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Schriftformgebot für Geltendmachung bei sonstigem Verfall gilt nicht für Anerkenntnis

KLAUSBACHHOFER
Art XX.1 KollV Eisen- und metallverarbeitendes Gewerbe

Der Kl war von November 2014 bis Ende März 2018 beim Bekl als Monteur tätig. Das Beschäftigungsverhältnis unterlag dem KollV für ArbeiterInnen im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe, nach dessen Pkt XX.1. alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis bei sonstigem Verfall innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit bzw Bekanntwerden – wenn sie nicht anerkannt werden – schriftlich geltend gemacht werden müssen. Die dem Kl zugesagte verfahrensgegenständliche Prämie wurde im August 2017 fällig, Ende Dezember 2017 vom Bekl anerkannt, im Juni 2018 vom Kl telefonisch erneut angesprochen und von ihm im Juli 2018 schriftlich geltend gemacht.

Da der Bekl die Prämie dennoch nicht zahlte, machte der Kl sie klagsweise geltend. Der Bekl wandte daraufhin ein, dass der Anspruch auf Zahlung der Prämie bereits verfallen sei.

Die Vorinstanzen erachteten den Klagsanspruch als nicht verfallen und gaben dem Klagebegehren statt.

In seiner außerordentlichen Revision meint der Bekl, dass ein (hier deklaratives) Anerkenntnis, wenn es sich als Alternative für die Wahrung der Verjährungsfrist aus der kollektivvertraglichen Verfallsfrist ergebe, dem Schriftformgebot entsprechen müsse.

Der OGH fasste zunächst seine Rsp zur Wirksamkeit eines Anerkenntnisses zusammen, wonach es genügt, dass der Gläubiger auf Grund eines bestimmten Sachverhalts ernstlich den Bestand einer Forderung behauptet und dass der Schuldner die Zweifel an dem Bestand der Forderung durch sein Anerkenntnis wie bei einem Vergleich beseitigt. Voraussetzung für die Wirksamkeit des Anerkenntnisses ist nur, dass die vollständige Verwirklichung des Tatbestands des anerkannten Grundverhältnisses als möglich angesehen wurde, dass das Anerkenntnis ernstgemeinte Feststellung ist. Das konstitutive Anerkenntnis bedarf keiner besonderen Form; es kann auch stillschweigend erfolgen. Auch das deklarative Anerkenntnis bedarf keiner Schriftform.296

Konkret auf den Fall bezogen ergibt sich laut OGH entgegen der Ansicht des Bekl ein Schriftformerfordernis auch nicht aus dem Wortlaut oder dem Zweck der genannten kollektivvertraglichen Bestimmung. Diesbezüglich ist ihr nur zu entnehmen, dass die Notwendigkeit der schriftlichen Geltendmachung (nicht: Begründung) von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis auf jene Fälle beschränkt ist, in denen kein Anerkenntnis vorliegt. Damit ist aber auch nicht ersichtlich, warum gerade die Wirksamkeit eines Anerkenntnisses von der Einhaltung einer Schriftform abhängig sein sollte.

Der Bekl wollte einen Verfall des Anspruchs aber auch darauf stützen, dass zwischen dem Anerkenntnis und der schriftlichen Geltendmachung der Prämie mehr als sechs Monate verstrichen sind.

Nach Ansicht des OGH kann allerdings die vorliegende Klausel nur dahin verstanden werden, dass die Geltendmachung der gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis dann, wenn sie anerkannt werden, nicht von der statuierten Voraussetzung einer schriftlichen Geltendmachung innerhalb der sechsmonatigen Verfallsfrist abhängt. Da der Anspruch hier Ende Dezember 2017 vom Bekl anerkannt und im Juni 2018 vom Kl (erneut) mündlich geltend gemacht wurde, stellt sich die vom Bekl aufgeworfene Frage zur Einhaltung der Verfallsfrist nicht.

Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass der Klagsanspruch nicht verfallen ist, erschien dem OGH daher nicht korrekturbedürftig.