Auswirkungen von Entschädigungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Dienstverhinderungen

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Wahlen stellen die Grundlage eines demokratisch errichteten Staates dar. Wie weit das demokratische Prinzip der Bundesverfassung verwirklicht ist, zeigt, dass auch die gesetzlich eingerichteten Interessenvertretungen insb iSv Art 120a f B-VG nach den Prinzipien von durch Wahlen errichteten Vertretungen, „Parlamenten“, organisiert sind. Von diesem Ausgangspunkt sind Verhinderungen an der Vertragsleistung jener Personen, im Fokus des Beitrages stehen AN, die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung von Wahlen übernehmen, zu beurteilen.

Unlängst wurde die Behauptung aufgestellt,* dass AG die Entgeltfortzahlung für Zeiten der Dienstverhinderung aufgrund Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen* (hier: in Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines Mitglieds einer AK-Wahlkommission) nicht zumutbar wäre.

Grundsätzlich besteht die im in obigen Beitrag angesprochene Problematik ja nicht nur bei Arbeiterkammerwahlen, sondern bei jeden nach demokratischen Prinzipien durchgeführten Wahlen. Es ist daher zunächst grundsätzlich die rechtliche Ausgestaltung der Funktion von Mitgliedern von Wahlkommissionen näher zu beleuchten.

1..
Charakter von öffentlich-rechtlichen Dienstverhinderungen aufgrund Mitgliedschaft in einer Wahlkommission

Bei der Rechtsstellung der Mitglieder der Wahlkommission ist bemerkenswert, dass in relevanten Normen überwiegend festgehalten wird, dass diese Tätigkeit ein (öffentliches) Ehrenamt darstellt, dessen Annahme dazu verpflichtend ist.*

Dieser Einordnung folgen – so weit feststellbar – grosso modo die Bestimmungen für die Wahlkommissionen der demokratischen Parlamente der gesetzlichen Interessenvertretungen. So normiert § 22 Abs 3 AKG 1992, dass jede kammerzugehörige Person verpflichtet ist, der Berufung Folge zu leisten und das Amt als Ehrenamt ausübt. Inhaltlich gleichlautend wurde von der (damaligen) Bundesministerin für Gesundheit und Frauen aufgrund der gesetzlichen Verordnungsermächtigung gem §§ 76 und 80a Ärztegesetz die Tätigkeit in den Wahlkommissionen normiert.* Im Rahmen der Wahlkommissionen der Wirtschaftskammern ist lediglich die Tätigkeit als Ehrenamt geregelt, eine Annahmepflicht wurde gesetzlich nicht statuiert.*

Die Länderrechte der Landarbeiterkammern sehen in Niederösterreich, Oberösterreich, Kärnten, Salzburg, Tirol inhaltlich gleichlautende Regelungen vor.*

In der Literatur und Judikatur ist unbestritten, dass verpflichtende öffentliche Ehrenämter jedenfalls eine Dienstverhinderung darstellen.*, * Da bereits das grundlegende Einverständnis der Person zur Bestellung als Laienrichter vom OGH als unbeachtlich für das Entstehen des Dienstverhinderungsanspruches gesehen wurde,* und die Annahme eines Amtes in den Wahlkommissionen verpflichtend ist – unabhängig davon, ob im Vorhinein die Zustimmung zur Annahme des Ehrenamtes signalisiert wurde –, ist von einer Dienstverhinderung aufgrund Gesetzes auszugehen. Diese Qualifizierung beinhaltet zunächst nur, dass das Unterbleiben der Arbeitsleistung durch die Ausübung des Ehrenamtes keine vertragliche Verfehlung gegenüber dem AG darstellt.

Da die Tätigkeit in Wahlkommissionen in der Regel kurzfristige Dienstverhinderungen darstellen, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen entstanden sind, unterliegen diese der Entgeltfortzahlung.*

Soweit das OLG Wien eine solche verneinte, handelte es sich bei dem zur Entscheidung stehenden Sachverhalt um eine Nebentätigkeit als Funktionär, welcher an regelmäßig einmal im Monat stattfindenden Sitzungen teilnahm und dafür eine Funktionsgebühr von € 1.100,- im Monat erhielt.* Diese E lässt sich aufgrund des Sachverhaltes einer 425fortgesetzten, regelmäßigen Tätigkeit mit kurzfristigen, oft nur einen Tag dauernden Teilnahmen in Wahlkommissionen nicht vergleichen.

