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Ex-lege-Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund langen Krankenstands – Verständigung des Behindertenausschusses

MARTINACHLESTIL

Der Sachverhalt, soweit er für die im Rekursverfahren zu klärende Rechtsfrage von Relevanz ist, stellt sich wie folgt dar: Die Kl war ab 1.12.2010 bei der bekl AG als Vertragsbedienstete beschäftigt. Sie befand sich ab 7.9.2016 durchgehend in Krankenstand. Mit Schreiben vom 23.5.2017 wurde sie von der bekl AG darauf hingewiesen, dass gem § 60 Abs 9 Salzburger L-VBG das Ende ihres Dienstverhältnisses mit Ablauf des 6.9.2017 bevorstehe. Dieser Regelung zufolge endet das Dienstverhältnis, wenn eine Dienstverhinderung wegen Krankheit ein Jahr gedauert hat, mit Ablauf dieser Frist ex lege, es sei denn, dass eine Fortsetzung vereinbart wurde.

Am 3.8.2017 stellte die Kl einen Antrag auf Anerkennung als begünstigte Behinderte iSd BEinstG. Mit Bescheid des Sozialministeriums vom 9.11.2017 wurde festgestellt, dass die Kl aufgrund ihres am 3.8.2017 eingelangten Antrags ab demselben Tag dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört.

Nach § 8a BEinstG ist im Falle einer Ex-lege-Beendigung des Dienstverhältnisses eines/einer begünstigt behinderten Bediensteten einer Gebietskörperschaft wegen langer Dienstverhinderung infolge Krankheit vorgesehen, dass der Behindertenausschuss spätestens drei Monate vor Ablauf der Frist von Amts wegen zu verständigen ist. Der Behindertenausschuss hat zur Zweckmäßigkeit einer Vereinbarung über die Fortsetzung des Dienstverhältnisses Stellung zu nehmen. Die Beendigung des Dienstverhältnisses wird – ungeachtet der dienstrechtlichen Vorschriften – frühestens drei Monate nach Einlangen der Verständigung beim Behindertenausschuss wirksam.

Vom OGH war im vorliegenden Fall zu prüfen, ob in der gegebenen Konstellation – Rückwirkung der Zuerkennung der Rechtsstellung einer begünstigten Behinderung auf einen Zeitpunkt, der zwar vor dem Ablauf der Jahresfrist des § 60 Abs 9 Salzburger L-VBG, zugleich aber weniger als drei Monate vor diesem Termin lag – eine Verständigungspflicht nach § 8a BEinstG (spätestens drei Monate vor Ablauf der Jahresfrist des § 60 Abs 9 L-VBG) besteht bzw ob die Nichtverständigung zu einem Hinausschieben des Endigungstermins führt.

Anders als bei der Kündigung ist nach § 8a BEinstG die Beendigung des Dienstverhältnisses nicht von einer Zustimmung des Behindertenausschusses abhängig, diesem kommt vielmehr nur beratende Funktion zu. Die Sanktion, dass das Dienstverhältnis frühestens drei Monate nach Einlangen der Verständigung beim Behindertenausschuss endet, dient78 nur insoweit den Interessen des DN, als dadurch ein gesetzeskonformes Verhalten des AG erreicht werden soll, um die Stellungnahme des Behindertenausschusses auch tatsächlich zu ermöglichen. Der Behindertenausschuss hat aber, anders als bei der Kündigung, grundsätzlich keine Möglichkeit, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verhindern.

Insofern stellt diese Bestimmung eine Ergänzung zu der Regelung dar, dass der Vertragsbedienstete vom AG rechtzeitig auf das bevorstehende Ende des Dienstverhältnisses hinzuweisen ist. Das bezweckt, dem DN die Chance zu bieten, vor Fristablauf allenfalls eine vertragliche Verlängerung des Dienstverhältnisses zu erwirken. Bei begünstigten Behinderten wird diese „Chance“ zusätzlich durch die Stellungnahme des Behindertenausschusses gefördert und unterstützt.

Dieser Zweck, die Stellung des behinderten Vertragsbediensteten zu verbessern, indem der Behindertenausschuss beigezogen wird, kann aber nicht erreicht werden, wenn zum relevanten Zeitpunkt (drei Monate vor Ablauf der Frist) nicht nur keine Obliegenheit des AG zur Verständigung bestand, sondern eine Verständigung auch nicht geeignet gewesen wäre, eine Stellungnahme des Behindertenausschusses zu erreichen. Daran ändert auch die Rückwirkung der Zuerkennung der Stellung als begünstigter Behinderter nichts. Die Begünstigung nach dem BEinstG konnte frühestens mit dem Zeitpunkt der Antragstellung wirksam werden. Liegt dieser Zeitpunkt – wie im vorliegenden Fall – aber nach dem Zeitpunkt, zu dem der AG nach § 8a BEinstG hätte tätig werden müssen, um die Jahresfrist zu wahren, kann der Umstand, dass der AG den Behindertenausschuss nicht verständigt hat, nicht zu einem Hinausschieben des Beendigungstermins führen.

Allein der Umstand, dass die Bekl den Behindertenausschuss nicht verständigt hat, hindert daher die Ex-lege-Beendigung nicht.