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GSVG-versicherter Einzelunternehmer: Kein Anspruch auf Insolvenz-Entgelt auch bei dienstnehmerähnlicher Tätigkeit

MARGITMADER

Der vorliegenden E liegt folgender, aus den Ausführungen des OGH nicht hervorgehender Sachverhalt zugrunde: Der Kl führte als selbständiger Einzelunternehmer einen Sägewerksbetrieb. Er übernahm immer wieder Aufträge von der späteren Gemeinschuldnerin. Nach Abschluss der Aufträge legte er Rechnungen unter Beifügung seiner ATU-/UID-Nummer. Aufgrund der Erkrankung eines Vorarbeiters wurde er vom Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin ersucht, temporär „in dessen Betrieb auszuhelfen“. Über ein Anstellungsverhältnis wurde dabei nicht gesprochen. Der Kl erklärte sich damit einverstanden und bekam den Schlüssel für das Betriebsgelände ausgehändigt. Er war in der Früh als Erster im Betrieb anwesend, um aufzusperren und die übrigen Arbeiter hereinzulassen. Er wies die Arbeiter auch fachlich an und erteilte Arbeitsaufträge. Er hatte fixe Arbeitszeiten und war seinerseits an die Weisungen des Geschäftsführers gebunden. Nach Beendigung seiner Tätigkeit wurde das Insolvenzverfahren über die Auftraggeberin eröffnet. Der Kl meldete seine offenen Forderungen für den Zeitraum von 1.10. bis 19.11.2018 im Insolvenzverfahren an und beantragte Insolvenz-Entgelt der IEF-Service GmbH. Er brachte vor, im gegenständlichen Zeitraum als Arbeiter beschäftigt gewesen zu sein. Die IEF-Service GmbH wies den Antrag des Kl ab; dieser sei als Einzelunternehmer tätig gewesen und habe somit keinen Anspruch auf Insolvenz-Entgelt.

Das dagegen gerichtete Klagebegehren wurde abgewiesen. Die außerordentliche Revision des Kl wurde vom OGH mit folgender Begründung zurückgewiesen:

Ein Arbeitsvertrag ist vor allem durch die persönliche Abhängigkeit des AN gekennzeichnet, die292 sich in organisatorischer Gebundenheit, insb hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle äußert. Im Zweifel ist entscheidend, ob im Rahmen einer Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, kommen daher stets die jeweiligen Umstände des Einzelfalls zum Tragen.

Nach § 1 Abs 1 IESG sind auch freie DN iSd § 4 Abs 4 ASVG den AN gleichgestellt. Die Eigenschaft als freier DN iS dieser Bestimmung ist durch die Verpflichtung zur dauerhaften, regelmäßig wiederkehrenden, im Wesentlichen persönlichen Erbringung von Dienstleistungen aufgrund eines freien Dienstvertrags ohne persönliche Abhängigkeit charakterisiert.

Der sozialrechtliche Begriff des freien DN nach § 4 Abs 4 ASVG, an den § 1 Abs 1 IESG anknüpft, ist aber insofern enger als der arbeitsrechtliche, als er Personen ausnimmt, die aufgrund ihrer im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses erbrachten Tätigkeit bereits nach § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 Gewerbliches Sozialversicherungsgesetz (GSVG), § 2 Abs 1 Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) oder nach § 2 Abs 1 und 2 Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz (FSVG) versichert sind.

Diese Ausnahme traf unstrittig auf den Kl zu, der als Einzelunternehmer Mitglied der Wirtschaftskammer war und im Rahmen seines Unternehmens Rechnungen für die bei der Schuldnerin getätigten Arbeiten legte. Da er auch während seiner Tätigkeit für die Gemeinschuldnerin durchgehend bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft für Kärnten sozialversichert war, bestand keine Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs 4 ASVG.

Der Kl ist daher weder als AN noch als freier DN iSd § 4 Abs 4 ASVG zu qualifizieren – und zwar unabhängig davon, ob seine Tätigkeit für sich allein betrachtet die Erfordernisse eines freien Dienstverhältnisses erfüllt hätte. Mangels AN-Eigenschaft bestand kein Anspruch auf Insolvenz-Entgelt.