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Bereinigungswirkung eines Vergleichs erstreckt sich auch auf nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge

MANFREDTINHOF

Zwischen den Streitteilen wurde ein Vergleich geschlossen, welcher auch eine Generalklausel enthielt, nach der sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bereinigt und verglichen sein sollten. Streitgegenständlich war im vorliegenden Verfahren, ob sich der Vergleich auch auf nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge bezieht.

Bereits vor dem Abschluss des Vergleichs war die Frage der Nicht- bzw Nachentrichtung von Beiträgen zur SV des Kl Verhandlungsgegenstand der Streitteile, wurde aber im Vergleich nicht behandelt. Der Kl machte Schadenersatzansprüche auf Grund der unterbliebenen Anmeldung zur SV geltend, welche aber abgewiesen wurden. Im Revisionsverfahren behauptete der Kl auch die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, da er die oben genannte Thematik im Zuge der Vergleichsverhandlungen erkennbar übersehen habe, ihm aber keine Gelegenheit zur Erörterung und Äußerung gegeben worden sei (§ 182a ZPO).

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl zurück und hielt fest, dass die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt. Die Bekl hat sich bereits in erster Instanz ausdrücklich auch auf die Bereinigungswirkung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleichs berufen. Dem Kl war es daher möglich, seinen Prozessstandpunkt dementsprechend zu überprüfen und allenfalls weitere Konsequenzen zu ziehen. Die Gerichte sind auch nach § 182a ZPO nicht verpflichtet, eine Partei zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen bereits der Prozessgegner aufzeigte.

Der allgemeine Vergleich erstreckt sich auch auf Fälle, an die die Parteien nicht gedacht haben, sofern sie zumindest daran denken konnten. Ausgenommen sind lediglich Ansprüche, mit deren späterem Entstehen die Parteien trotz Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt nicht rechnen konnten. Im Zweifel bezieht sich ein Vergleich auf alle gegenseitigen Forderungen, an die die Parteien denken konnten. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass sich die Bereinigungswirkung des mit einer Generalklausel versehenen Vergleichs auch auf die nunmehr geltend gemachten Schadenersatzansprüche erstreckte, hält sich im Rahmen der stRsp.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die sich aus dem ASVG ergebende Verpflichtung der Bekl nicht Gegenstand einer privatrechtlichen Disposition sein konnte, macht doch der Kl einen Schadenersatzanspruch geltend. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass es für den Kl bereits bei Vergleichsabschluss auf der Hand lag, dass sich aus der unterbliebenen Anmeldung allenfalls Schadenersatzansprüche gegen die Bekl ergeben könnten, ist unbedenklich.

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