2..
Entschädigungen für die Tätigkeit in Wahlkommission, Entgelt oder Aufwand?

Viele Normen, die Wahlen zu Vertretungskörpern regeln, enthalten Bestimmungen, die Entschädigungsansprüche von Wahlkommissionsmitgliedern betreffen. So verweist § 20 Nationalrats-Wahlordnung (NRWO) für etwaige Ansprüche der Mitglieder der Wahlkommissionen auf das Gebührenanspruchsgesetz,* wobei die Regelungen für Zeugen, Sachverständige, Dolmetscher, Geschworene, Schöffen anzuwenden sind (§ 20 Abs 2 NRWO).

Das Wirtschaftskammergesetz 1998 sieht in § 81 Abs 7 vor, dass den Mitgliedern der Wahlkommissionen erwachsende Barauslagen auf Antrag zu vergüten sind. Diese Vergütung kann auch pauschaliert werden.

Die Regelung des § 22 Abs 3 AKG 1992 sieht einen Anspruch auf eine angemessene Entschädigung vor. § 2 Abs 5 und 6 NÖ LAK-WO sehen im Ausmaß der tatsächlichen Inanspruchnahme ebenfalls einen Entschädigungsanspruch für Mitglieder der Wahlbehörde vor, wenn sie wegen dieser Tätigkeit verhindert sind, ihrem Erwerb nachzugehen. In der niederösterreichischen Landesarbeiterkammerwahlordnung wird diese Entschädigung im Gegensatz zum AKG 1992 aber insofern näher definiert, dass die Höhe des Tag- oder Stundengeldes unter sinngemäßer Anwendung der Landesreisegebührenvorschrift festzusetzen ist und somit arbeitsrechtlich jedenfalls einen reinen Aufwandersatz darstellt. Ebenso definiert die Ärztekammer-Wahlordnung 2006 einen durch den (Ärzte-)Kammervorstand festzusetzenden pauschalen Aufwandsentschädigungsanspruch für die Tätigkeit in den Wahlkommissionen.* Soweit in anderen Wahlordnungen keine expliziten Normen zum Ersatz von Aufwendungen für Mitglieder von Wahlkommissionen enthalten sind,* greift die allgemeine Bestimmung von § 1014 ABGB für einen Anspruch eines Aufwandersatzes ein.*

Ist der Begriff der angemessenen Entschädigung von § 22 Abs 3 AKG 1992 nun unbestimmt und auslegungsbedürftig, ergibt sich aus der systematischen Betrachtung der explizit getroffenen Entschädigungsregeln für Wahlkommissionsmitglieder, dass der Gesetzgeber mit dem Ausdruck „angemessener“ Entschädigung jedenfalls nur die Gebührlichkeit eines pauschalen Aufwandersatzes normieren wollte, da in jenen Wahlordnungen, die spezielle Entschädigungsregeln vorsehen, entweder die Festsetzung eines pauschalen Aufwandersatzes für die Tätigkeit in Wahlkommissionen obligatorisch oder neben der Geltendmachung des tatsächlichen Aufwands optional vorgesehen ist. Diese einschlägigen Normen stellen daher kein Entgelt, sondern lediglich Aufwandersatzregelungen dar.

3..
Schaden, pauschale Aufwandsentschädigung bzw die Qualifikation als Entgelt, der Entgeltfortzahlungspflicht aufgrund der Dienstverhinderung?

Zwar ist, wie oben dargestellt, davon auszugehen, dass (pauschale) Aufwandersätze als Entschädigung für ihre Tätigkeit den Mitgliedern von Wahlkommissionen gewährt werden; da der OGH bereits 1969, damals zu einer gesetzlichen Dienstverhinderung aufgrund des WehrG, judizierte, dass eine Entschädigung, die unabhängig von einem Verdienstentgang oder allfälligem Vermögen gewährt wird, nicht ohne ausdrückliche Anrechnungsbestimmung vom AG auf eine eventuelle Entgeltfortzahlungspflicht angerechnet werden darf,* ist aus Sicht der Entgeltfortzahlungspflicht des AG der Charakter des gegenständlichen Entschädigungsanspruches unbeachtlich: Darf nicht einmal eine Anrechnung ohne ausdrückliche Gesetzesbestimmung vorgenommen werden, ist der gänzliche Entfall der Entgeltfortzahlungspflicht aufgrund dieser Dienstverhinderung jedenfalls ausgeschlossen.

