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Kein Entgeltfortzahlungsanspruch während verpflichtender 14-tägiger selbstüberwachter Heimquarantäne nach Einreise aus dem Ausland ohne Vorlage eines Corona-Tests

DAVIDKOXEDER
OGH 17.2.2022, 9 ObA 153/21x

Der ungarischstämmige Kl war bei der Bekl als Monteur beschäftigt. Die Bekl teilte ua dem Kl am 18.3.2020 mit, dass er vorerst zu Hause bleiben solle, weil nicht sicher sei, ob auf der Baustelle weitergearbeitet werden könne. Daraufhin reiste der Kl am darauffolgenden Tag mit seiner Familie nach Ungarn, um zwei Wochen Urlaub zu machen. Am 29.3.2022 kehrte er wieder nach Österreich zurück und begab sich 14 Tage in selbstüberwachte Heimquarantäne.

Nach § 1 Abs 1 der am 10.3.2020 kundgemachten und am 11.3.2020 in Kraft getretenen VO des BM für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über Maßnahmen der Einreise aus Italien mussten Personen, die aus diesem Land nach Österreich einreisen wollten, ein (nicht älter als vier Tage altes) ärztliches Zeugnis über ihren Gesundheitszustand mit sich führen und einen negativen molekularbiologischen Test auf SARS-CoV-2 vorweisen. Davon abweichend wurde bestimmten Personen, ua jenen, die ihren Haupt- und Nebenwohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben und sich zu einer unverzüglich anzutretenden 14-tägigen selbstüberwachten Heimquarantäne verpflichten, die Einreise erlaubt. Im Falle, dass ein währenddessen durchgeführter molekularbiologischer Test auf SARS-CoV-2 negativ ist, konnte die Heimquarantäne beendet werden. Diese Verpflichtungen wurden mit VO vom 18.3.2020, in Kraft getreten am 20.3.2020, auf die Länder Deutschland, Ungarn und Slowenien ausgedehnt.

Mit der gegen die Bekl eingebrachten Klage machte der Kl eine Compensandoforderung auf Entgeltfortzahlung für den Zeitraum seines Auslandsaufenthalts von acht Arbeitstagen geltend. Die Vorinstanzen wiesen die Forderung des Kl mit der Begründung, der Kl habe seine Dienstverhinderung leicht fahrlässig verschuldet, weil er sich weder zum Zeitpunkt des Antritts seiner Ausreise aus Österreich noch während seines Aufenthalts in Ungarn mit den entsprechenden Einreisebestimmungen auseinandergesetzt habe, ab. Diese Verpflichtung habe nach Ansicht der Vorinstanzen ua deshalb bestanden, weil aufgrund des damaligen Pandemiegeschehens mit Einreisebeschränkungen zu rechnen war.

Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts an den OGH gerichtete außerordentliche Revision des Kl wurde vom OGH mangels Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung als unzulässig zurückgewiesen.

Der OGH begründete seine Rechtsmeinung damit, dass gem § 1154b Abs 5 ABGB der DN ferner den Anspruch auf das Entgelt behält, wenn er durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der Dienstleistung verhindert wird. Bereits leichte Fahrlässigkeit schließt den Entgeltanspruch des AN aus, wobei leichte Fahrlässigkeit einem AN vorzuwerfen ist, wenn er es an der (gemessen an den jeweiligen Umständen des Einzelfalls) notwendigen Sorgfalt mangeln lässt. Der AN muss – ausgehend von einer objektiven ex-ante-Betrachtung – alle ihm zumutbaren Vorkehrungen treffen, um ein pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz zu ermöglichen. Zudem ist nach herrschender Rsp jedermann verpflichtet, sich Kenntnis von den ihn nach seinem Lebenskreis betreffenden Gesetzesvorschriften zu verschaffen, andernfalls die Pflichtverletzung zu einem Verschuldensvorwurf führt, wenn 213bei gehöriger Sorgfaltsanwendung eines Durchschnittsmenschens die Rechtskenntnis in zumutbarer Weise erlangt werden hätte können.

Nach Ansicht des OGH bewegt sich die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts im Rahmen der obgenannten Grundsätze und es besteht kein Korrekturbedarf, sodass mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage die außerordentliche Revision des Kl zurückzuweisen war.