Änderungswunsch deren Anerkennung gerade voraussetzt (OGH 21.12.2011, 9 ObA 64/11v). Im konkreten Fall gingen die zuständigen Gerichte davon aus, dass die AG das fehlende Weisungsrecht 59

bezüglich der Versetzung anerkannte und sich der Änderungswunsch an zukünftige Bedingungen richtete.

Nach Gahleitner läge jedoch ein Anfechtungstatbestand vor, wenn sich ein AN gegen eine vertragsändernde oder gegen § 101 ArbVG verstoßende Versetzung wehrt, auf Feststellung klagt, dass keine Verpflichtung zur Annahme der neuen Arbeitsbedingungen bestehe und nach Einbringung der Klage gekündigt wird (Gahleitner, ArbVR 36 § 105 Rz 84). Nachdem für die Geltendmachung von Ansprüchen keine Formvorschriften verlangt sind (Gahleitner, ArbVR 36 § 105 Rz 84; Wolligger in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 105 ArbVG Rz 129), ist es für das Vorliegen des Anfechtungstatbestandes ausreichend, wenn sich ein AN gegen eine vertragsändernde oder gegen § 101 ArbVG verstoßende Versetzung für den AG erkennbar wehrt und infolgedessen gekündigt wird. Diese Willenserklärung kann sowohl mündlich, schriftlich als auch konkludent erfolgen. Eine Feststellungsklage auf die Unrechtmäßigkeit der Versetzung ist keine Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen, welche zu einer motivwidrigen Kündigung führt. Es ist lediglich erforderlich, dass sich der AN erkennbar auf seine Rechtsposition beruft (OGH 26.2.2015, 8 ObA 59/14f). Nach diesen Überlegungen hätte die im gegenständlichen Fall ausgesprochene Änderungskündigung womöglich doch den Tatbestand der Motivwidrigkeit erfüllt, da der AN erkennbar sein Recht, nicht (verschlechternd) versetzt zu werden, geltend gemacht hat und erst später das Änderungsangebot seitens des AG ausgesprochen wurde.

Fraglich ist also, wie jene Fälle zu bewerten sind, in denen noch vor Ausspruch der Änderungskündigungen eine Diskussion zwischen AG und AN stattgefunden hat, in Zuge deren der AN seine Ansprüche geltend gemacht hat. Der OGH (Rz 5; so bereits auch 21.12.2011, 9 ObA 64/11v) legt dabei das Hauptaugenmerk der Beurteilung der Motivwidrigkeit darauf, ob der AG einen Änderungswunsch für die Zukunft äußert und dieser in einer Meinungsverschiedenheit mit dem AN über den konkreten Vertragsinhalt mündet. Anders zu beurteilen wäre es, wenn der AN von sich aus einen berechtigten Anspruch geltend macht und gerade deswegen gekündigt wird (Gahleitner, Kündigung sozialwidrig trotz Verweigerung erforderlicher Tätigkeiten durch den AN, jedoch kein verpöntes Kündigungsmotiv, DRdA 2013, 152 [158]).

