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Schmutzzulage steht auch Arbeitnehmern zu, die im Bereich der Altpapierentsorgung tätig sind

RICHARDHALWAX
Pkt D.d der Lohn- und Zulagenordnung des KollV Güterbeförderungsgewerbe

Die Bekl ist ua im Bereich der Abfallwirtschaft tätig und führt Müllentsorgung mit eigenen Fahrzeugen durch. Auf die Dienstverhältnisse der Arbeiter, die in der Müllentsorgung mit Kraftfahrzeugen unterwegs sind, findet der KollV Güterbeförderungsgewerbe Anwendung. Einen Bestandteil desselben bildet die „Lohn- und Zulagenordnung“, die ua folgende Bestimmungen enthält:

„D. Erschwernis-, Gefahren- und Schmutzzulagen

[...]

c) Beim Einsammeln von Abfällen gem. § 2 Abfallwirtschaftsgesetz in der Fassung BGBl. Nr. I 102/2002, gebührt pro Arbeitnehmer und Einsatztag eine Zulage von € 16,19.

Die Zulage gebührt ausschließlich jenen Arbeitnehmern, die Abfälle händisch einsammeln und/oder Beladungen/Entladungen händisch durchführen und dabei einer besonderen körperlichen Anstrengung und Erschwernis unterliegen. Eine besondere körperliche Anstrengung und Erschwernis wird durch die Verwendung von einfachen, mechanischen Be- und/oder Entladehilfsmitteln, wie Hubwagen oder Transportrodel, nicht ausgeschlossen. Bei Be- und/oder Entladungen unter Verwendung von elektrischen/motorischen Hilfsmitteln besteht mangels besonderer körperlicher Anstrengung und Erschwernis kein Anspruch auf die Zulage.

d) Dienstnehmer erhalten für folgende Tätigkeiten eine Schmutzzulage von 10 % des jeweiligen KV-Lohnes:

  • Beseitigung von Müll und Fäkalien

  • Be- und Entladung oder Verpackung von offenen Gütern wie Erdfarbe, Häute, Hornabfälle, Gips, Glaswolle, Glasscherben, Kalk, Karbid, Kreide, Kunstdünger, Naphthalin, Ruß, Teersplitt, Zement und festen Brennstoffen

  • Dienstverrichtung in Werkstätten oder bei der Mülltrennung im Sinne der abfallrechtlichen Vorschriften bei erheblicher Verschmutzung der eigenen Person oder der Kleidung.

Die Schmutzzulage gebührt nicht bei mechanischer Be- und Entladung (ausgenommen Hausmüll, Mülltrennung und Fäkalien).“

Der kl Arbeits-BR begehrte nach § 54 Abs 1 ASGG gegenüber der Bekl festzustellen, „dass die in ihrem Betrieb beschäftigten Arbeiter, die im Bereich der Altpapierentsorgung tätig sind, Anspruch auf Schmutzzulage gemäß der Lohn- und Zulagenordnung des KollV Güterbeförderungsgewerbe laut Punkt D.d) im Ausmaß von 10 % des jeweiligen KV-Lohns haben“.

Die Bekl bestritt und nahm zusammengefasst den Rechtsstandpunkt ein, dass Altpapier weder Müll noch Hausmüll iSd KollV sei und damit keine Schmutzzulage anfalle. Mit seiner Entsorgung gehe auch keine erhebliche, eine Schmutzzulage erst rechtfertigende Verschmutzung der eigenen Person oder der Kleidung einher. Im Übrigen stelle die Bekl in Umsetzung von Pkt Art IV.5 des KollV den Arbeitern die Arbeitskleidung zur Verfügung und reinige sie auch, weshalb eine zusätzliche Schmutzzulage sachwidrig wäre.

Das Erstgericht trat im Ergebnis dem Rechtsstandpunkt des Kl bei und verurteilte die Bekl antragsgemäß. Das Berufungsgericht bestätigte 465dieses Urteil. Gegen das Berufungsurteil richtet sich die aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene ordentliche Revision der Bekl mit einem auf Abweisung der Klage gerichteten Abänderungs-, hilfsweise mit einem Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

Die Revision war aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Entgegen der Ansicht der Bekl regelt Pkt D.c) der Lohn- und Zulagenordnung des KollV nicht die Schmutzzulage, sondern eine Erschwerniszulage. Daraus, dass Pkt D.c) eine händische Tätigkeit und eine besondere körperliche Anstrengung verlangt, ist daher für die Frage, ob den Arbeitern hier eine Schmutzzulage nach Pkt D.d) zusteht, nichts zu gewinnen.

Die Bekl übersieht laut OGH, dass es sich dabei lediglich um eine in § 68 Abs 5 EStG 1988 genannte Voraussetzung handelt. Es handelt sich demnach um keine Voraussetzung für die Annahme einer Schmutzzulage im arbeitsrechtlichen Sinne. Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Schmutzzulage richten sich allein nach dem KollV (bzw der BV). Dass die Arbeit in erheblichem Maß zwangsläufig eine Verschmutzung des DN und seiner Kleidung bewirkt, ist dem KollV als Voraussetzung für die Schmutzzulage nach Pkt D.d) erster Unterpunkt iVm letzter Satz nicht zu entnehmen.

Dem KollV ist ebenso wenig zu entnehmen, dass keine Schmutzzulage zustehe, wenn der AG dem AN Schutzkleidung zur Verfügung stellt und/oder die Reinigungskosten übernimmt. Die Schmutzzulage nach Pkt D.d) erster Unterpunkt besitzt – auch angesichts von Pkt IV.5. des KollV über die Verpflichtung des DG zur Zurverfügungstellung von Arbeitskleidung – nicht den Charakter einer Aufwandsentschädigung, sondern Entgeltcharakter. Sie soll doch abgelten, bei der Beseitigung von Müll mit Schmutz in Kontakt zu kommen (vgl OLG Wien10 Ra 66/09p ARD 6063/4/2010; LGZ Wien44 Cg 24/64 Arb 7899).

Die Annahme der Bekl, wenn Altpapier unter den Begriff „Müll“ subsumiert wird, könne es nicht zugleich unter den Begriff „Hausmüll“ subsumiert werden, überzeugt nicht.

Zumal den Arbeitern der Bekl iS von Pkt D.d) erster Unterpunkt der Lohn- und Zulagenordnung des KollV die „Beseitigung von Müll“, nämlich von Altpapier, als Tätigkeit obliegt, gebührt ihnen eine Schmutzzulage von 10 % des jeweiligen Kollektivvertragslohnes. Der letzte Satz der Bestimmung steht dem Anspruch nicht entgegen. Soweit es sich um Privathäuser handelt, liegt „Hausmüll“ vor. Soweit es sich um Gewerbekunden handelt, kann zwar kein „Hausmüll“ angenommen werden, es fehlt diesfalls aber, da die Gewerbekunden nach den Feststellungen das Altpapier zumindest zum Teil lose lagern, an einer die Schmutzzulage ausschließenden „mechanischen Beladung“.