2003 bejahte der OGH in weiterer Anwendung dieser Rechtsansicht dann den Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem AG aufgrund der Dienstverhinderung eines Laienrichters am Arbeits- und Sozialgericht, auch wenn dieser einen zusätzlichen Anspruch aufgrund des Gebührenanspruchsgesetzes ohne Nachweis eines Verdienstentgangs geltend machen kann.*

4..
Zusammenfassung

Die Ausübung von Ehrenämtern in Wahlkommissionen stellt einen gesetzlichen Dienstverhinderungsgrund dar. Unabhängig davon, ob diese Tätigkeit einen Anspruch auf (richtigerweise) Aufwandersatz oder sogar Entgelt auslöst, unterliegt diese Dienstverhinderung der uneingeschränkten Entgeltfortzahlungspflicht iSv § 8 Abs 3 AngG bzw § 1154b Abs 5 ABGB.426

5..
Die steuerliche Behandlung von Entschädigung aufgrund öffentlich-rechtlicher Dienstverhinderungen

Mitglieder einer Wahlbehörde sind Organwalter:innen. Erhalten diese Personen (die nicht in einem Dienstverhältnis zu dieser Körperschaft öffentlichen Rechts stehen) für die Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes eine (angemessene) Entschädigung, unabhängig von der sonstigen rechtlichen Qualifizierung als Aufwandersatz, handelt es sich hierbei um Sonstige Einkünfte gem § 29 Z 4 EStG, dh Funktionsgebühren.

Körperschaften öffentlichen Rechts sind verpflichtet, für jedes Mitglied der Wahlbehörde eine sogenannte § 109a EStG-Meldung an das Finanzamt zu übermitteln, wenn die Funktionsgebühr inkl Reisekostenersätze mehr als € 900,- im Kalenderjahr bzw mehr als € 450,- pro Leistung beträgt.

Bei den Funktionsgebühren nach § 29 Z 4 handelt es sich um außerbetriebliche Einkünfte/Nebeneinkünfte; diese sind nicht sozialversicherungspflichtig. In der Umsatzsteuer sind Funktionär:innen als „Nichtunternehmer:innen“ fingiert.

In der Einkommensteuer werden außerbetriebliche Einkünfte als Überschuss über die Werbungskosten nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip gem § 19 EStG ermittelt, Werbungskosten können zB Reisekosten sein. Darüber hinaus wird es kaum Ausgaben geben, die mit der Funktion in Verbindung stehen, evtl noch anteilige Telefon- oder Internetkosten. Nicht als Ausgaben anerkannt werden Spenden oder sonstige Repräsentation, wie Essenseinladungen.

Es besteht kein Anspruch auf Pauschalierungen,* die Rz 772 der VereinsR 2001, die € 75,- pro Monat als pauschale Ausgaben vorsieht, ist in diesem Zusammenhang nicht anwendbar.* Ebenso wenig darf die Basispauschalierung gem § 17 Abs 1 EStG oder die Kleinunternehmerpauschalierung gem § 17 Abs 3a EStG in Anspruch genommen werden und auch kein Gewinnfreibetrag gem § 10 EStG.

Sind im Jahreseinkommen ansonsten ausschließlich lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten und übersteigen als einzige Nebeneinkünfte die Funktionsgebühren abzüglich Werbungskosten (= Überschuss) den Betrag von € 730,- nicht, fallen diese unter den Veranlagungsfreibetrag gem § 41 Abs 1 EStG und müssen somit nicht an das Finanzamt erklärt werden.

Gibt es bereits andere Nebeneinkünfte oder übersteigt der Überschuss aus Funktionsgebühren allein € 730,-, dann sind diese Sonstigen Einkünfte dem Finanzamt mittels Einkommensteuererklärung (E1) bis 30.6. des Folgejahres (bzw als Papierformular bis 30.4. des Folgejahres) zu erklären. Der ermittelte Überschuss ist im E1-Formular unter der KZ 804 einzutragen.

Des Weiteren ist zu beachten, dass Werbungskosten im Zusammenhang mit Funktionen niemals zu einem Verlust dieser Einkunftsart führen dürfen. 427