Grundsätzlich kann mE die Tatsache, dass sich ein AN gegen eine vertragsändernde und/oder gegen § 101 ArbVG verstoßende Versetzung wehrt, als Geltendmachung der eigenen Ansprüche angesehen werden. Die gegenständliche E (Rz 5; so bereits auch OGH 21.12.2011, 9 ObA 64/11v) lässt den Schluss zu, dass die Judikatur dem Infragestellen von Ansprüchen jedoch keine allzu große Bedeutung beimisst, sofern damit aus nachvollziehbaren Gründen pro futuro Arbeitsbedingungen geändert werden sollen. Damit wird evident, dass dispositive Ansprüche schwächer abgesichert sind als die Einhaltung von zwingendem Recht. Dies wird wohl durch die Rechtsordnung aus Gründen der Privatautonomie akzeptiert. Folglich zeichnet sich ab, dass die Wahrung des aktuellen Vertragszustandes iSe Unterlassungsanspruches gegen zukünftige Vertragsänderungen nicht geschützt ist. Ob dies für sämtliche Änderungswünsche gilt – sofern sie nicht gesetzes-/sittenwidrig oder diskriminierend bzw schikanös sind – oder nur für objektiv nachvollziehbare Modifizierungsbegehren, bleibt offen. Letztlich ist dies Ausfluss der in Österreich grundsätzlich geltenden Kündigungsfreiheit, wonach die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Angabe von Gründen möglich ist. Dass es durch Änderungskündigungen auch zu verschlechternden Arbeitsbedingungen kommen kann, steht im Einklang mit der Prüfung nach der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des AN bei Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG. Auch in diesem Fall geht man davon aus, dass bis zu einem gewissen Ausmaß Nachteile, wie bspw Einkommenseinbußen, hinzunehmen sind (Wolligger in Neumayr/Reissner, ZellKomm3 § 105 ArbVG Rz 144 ff).

4.
Änderungskündigung als verschlechternde Versetzung erfordert Zustimmung des BR

Auch wenn sich der AN nach Ansicht des OGH im konkreten Fall nicht mit der Anfechtung der Änderungskündigung zur Wehr setzen konnte, sieht die Rechtsordnung ein anderes Schutzinstrument vor. Führt eine dauernde Versetzung zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, so ist nach § 101 ArbVG die Zustimmung des BR einzuholen. Dadurch wird die Versetzung neben der einzelvertraglichen um eine betriebsverfassungsrechtliche Komponente ergänzt (Kühteubl, Änderungskündigung als verschlechternde Versetzung – Zustimmung des BR erforderlich, JAS 2017, 209 [212]). Stimmt der BR der verschlechternden Versetzung nicht zu, ist die Änderung unwirksam. Im gegenständlichen Fall wurde die Versetzung des AN durch die Gerichte als verschlechternd angesehen und mangels wirksamer Zustimmung des BR wäre der AN nicht verpflichtet gewesen, die neue Tätigkeit auf Dauer auszuüben (Rz 9). Somit hätte der AN nach Zustimmung des Änderungsangebotes eine Feststellungsklage, die neue Arbeit nicht antreten zu müssen, einbringen können (Födermayr in Strasser/Jabornegg/Resch, ArbVG § 101 Rz 82; RS0112755; OGH 28.6.2016, 8 ObA 63/15w). Ebenso hatte die AG die Möglichkeit nach § 101 Satz 4 und 5 ArbVG, die fehlende Zustimmung des BR durch das Gericht ersetzen zu lassen, sofern die Versetzung sachlich gerechtfertigt war.

5.
Abschließende Bemerkungen

Ergibt sich der Bedarf an Anpassungen von Vertragsbedingungen zB durch Organisationsänderungen oder Umstrukturierungen, so können die Inhalte von Arbeitsverträgen durch Änderungskündigungen modifiziert werden. Handelt es sich dabei um notwendige oder sachgerechte Änderungen, 60 so liegt nach Ansicht des OGH keine motivwidrige Vergeltungskündigung vor. Obwohl durch die Anfechtung wegen Motivwidrigkeit die Geltendmachung von sämtlichen arbeitsrechtlichen Ansprüchen geschützt ist, fällt auf, dass dispositiven Ansprüchen ein geringerer Schutz zukommt als den zwingenden Ansprüchen aus Gesetz, VO, KollV oder BV. Zur Wahrung der Privatautonomie sieht die Rechtsordnung nämlich das Instrument der Änderungskündigung vor, welches es dem AG erlaubt, Umgestaltungen der Arbeitsbedingungen herbeizuführen. Der OGH setzte seine Judikatur fort, wonach die Ablehnung eines solchen Angebotes noch keine Geltendmachung von Ansprüchen darstellt, welche vom AG in Frage gestellt wurden, und verneinte damit das Vorliegen einer Motivwidrigkeit der gegenständlichen Änderungskündigung.