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Ersatzpflicht des Arbeitnehmers für die Kosten eines mehrtägigen Detektiveinsatzes bei vermutetem Fehlverhalten im Krankenstand

DAVIDKOXEDER

Der Bekl befand sich in der Vergangenheit regelmäßig im Krankenstand. Nachdem er neuerlich eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung eines praktischen Arztes vom 29.4. bis 10.5. vorlegte, beauftragte der mittlerweile von „Scheinkrankenständen“ ausgehende Kl eine Detektei, den Bekl ab dem Morgen des 3.5., einem Freitag, bis auf Weiteres zu observieren. Hierbei wurde der Bekl beobachtet, wie er sich gegen Mittag von zu Hause abholen ließ, in weiterer Folge in ein Kaffeehaus fuhr, dieses mit seinen Begleitern gegen 15:30 Uhr verließ und um 1:48 Uhr des Folgetags nach Hause zurückkehrte. Als dies dem Kl am Samstag von der Detektei mitgeteilt wurde, wies er diese nicht zur Einstellung ihrer Arbeit an. Die darauffolgende Observierung des Kl ergab für den Samstag und den Sonntag ein ähnliches Bild, woraufhin sich der Kl mit der Beendigung der Überwachung einverstanden erklärte und den Bekl am 7.5. entließ. 278

Der Kl begehrte den Ersatz der von ihm getragenen Detektivkosten von € 7.983,30 (netto). Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsansicht, dass der Schadenersatzanspruch nicht nur dem Grunde nach, sondern auch hinsichtlich der Überwachungskosten am zweiten und dritten Tag zu Recht bestehe. Es begründete dies im Wesentlichen mit der Gefahr, dass der Bekl bei Nachweis bloß eines einmaligen Verstoßes gegen seine Pflichten im Krankenstand diesen Verstoß zu rechtfertigen versuchen könnte.

Der OGH sah in der gegen das klagsstattgebende Berufungsurteil erhobenen außerordentlichen Revision des Bekl keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO und hielt in seiner rechtlichen Beurteilung ua fest, dass einem AG dann der Ersatz von Nachforschungskosten im Rahmen eines adäquaten typischen Kausalzusammenhangs zusteht, wenn der AN zunächst ausreichende Anhaltspunkte für ein vertragswidriges, den Interessen des AG zuwiderlaufendes Verhalten gegeben hat, die den AG veranlassten, sich durch geeignete Nachforschungen noch weitere Klarheit zu verschaffen. Der Anspruch hängt von der Notwendigkeit der getätigten Aufwendungen ab. Ein Kostenersatz besteht somit nur, wenn es des Detektiveinsatzes bedurfte und der Einsatz objektiv notwendig erschien. Dort, wo die Überwachung offensichtlich überflüssig und erkennbar unzweckmäßig ist, besteht kein dementsprechender Anspruch. Insofern hat der AN nur jene Kosten zu ersetzen, die bis zum Vorliegen eines sicheren Beweises für sein Fehlverhalten entstehen. Davon abgesehen sind Detektivkosten nur insoweit ersatzfähig, als sie im Verhältnis zum gerechtfertigten konkreten Informationsinteresse nicht als unangemessen erscheinen. Im Übrigen hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob und inwieweit die Voraussetzungen für den Zuspruch von Detektivkosten vorliegen, sodass abseits von einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts und dem Abgehen vom OGH aufgestellten Leitlinien grundsätzlich keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegt.

Der OGH hielt auch fest, dass – entgegen der Ansicht des Bekl – es keinen Grundsatz im Arbeitsrecht gibt, Detektivkosten automatisch dann als überhöht anzusehen, wenn sie das monatliche Einkommen des Ersatzpflichtigen „um ein Vielfaches übersteigen“. Der im gegenständlichen Fall konkret begehrte Betrag ist weder existenzbedrohend noch erscheint nach Ansicht des OGH eine dreitägige Überwachung des Kl überzogen; dies nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der für den AG mit einem Krankenstand durch die Entgeltfortzahlung einhergehende Kostenbelastung.

Der OGH gab daher der außerordentlichen Revision des Bekl nicht Folge