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Rückzahlung von Ausbildungskosten durch Arbeitnehmerin ohne schriftliche Vereinbarung gem § 2d AVRAG: Anspruch auf Rückforderung

CHRISTINANEUNDLINGER

Die als Sekretärin beschäftigte Kl absolvierte über Ersuchen der bekl AG und unter Zusicherung der Kostenübernahme von 9.9. bis 16.10.2019 einen externen Buchhaltungskurs. Ab 1.11.2019 war die Kl dann auch im Bereich der Buchhaltung der Bekl eingesetzt. Über Ersuchen der Kl wurde das Dienstverhältnis am 31.12.2019 einvernehmlich aufgelöst. Am 17.1.2020 ersuchte der Geschäftsführer der Bekl die Kl, die Kurskosten zu bezahlen, weil das der Kl durch die Ausbildung vermittelte Wissen für die Bekl keinen Nutzen mehr habe. Daraufhin bezahlte die Kl den Betrag von € 560,- an die Bekl. Erst später erfuhr sie, dass eine Vereinbarung über einen Ausbildungskostenrückersatz der Schriftform bedurft hätte. Die Kl begehrte von der Bekl die Rückzahlung der Kurskosten in Höhe von € 560,–.

Die Vorinstanzen verpflichteten die Bekl zum Rückersatz des von der Kl geleisteten Kursbetrags (§ 1431 ABGB). Die mangelnde Schriftform der bloß mündlich getroffenen Rückzahlungsvereinbarung führe zu ihrer Unwirksamkeit. Da bei Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts auch keine Naturalobligation entstehe, sei der Formmangel auch nicht durch die Zahlung der Kl geheilt. Die Bekl machte in der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision geltend, dass der Formmangel nicht zur Nichtigkeit der Vereinbarung führe, weil der Zweck des Schriftlichkeitsgebots, dem/der AN ersichtlich und transparent zu machen, welche finanziellen Verpflichtungen auf ihn/sie bei Beendigung des Dienstverhältnisses zukommen, in der vorliegenden Konstellation nicht mehr schlagend werde. Die Kl könne daher die von ihr freiwillig geleistete Zahlung nicht mehr zurückfordern (§ 1432 ABGB). Der OGH wies die Revision mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gem § 502 Abs 1 ZPO zurück.

Soll der/die AN iSd § 2d Abs 2 erster Satz AVRAG zum Rückersatz von Ausbildungskosten verpflichtet werden, so muss zwischen AG und AN noch vor einer bestimmten Ausbildung eine schriftliche Vereinbarung darüber geschlossen werden. Die Verletzung des Schriftformerfordernisses führt zur (gänzlichen) Unwirksamkeit (Nichtigkeit) der Vereinbarung.289

Nach Lage des Falls haben die Parteien keine Ausbildungskostenvereinbarung geschlossen. Dadurch, dass die Kl nach Beendigung des Dienstverhältnisses über Initiative der Bekl den Betrag von € 560,- zurückzahlte, haben die Parteien auch nicht die für einen Ausbildungskostenrückersatz nach § 2d Abs 2 AVRAG erforderliche Vereinbarung „nachgeholt“. Die Kl zahlte über Aufforderung der Bekl, weil sie erkennbar der unrichtigen Ansicht war, dazu auch ohne besondere Vereinbarung nach § 2d AVRAG verpflichtet zu sein. Damit hat sie aber im Ergebnis die Zahlung von € 560,- aus einem von der Bekl veranlassten Rechtsirrtum heraus grundlos geleistet. Das darauf gegründete Rückforderungsbegehren der Kl ist daher nach § 1431 ABGB berechtigt. Auf Überlegungen zur mangelnden Form und Aliquotierung kommt es nicht an.