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Kein Rechtsanspruch auf Prämie bei ausdrücklichem Unverbindlichkeitsvorbehalt

CHRISTOSKARIOTIS

Die Bekl teilte in den letzten Jahren jeweils mittels einer Betriebsmitteilung mit, dass das vorangegangene Geschäftsjahr – allenfalls sehr – zufriedenstellend oder positiv gewesen sei und sie sich bei ihrem Personal mit einer Prämie bedanken wolle. Deren Auszahlung erfolge „unverbindlich, einmalig und auf freiwilliger Basis, ohne wie immer geartete Rechtsansprüche für die Zukunft“. Sie stehe nur jenen Mitarbeitern zu, „welche zum Zeitpunkt der Auszahlung in einem aufrechten, ungekündigten Dienstverhältnis stehen und mindestens 6 Monte im vergangenen Geschäftsjahr mitgewirkt haben“. Am 1.10.2020 erfolgte eine solche Betriebsmitteilung für das Geschäftsjahr 2019, dies unter Ankündigung, dass die Auszahlung gemeinsam mit dem November-Entgelt erfolge.

Der Kl war vom 1.2.2019 bis zum 31.1.2020 bei der Bekl angestellt. Das Arbeitsverhältnis endete durch AN-Kündigung. Die Bekl verweigerte dem Kl die Auszahlung der Prämie unter Hinweis da­rauf, dass es an einem unaufgekündigten Dienstverhältnis fehle.

Die Vorinstanzen bestätigten den Rechtsstandpunkt der Bekl.

Der OGH bestätigte die vorinstanzlichen Entscheidungen und führte aus, dass ein AG, der sich bei wiederkehrenden Leistungen an seine AN für die Zukunft nicht binden will, einen entsprechenden Vorbehalt erklären muss (jüngst OGH 3.5.2021, 8 ObA 5/21z). Ein solcher Unverbindlichkeitsvorbehalt weist darauf hin, dass eine Leistung freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bzw ohne Einräumung eines Anspruchs auf eine zukünftige Leistungserbringung gewährt wird. Auch durch die wiederholte Gewährung soll kein Rechtsanspruch für die Zukunft entstehen. Es soll dem AG von Fall zu Fall überlassen bleiben, neu zu entscheiden, ob und in welcher Höhe er die Leistung weiter gewähren will. Der Unverbindlichkeitsvorbehalt muss ausdrücklich und unmissverständlich erklärt werden (OGH 24.2.2009, 9 ObA 113/08w).

Ein solcher Unverbindlichkeitsvorbehalt liegt hier mit aller Deutlichkeit vor.

Der OGH hat etwa bereits entschieden, dass durch den Vorbehalt, dass eine Prämie freiwillig und unpräjudiziell für die Folgejahre sowie „je nach Lage des Unternehmens“ ausgezahlt werde, das Zustandekommen einer stillschweigenden Vereinbarung über die Auszahlung der Prämie für die Zukunft ausgeschlossen wird (OGH 4 Ob 13/81; ebenso Marhold in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG § 16 Rz 26). Die Entscheidungen der Vorinstanzen halten sich auch im Rahmen dieser Rsp. Nach OGH vom 9.5.1990, 9 ObA 101/90, berechtigt die Freiwilligkeit und Widerruflichkeit der Prämienleistung den AG, für künftige Zeiträume von der Prämiengewährung abzugehen. Bei Zusage einer Prämie für die Erreichung eines Erfolgs in einem bestimmten Zeitabschnitt dürfe er die Prämie aber nach Beginn dieses Zeitraums weder einseitig widerrufen noch die Zahlung von Bedingungen abhängig machen, deren Eintritt ausschließlich in seinem Einflussbereich liege. Ähnlich entschied der OGH in 9 ObA 94/91 vom 19.6.1991, dass bei einer das Ziel, den AN zu einer höheren Leistung anzuspornen und seine 451 Motivation zu einem besonderen Einsatz zu unterstützen, verfolgenden erfolgsorientierten Provisionsgewährung eine Vereinbarung, der zufolge der AG durch Ausspruch einer Kündigung den Anspruch des AN auf bereits verdientes Entgelt vernichten kann, eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen des AN bewirke.

Auch in der zum Fall eines Handelsvertreters, bei dem nach der vertraglichen Regelung die Mandanten-Bonifikation vom Erreichen bestimmter Mindesteinheiten abhing, ergangenen E vom 25.11.2014, 8 ObA 72/14t, hielt der OGH fest, es wäre nicht erlaubt, im Fall der Kündigung durch den Agenten das Entstehen der Prämie zusätzlich vom aufrechten Bestand des Vertragsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängig zu machen.

Im Unterschied zu diesen Fällen hat hier die bekl AG nicht – um die Belegschaft bzw konkret den Kl anzuspornen – vor Beginn eines bestimmten Zeitraums kundgetan, bei Erreichung etwa ganz bestimmter wirtschaftlicher Kennzahlen in diesem eine Prämie oder Provision oder Bonifikation auszuzahlen. Sie hat vielmehr immer erst im Nachhinein – nach einer von ihr pauschal vorgenommenen Beurteilung – das vergangene Geschäftsjahr als zufriedenstellend oder positiv bezeichnet und unter Hinweis darauf erklärt, sich mit der Prämie beim Firmenpersonal zu bedanken, und dies jeweils mit einem Unverbindlichkeitsvorbehalt. Die vorgenannten Entscheidungen sind damit nicht einschlägig.

Soweit sich der Kl auf den Rechtssatz RS0016661 beruft, wonach eine Vereinbarung, durch die der Anspruch auf die Treueprämie für das abgelaufene Dienstjahr vom ungekündigten Bestand des Dienstverhältnisses am darauffolgenden Stichtag abhängig gemacht wird, nichtig ist, so unterlässt er eine Auseinandersetzung mit dem von den Vorinstanzen ins Treffen geführten Argument, ihm fehle es gerade an einem „Anspruch“.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kl habe in der ersten Instanz nur behauptet, die Bekl habe beim Einstellungsgespräch „mit der jährlichen Prämie geworben“, nicht aber, dass es ihm gegenüber eine verbindliche Zusage oder Vereinbarung einer Prämie gegeben hätte, ist aus Sicht des OGH vertretbar, weshalb die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer wesentlichen Rechtsfrage zurückgewiesen wurde.