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Kindeseigenschaft bei Absolvieren eines Studiums: Durchschnittlich pro Studienjahr erreichte ECTS-Punkte stellen kein Kriterium für Zielstrebigkeit des Studiums dar

ELISABETHHANSEMANN

Mit Bescheid vom 17.10.2018 wurde die Waisenpension des 1994 geboren Kl ab 1.11.2018 vor- läufig eingestellt und mit Bescheid vom 5.12.2018 mit Ablauf des Monats September 2018 schließlich entzogen und ein entstandener Überbezug iHv € 1.593,68 zurückgefordert. Der Kl forderte die Weitergewährung der Waisenpension im gesetzlichen Ausmaß über den 1.11.2018 hinaus und die Feststellung, dass kein Rückforderungsanspruch aus dem Titel der Waisenpension zugunsten der Bekl bestehe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kl habe im Zeitraum 1.10.2017 bis 31.10.2018 lediglich zwei Prüfungen im Wintersemester 2017/18 im Umfang von 3,5 Semesterwochenstunden positiv abgelegt. Von einem ernsthaften und zielgerichteten Studium kann nicht ausgegangen werden, wenn nach 9 Semestern nur knapp die Hälfte der erforderlichen 180 ECTS-Punkte zur Absolvierung des Bachelor-Studiums erreicht werden, wenn die Mindeststudiendauer 6 Semester betrage.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl nicht Folge. § 252 Abs 2 Z 1 lit b ASVG verweise statisch auf § 2 Abs 1 lit b FLAG idF BGBl 1992/311. Nach dieser Bestimmung komme es für die Beurteilung, ob ein Studium ernsthaft und zielstrebig verfolgt wird, nicht auf die Anzahl erreichter ECTS-Punkte an, sondern ausschließlich auf die Ablegung von Prüfungen in jedem Studienjahr des ersten Studienabschnitts im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden.

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl mangels Voraussetzung des § 502 Abs 1 ZPO zurück.

Mit seinen Ausführungen zeigt der Revisionswerber nach Ansicht des OGH nicht auf, aus welchen 39 Gründen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes unrichtig sei. Darin hält der Revisionswerber an seinem Argument fest, dass es nicht am Studienerfolg in den einzelnen Abschnitten eines Studiums zu messen sei, ob ein Studium erfolgreich und zielstrebig betrieben werde. Es müsse eine Gesamtbetrachtung der im Durchschnitt pro Jahr erbrachten ECTS-Punkte angestellt werden, da der Kl bei einer Berücksichtigung des Studienerfolges alleine im Studienjahr 2017/18 gegenüber Studierenden, die vermeintlich leichtere Prüfungen gestaffelt ablegen, ungerechtfertigt benachteiligt wäre. Der OGH stellt dazu klar, dass die Ausführungen des Berufungsgerichtes zutreffend sind: Der statische Verweis des § 252 Abs 2 Z 1 lit b ASVG auf den § 2 Abs 1 lit b FLAG idF BGBl 1992/311war eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 1996/201, der im Bereich der SV die Rechtslage im Bereich der Angehörigeneigenschaft für Studierende nach dem FLAG 1967 idF BGBl 1992/311 beibehalten wollte. Die auf dieser Fassung des FLAG beruhende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts rügt der Kl in seiner außerordentlichen Revision nicht, wenn er sich auf die von ihm durchschnittlich erreichten „ECTS-Punkte“ für seinen Standpunkt beruft, denn dieses Kriterium für die Zielstrebigkeit eines Studiums enthält § 2 Abs 1 lit b Satz 12 FLAG erst seit der Novelle BGBl I 2007/90BGBl I 2007/90.