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Entlassung eines Betriebsratsmitglieds bei Ehrverletzungen nur, wenn eine sinnvolle Zusammenarbeit mit Betriebsinhaber nicht mehr zu erwarten ist.

MARTINACHLESTIL

Der Bekl ist Vertragsbediensteter der Erstkl und wurde der Zweitkl von Gesetzes wegen zur Dienstleistung zugewiesen. Bei dieser ist er als Straßenbahnfahrer tätig und Mitglied ihres BR. Auf Grund einer feindseligen Äußerung des Bekl klagten die Kl auf Zustimmung zur Entlassung, in eventu zur Kündigung.

Die Vorinstanzen wiesen das Begehren der Kl ab. Dagegen erhoben die Kl außerordentliche Revision. Sie brachten vor, dass keine Rsp zur Frage existiere, ob eine Beleidigung gegen Vertretungsorgane der Erstkl durch Bedienstete, die mittels Zuweisungsgesetz der Zweitkl zugewiesen sind, eine Ehrverletzung gegen den Betriebsinhaber iSd § 122 Abs 1 Z 5 ArbVG darstellt. Der OGH wies die Revision aus folgenden Gründen zurück:

Der Tatbestand des § 122 Abs 2 Z 5 ArbVG erfordert für die Zustimmung zur Entlassung eines Betriebsratsmitglieds, dass sich das Betriebsratsmitglied Tätlichkeiten oder erhebliche Ehrverletzungen gegen den Betriebsinhaber (ua) zuschulden kommen lässt, sofern durch dieses Verhalten eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Betriebsratsmitglied und Betriebsinhaber nicht mehr zu erwarten ist. Gegenüber den allgemeinen einschlägigen Entlassungstatbeständen des § 27 Abs 6 AngG und des § 82 lit g GewO (erhebliche Ehrverletzung) ist zusätzlich entscheidend, inwieweit durch die Ehrverletzung die betriebsverfassungsrechtliche Zusammenarbeit zwischen Betriebsinhaber und Betriebsratsmitglied beeinträchtigt wird; eine sinnvolle Zusammenarbeit setzt voraus, dass beide Teile ungeachtet der Ehrverletzung weiterhin in der Lage sind, den von ihnen im gemeinsamen Zusammenwirken zu erfüllenden gesetzlichen Aufgaben gerecht zu werden.

Da die Kl ein entsprechendes Vorbringen dazu, aus welchen Gründen eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen dem Bekl und dem Betriebsinhaber im Hinblick auf die behaupteten Ehrverletzungen nicht mehr zur erwarten sei, nicht erstattet haben, hatte bereits das Berufungsgericht eine Verwirklichung des Tatbestands gem § 122 Abs 2 Z 5 ArbVG verneint. Auf die Frage der Definition des „Betriebsinhabers“ und die Beurteilung einzelner Ehrverletzungen iSd § 122 Abs 1 Z 5 ArbVG musste der OGH daher nicht weiter eingehen, sind sie doch für die Verwirklichung dieses Entlassungstatbestands vom Ausschluss einer weiteren sinnvollen Zusammenarbeit abhängig.

Der OGH kam daher letztlich zu dem Ergebnis, dass so verwerflich die feindseligen Äußerungen des Bekl auch sind, die Kl damit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigen, die einer Beurteilung durch den OGH bedürfte.