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Vorliegen einer intakten Schwangerschaft bzw eines entwicklungsfähigen Embryos irrelevant für Kündigungsschutz gem § 10 MSchG

CHRISTINANEUNDLINGER

Am 16.11.2016 teilte die Kl ihrer Vorgesetzten den auf Grund eines positiven Schwangerschaftstests bestehenden Verdacht mit, schwanger zu sein. Die Schwangerschaft konnte am 21.11.2016 ärztlich nicht bestätigt werden, weil weder ein Embryo noch ein Herzschlag sichtbar waren. Auf Grund der in weiterer Folge festgestellten niedrigen Beta-HCG-Werte zeichnete sich eine Fehlgeburt ab. Am 5.12.2016 war die Schwangerschaft der Kl endgültig beendet. Es ist nicht feststellbar, ob zu irgendeinem Zeitpunkt ein entwicklungsfähiger Embryo vorhanden war, der abgegangen war, oder ob es sich zu keinem Zeitpunkt um eine intakte entwicklungsfähige Schwangerschaft gehandelt hat. Die Bekl sprach mit Schreiben vom 25.11.2016, welches der Kl am 29.11.2016 zuging, die Kündigung aus. Die Kl begehrte die Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses zur Bekl.

Das Berufungsgericht erachtete die Kündigung der Kl gem § 10 Abs 1 MSchG für rechtsunwirksam. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Bekl mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.

Der Kündigungsschutz gem § 10 Abs MSchG kommt nur dann zum Tragen, wenn im Zeitpunkt der Kündigung eine Schwangerschaft tatsächlich schon eingetreten ist. Der Gesetzgeber stellt auf den schützenswerten Zustand der Frau ab der grundsätzlich zu einer Geburt führenden Empfängnis bis zum Eintritt der Geburt ab, weil die Schutzbedürftigkeit für die Dauer dieses veränderten körperlichen Zustandes der Frau unabhängig davon besteht, ob schon eine Einnistung des befruchteten Eies in die Gebärmutterschleimhaut stattgefunden hat und ob der Nachweis der Schwangerschaft leicht zu erbringen ist. Maßgeblich in Hinblick auf den Kündigungsschutz gem § 10 MSchG ist die mit Vereinigung der Ei- und Samenzelle begonnene Schwangerschaft. Dass im vorliegenden Fall eine Befruchtung stattgefunden hat, war hier aus der festgestellten Fehlgeburt zu erschließen. Hingegen ist es irrelevant, ob eine „intakte“ Schwangerschaft und ein entwicklungsfähiger Embryo vorlagen oder ein schwangerschaftsähnlicher Zustand wie etwa bei einer Eileiterschwangerschaft gegeben war.

Die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung iSd § 10 MSchG scheitert hier auch nicht daran, dass der Bekl die Schwangerschaft nicht bekannt gewesen wäre. Denn dafür genügt die Mitteilung der AN, wahrscheinlich schwanger zu sein, wenn sie im Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich schwanger war.

Ausgehend von einer endgültigen Beendigung der Schwangerschaft am 5.12.2016 ist die Feststellung des Berufungsgerichtes, dass die am 29.11.2016 zugestellte Kündigung auf Grund eines zu diesem Zeitpunkt aufrechten Kündigungsschutzes gem § 10 Abs 1 MSchG rechtsunwirksam sei, somit nicht korrekturbedürftig.