153

Anfall der Erwerbsunfähigkeitspension – Ruhendmeldung des Gewerbes erforderlich

ALEXANDERPASZ

In einem Vorverfahren schloss der Kl mit der Bekl, der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) (damals noch: SVA der gewerblichen Wirtschaft) am 20.11.2018 einen Vergleich über eine befristete Erwerbsunfähigkeitspension nach § 133 Abs 2 GSVG für den Zeitraum von 1.4.2018 bis 31.3.2020, da er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr im Stande war, seine Tätigkeit als Immobilienmakler weiter auszuüben. Am 26.11.2018 meldete er das Immobilienmaklergewerbe bei der Gewerbebehörde ruhend. Mit Bescheid vom 2.9.2019 sprach die Bekl aus, dass die zuerkannte Erwerbsunfähigkeitspension erst mit dem Tag nach der Ruhendmeldung, dem 27.11.2018, anfalle. Gegen diesen Bescheid führte der Kl das gegenständliche Verfahren.

Der Kl argumentierte, er habe seine berufliche Tätigkeit bereits im März 2018 faktisch beendet, sodass ihm die Pension bereits ab April 2018 zustehe. Die Bekl wandte dagegen ein, dass der Kl die Tätigkeit, aufgrund der er als erwerbsunfähig gelte, erst mit 26.11.2018 ruhend gemeldet und daher erst mit diesem Tag aufgegeben habe. Die Erwerbsunfähigkeitspension könne daher gem § 55 Abs 2 Z 2 lit b GSVG erst am 27.11.2018 anfallen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Auch das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl nicht Folge.

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl zurück und stellte Folgendes fest:

Die Bestimmung des § 55 Abs 2 Z 2 lit b GSVG besagt, dass für den Anfall einer Pension aus dem Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit nach § 133 Abs 2 GSVG die Aufgabe der die Pflichtversicherung in der PV nach dem GSVG begründenden Erwerbstätigkeit erforderlich ist, die für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit maßgeblich war. Diese Regelung dient der Vermeidung von Missbräuchen. Es soll verhindert werden, dass neben dem Bezug einer Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit die bisherige Tätigkeit weiterhin ausgeübt wird (ErläutRV 72 BlgNR 20. GP 247; RS0116849 [T1]).

Der Kl war als Immobilienmakler selbständig tätig und hatte auch die hierfür notwendige Gewerbeberechtigung als Immobilientreuhänder (vgl § 94 Z 35, § 117 GewO 1994) und war damit gem § 2 Abs 1 und 2 WKG Mitglied der Wirtschaftskammer. Diese Mitgliedschaft begründet die Pflichtversicherung in der PV gem § 2 Abs 1 Z 1 GSVG. Die Pflichtversicherung in der PV beginnt für diese Versicherten gem § 6 Abs 3 Z 1 GSVG mit dem Tag der Erlangung einer die Pflichtversicherung begründenden Berechtigung und endet gem § 7 Abs 2 Z 1 GSVG mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die die Pflichtversicherung begründende Berechtigung erloschen ist. Der Bestand der Pflichtversicherung in der PV hängt daher im vorliegenden Fall von der Gewerbeberechtigung ab. Die Frage, ob der Kl einen Erwerb aus dieser Berechtigung erzielt, ist für die Versicherungspflicht in der PV nach dem GSVG irrelevant.

Die faktische Aufgabe der selbständigen Tätigkeit bedeutet daher keine Aufgabe iSd § 55 Abs 2 Z 2 lit b GSVG. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Bestimmung ergibt sich, dass eine vollständige Aufgabe der die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit, die für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit maßgeblich war, in den Fällen des § 2 Abs 1 Z 1 GSVG nur vorliegt, wenn die faktische Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit mit der Beendigung der Pflichtversicherung in der PV einhergeht.

Daher bestätigte der OGH die Entscheidungen der Vorinstanzen: Die Erwerbsunfähigkeitspension fällt erst mit Ruhendmeldung des Gewerbes als Immobilientreuhänder an, da damit die Pflichtversicherung des Kl in der PV gem § 4 Abs 1 Z 4 GSVG endet.

317