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Satzungsmäßige Kostenzuschüsse für Zahnbehandlungen

CHRISTAMARISCHKA

Der Kl litt an einer Entzündung des Zahnfleisches und insb des Zahnhalteapparates im Zahnhalsbereich in allen vier Quadranten. Er suchte zur Behandlung einen Wahlarzt auf. Für die im Jänner 2014 erbrachten Leistungen stellte der Wahlarzt mit seiner Honorarnote folgende Positionen in Rechnung: einen Parodontalbefund und einen MBU-Test (Anm: ein mikrobiologischer Befund dient der Untersuchung zum Nachweis von Bakterien), insgesamt in Summe € 169,50.244

Die Bekl ersetzte dem Kl die Position „Parodontalbefund“ als Beratung/Untersuchung entsprechend Position 1 der Honorarordnung für die VertragszahnärztInnen mit € 9,52 (das sind 80 % von € 11,90), weil diese Leistung ausreichend und zweckmäßig war, der MBU-Test überschritt jedoch das Maß des Notwendigen.

Für den Behandlungszeitraum zwischen März und April 2014 wurden folgende Positionen in Rechnung gestellt: eine Mundhygienesitzung, drei Parodontalbehandlungen, eine Curettage, eine Full Mouth Desinfektion, ein Interdentalhalter Duo sowie zwei Nachfüllpackungen Interdentalbürsten, in Summe € 805,50. Diese Leistungen waren ausreichend und zweckmäßig, lediglich die Full Mouth Desinfektion überschritt das Maß des Notwendigen, für die Positionen Interdentalhalter Duo und Nachfüllpackung Interdentalbürsten begehrte der Kl keinen Kostenersatz.

Die Bekl ersetzte dem Kl für die Leistungen gem Anhang 2 Pkt 1 Z 4 ihrer Satzung („Parodontale Initialtherapie zur Vor- und Nachbehandlung einer Zahnfleischerkrankung bei Grad 3 oder 4 der Parodontalen Grunduntersuchung [PGU] laut Österreichischer Gesellschaft für Parodontologie, pro Sextant € 54,–) den Betrag von € 270,– (5 x € 54,–).

Im September 2014 erstellte der Wahlarzt einen neuerlichen Parodontalbefund. Dafür stellte er mit Honorarnote folgende Position in Rechnung: Kontrolle nach Parodontitisbehandlung und Endbefund in Höhe von € 111,30. Die Bekl ersetzte dem Kl die Kosten einer Beratung/Untersuchung gem Position 1 der BHO 2014 mit € 9,52 (das sind 80 % von € 11,90).

Hinsichtlich der Kostenerstattungen der drei genannten Honorarnoten wurden von der Bekl drei Bescheide erlassen und diese vom Kl mit dem Begehren, sämtliche in den angeführten Honorarnoten genannten Positionen – mit den bereits genannten Ausnahmen – als Kosten einer zweckmäßigen und notwendigen Heilbehandlung zu erstatten. geklagt. Der Kl führte aus, dass er seit Jahren bei der Bekl in der KV selbstversichert sei und im Jahr 2012 Zahlungen in Höhe von € 4.315,68 an die Bekl geleistet habe. In den kommenden Jahren sei es zu Tariferhöhungen gekommen, sodass die Bekl zur Kostentragung verpflichtet sei.

Die Bekl wandte dagegen zusammengefasst ein, dass sie zur Kostenerstattung nur nach Maßgabe ihrer Satzung verpflichtet sei. Der danach dem Kl zustehende Kostenersatz sei ihm bereits überwiesen worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit € 54,– statt und wies das Mehrbegehren von € 713,16 ab. Im Umfang der Stattgebung des Klagebegehrens und der Abweisung eines Mehrbegehrens von € 57,50 erwuchs die Entscheidung in Rechtskraft.

Das vom Kl nur mehr im Umfang von € 655,66 angerufene Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass es aussprach, dass die Bekl schuldig sei, dem Kl für die Inanspruchnahme der zahnärztlichen Behandlung durch seinen Wahlarzt laut Honorarnoten verrechneten und bezahlten Gesamtbetrag von € 1.086,30 binnen 14 Tagen insgesamt € 343,04 zu erstatten; das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Das OLG führt in seiner Entscheidung aus, dass auch wenn man davon ausginge, dass die vom Kl in Anspruch genommenen ärztlichen Leistungen zweckmäßig, notwendig und solche der konservierenden Zahnbehandlung daher Pflichtleistungen seien, die Bekl lediglich verpflichtet sei, die dafür entstandenen Kosten nach Maßgabe der Satzung zu erstatten, weil es sich dabei um außervertragliche Leistungen handle. Die vom Wahlarzt des Kl erbrachten Leistungen schienen weder in der verbindlichen BHO 2014 noch im Sachleistungskatalog des Anhangs 1 der Satzung der Bekl auf. Für den Fall des Fehlens einer vertraglichen Regelung könne die Satzung für eine bestimmte zahnärztliche Behandlung einen Kostenersatz in Form von Kostenzuschüssen vorsehen. Die entstandenen Kosten müssen dabei aber nicht vollständig, sondern nur innerhalb der satzungsmäßigen Grenzen erstattet werden.

Die dagegen erhobene Revision des Kl wird vom OGH zurückgewiesen. Er führt dazu aus, dass die Versicherungsträger die Möglichkeit haben, die Erstattung von Kosten für außervertragliche Leistungen betragsmäßig zu begrenzen, wodurch der sozialversicherungsrechtliche Leistungsanspruch – für die Versicherten vorhersehbar – modifiziert wird, was umso mehr für den Bereich der Zahnbehandlung gilt, für den gem § 153 Abs 1 ASVG die Eingrenzung und Konkretisierung des Leistungsanspruches selbst ausdrücklich der Satzung übertragen ist. Der VfGH hegt dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (RIS-Justiz RS0108529). Der OGH weist wie das Berufungsgericht darauf hin, dass es statthaft ist, dass der Krankenversicherungsträger für außervertragliche Leistungen nicht den üblichen Marktpreis zu ersetzen hat, sondern nur Zuschüsse nach Maßgabe der Satzung leisten muss. Dem Einwand des Kl, dass für ihn als gem § 16 ASVG freiwillig Versicherten die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts anwendbar seien, hält der OGH entgegen, dass sich die Einrichtung der freiwilligen Selbstversicherung in der KV als eine solche des öffentlichen Rechts darstellt und daher kein privatrechtlich zu beurteilender Versicherungsvertrag zugrunde liegt.245