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Nachträgliche Genehmigung der Prozessführung muss zumindest implizit aus Gemeinderatsbeschluss hervorgehen

CHRISTINANEUNDLINGER

Nach einer Steuerprüfung durch das Finanzamt wurde die Gemeinde zur Entrichtung offener Lohnsteuer in Höhe von € 2.760,96 für ihren vormaligen Bürgermeister in Anspruch genommen. Der (nunmehrige klagende) Gemeinderat stimmte am 26.3.2019 einstimmig dafür, die zu leistende Lohnsteuernachforderung im Regresswege beim (nunmehrigen bekl) Bürgermeister einzufordern. Die Klagevertreterin brachte namens der Kl gegen den Bekl am 14.2.2020 eine auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Mahnklage ein. In Hinblick auf die für den 17.7.2020 anberaumte Tagsatzung ersuchte die Klagevertreterin die Kl um Abklärung, ob Vergleichsbereitschaft bestehe. Der Gemeinderat stimmte am 14.7.2020 einstimmig dafür, einem Vergleich mit dem Bekl nicht zuzustimmen.

Gegenstand des Zwischenstreits ist die Frage, ob die Klagevertreterin bei Einbringung der Klage wirksam die Kl vertrat oder ihr gerichtliches Einschreiten vom Gemeinderat zumindest nachträglich wirksam genehmigt wurde. Das Rekursgericht verneinte erstere Frage, bejahte aber, dass im Beschluss des Gemeinderates vom 14.7.2020 eine nachträgliche Genehmigung liege. Der OGH wies den außerordentlichen Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.

Eine Gemeinde ist nicht gehörig gesetzlich vertreten, wenn nach den für sie geltenden Organisationsvorschriften für die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ein Gemeinderatsbeschluss vorgesehen ist, dieser aber nicht vorliegt. Die Beschlussfassung des Gemeinderats muss sich auf einen bestimmten Rechtsstreit beziehen.

Der vom Gemeinderat der Kl am 26.3.2019 gefasste Beschluss bezog sich nicht auf einen bestimmten Rechtsstreit, sondern sah bloß allgemein vor, die Lohnsteuernachforderung beim Bekl einzufordern. Er ließ auch keinen Bezug auf die Klagevertreterin erkennen. Es fehlte damit – wie von den Vorinstanzen bereits erkannt – bei Einbringung der Klage an der Prozessvoraussetzung der gehörigen gesetzlichen Vertretung der Kl.

Der Mangel dieser Prozessvoraussetzung ist durch nachträgliche Genehmigung der Prozessführung durch den Gemeinderat iSd § 6 Abs 2 ZPO sanierbar. Beim Nachweis der nachträglichen Genehmigung handelt es sich um einen dem öffentlichen Recht zuzuordnenden Akt, für den die Gemeindeordnungen regelmäßig keine besondere Formvorschrift vorschreiben. Folglich reicht jede Urkunde aus, aus der für das Gericht mit ausreichender Sicherheit das Zustandekommen und der Inhalt des betreffenden Gemeinderatsbeschlusses ersichtlich sind.

Der Beschluss des Gemeinderates vom 14.7.2020 verfolgte eindeutig den Zweck, die Regressforderung gegen den Bekl ohne jegliche Einschränkung gerichtlich durch die Klagevertreterin zu verfolgen. Mag sich der Wortlaut des Beschlusses allein darauf gezogen haben, keinen Vergleich einzugehen, hat der Gemeinderat der Kl mit ihm doch auch kundgetan, mit dem gerichtlichen Einschreiten der Klagevertreterin im Namen der Kl einverstanden zu sein.

Folglich erachtete der OGH die Entscheidung des Rekursgerichts als nicht korrekturbedürftig. 470