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Arbeiterzeiten sind für den Entgeltfortzahlungsanspruch gemäß § 8 Abs 1 AngG bei Abänderung in ein Angestelltendienstverhältnis zu berücksichtigen

FRANKHUSSMANN

Die AN war bei der AG von 17.9.2018 bis 15.12.2019 beschäftigt, und zwar zunächst als Arbeiterin und ab 1.5.2019 als Angestellte. Anlässlich des Wechsels der AN in das Angestelltenverhältnis wurde in einer neuen Vertragsurkunde vom 17.4.2019 hinsichtlich „Beginn und Dauer“ festgehalten (Pkt 1.): „Das Dienstverhältnis begann am 17.09.2018 als Arbeiterin in der Abteilung Bewachung. Ab 01.05.2019 wird das Dienstverhältnis in ein Angestelltendienstverhältnis umgewandelt.“

Von 21.6. bis zumindest 15.12.2019 befand sich die AN im Krankenstand. Die AG zahlte ihr an Entgeltfortzahlung ab Beginn des Krankenstands über sechs Wochen (bis 1.8.2019) das volle und über weitere vier Wochen (bis 30.8.2019) das halbe Entgelt.

Die AN begehrte daraufhin eine weitere Entgeltfortzahlung für den Zeitraum von 17.9. bis 15.12.2019. Da ihr zweites Arbeitsjahr mit 17.9.2019 begonnen habe, habe sie ab diesem Zeitpunkt einen weiteren Anspruch auf ein volles Entgeltfortzahlungskontingent von acht Wochen voller und vier Wochen halber Entgeltfortzahlung erworben. Zwischen den Parteien habe seit 17.9.2018 durchgehend ein einheitliches Dienstverhältnis bestanden.

Die AG wandte gegen diese Ansicht ein, dass der Tag der Übernahme der AN in das Angestelltenverhältnis (1.5.2019) als Beginn des Arbeitsjahres anzusehen sei. Mit der Übernahme der AN in das Angestelltenverhältnis sei ein neuer Dienstvertrag abgeschlossen worden und in dem Zusammenhang seien Vordienstzeiten des Arbeiterdienstverhältnisses nicht auf Anspruchszeiträume nach § 8 AngG anzurechnen.

§ 8 Abs 1 AngG in der hier anzuwendenden Fassung (BGBl I 2017/153) lautet: „Ist ein Angestellter nach Antritt des Dienstverhältnisses durch Krankheit oder Unglücksfall an der Leistung seiner Dienste verhindert, ohne dass er die Verhinderung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, so behält er seinen Anspruch auf das Entgelt bis zur Dauer von sechs Wochen. Der Anspruch auf das Entgelt beträgt, wenn das Dienstverhältnis ein Jahr gedauert hat, jedenfalls acht Wochen; es erhöht sich auf die Dauer von zehn Wochen, wenn es fünfzehn Jahre, und auf zwölf Wochen, wenn es fünfundzwanzig Jahre ununterbrochen gedauert hat. Durch je weitere vier Wochen behält der Angestellte den Anspruch auf das halbe Entgelt.“

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren der AN statt und begründete dies damit, dass zwischen den Parteien ein einheitliches Dienstverhältnis bestanden habe, welches durch den Wechsel der AN in das Angestelltenverhältnis nicht unterbrochen gewesen bzw beendet worden sei. Das Berufungsgericht teilte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts und gab der Berufung der AG nicht Folge, erklärte aber die ordentliche Revision für zulässig. Der OGH wies die Revision der AG als zulässig aber unbegründet zurück.

Der OGH führte dazu zunächst aus, dass aufgrund des Wortlauts der zwischen den Parteien errichteten Vertragsurkunden das seit 17.9.2018 aufrecht bestandene Arbeiterdienstverhältnis mit 1.5.2019 in ein Angestelltendienstverhältnis „umgewandelt“ wurde. Damit war lediglich eine Vertragsänderung vorgenommen worden, das Vertragsband zwischen den Parteien bestand aber ununterbrochen weiter. Die AG meint zwar, dass mit der Übernahme der AN in das Angestelltenverhältnis ein neuer Dienstvertrag abgeschlossen worden sei, eine formelle Auflösung des bereits bestehenden Dienstverhältnisses mit 30.4.2019 behauptete allerdings auch die AG im erstinstanzlichen Verfahren nicht. Eine andere als auf eine schlichte 450Abänderung („Umwandlung“) abzielende Parteienabsicht stellte der OGH im vorliegenden Fall nicht fest.

Die für die rechtliche Bewertung des vorliegenden Falls anschließend relevante Frage, ob ein DN mindestens ein Jahr in einem Angestelltendienstverhältnis zum DG gestanden haben muss, um Anspruch auf die nach § 8 Abs 1 Satz 2 AngG erhöhte Dauer der Entgeltfortzahlung zu haben, hatte der OGH bislang nicht beantwortet.

Er schloss sich nunmehr der überwiegenden Auffassung im Schrifttum an, wonach § 8 Abs 1 AngG so auszulegen ist, dass als „Dienstzeiten“ grundsätzlich sämtliche Zeiten des aufrechten Arbeitsverhältnisses zum selben AG gelten, also auch Zeiten des AN als Arbeiter. Eine unterschiedliche Behandlung von Arbeiter- und Angestelltendienstzeiten ergibt sich nach Ansicht des OGH weder aus dem Wortlaut des § 8 AngG, der nicht einschränkend auf „Dienstzeiten als Angestellter“ abstellt, noch aus der mit der Gesetzesänderung BGBl I 2017/153verfolgten Intention des Gesetzgebers, das Entgeltfortzahlungsrecht der Angestellten und Arbeiter anzugleichen.

Zusammengefasst sind als „Dienstzeiten“ iSd § 8 Abs 1 AngG daher grundsätzlich sämtliche Zeiten des aufrechten ununterbrochenen Dienstverhältnisses zum selben DG zu verstehen, also auch Zeiten des DN als Arbeiter. Im vorliegenden Fall bedeutet dies nach Ansicht des OGH, dass das neue Arbeitsjahr der AN am 17.9.2019 begann und die AN mit diesem Zeitpunkt einen neuen Entgeltfortzahlungsanspruch hatte. Die Entscheidungen der Vorinstanzen erweisen sich daher als zutreffend und der unbegründeten Revision der AG war somit gemäß dem OGH nicht Folge zu leisten.