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Keine Arbeitslosigkeit bei Wechsel von vollversichertem auf geringfügiges Dienstverhältnis beim selben Dienstgeber

BIRGITSDOUTZ

Ein Arbeitsloser bezog mit Unterbrechungen vom 12.4.2013 bis 14.6.2014 Arbeitslosengeld und von 15.6.2014 bis 30.9.2015 Übergangsgeld. Während des Leistungsbezugs war er bis 31.7.2015 beim Unternehmen H beschäftigt. In den Monaten Februar, Juni und Dezember 2014 – nicht aber in den anderen Monaten – bezog der Arbeitslose aus dieser Tätigkeit ein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze. Die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze ergab sich im Februar durch eine vom DG ausbezahlte Prämie, in den Monaten Juni und Dezember aus der Erbringung von Mehrstunden. Gegenüber dem Arbeitsmarktservice (AMS) war nur eine geringfügige Beschäftigung gemeldet worden.

Das AMS widerrief mit Bescheid vom 29.3.2016 das Arbeitslosengeld für den Zeitraum 1.3. bis 14.6.2014 und forderte € 3.446,06 zurück. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag wurde auch das238 Übergangsgeld für den Zeitraum vom 15.6.2014 bis 30.9.2015 widerrufen und der Arbeitslose zur Rückzahlung des zu Unrecht erhaltenen Übergangsgeldes in Höhe von € 19.908,57 verpflichtet.

Gegen beide Bescheide brachte der Arbeitslose Beschwerde ein und führte begründend aus, dass er dem AMS das geringfügige Dienstverhältnis gemeldet habe. Er habe nicht gewusst, dass Überstunden und Prämien zum Einkommen zählen und es damit zu einer Vollversicherung durch Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze kommen könne.

Das BVwG bestätigte den Widerruf des Arbeitslosengeldes, schränkte aber den Rückforderungszeitraum und die Höhe der Rückforderung ein. Der Gesetzgeber habe durch die Bestimmung § 12 Abs 3 lit h AlVG klarstellen wollen, dass Arbeitslosigkeit nur dann vorliege, wenn das vorangegangene Beschäftigungsverhältnis tatsächlich beendet werde, dass aber eine bloße „Umwandlung“ des Beschäftigungsverhältnisses keine Arbeitslosigkeit bewirke. Davon könne allerdings im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, da der Beschwerdeführer grundsätzlich durchgängig nur geringfügig beschäftigt war und es nur in einzelnen Monaten aufgrund von „Mehrstunden“ bzw einer Prämie zur Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze gekommen sei – für diese Monate entfalle der Anspruch. Nach § 12 Abs 3 lit h AlVG stehe auch im auf die Vollversicherung folgenden Monat kein Arbeitslosen- bzw Übergangsgeld zu. Aus dem Gesetz ergebe sich allerdings nicht, dass eine Rückforderung über den gesamten Zeitraum, den ein Arbeitsloser im Anschluss an eine vollversicherungspflichtige Beschäftigung bei demselben DG beschäftigt ist, erfolgen kann.

Der VwGH gab der vom AMS gegen diese E eingebrachten Revision statt und hob das angefochtene Erk auf. Die Ausübung einer geringfügigen Tätigkeit iSd § 5 Abs 2 ASVG schließt in den in § 12 Abs 6 AlVG näher festgelegten Grenzen Arbeitslosigkeit iSd § 12 Abs 1 AlVG grundsätzlich nicht aus, egal ob sie noch während der aufrechten (anwartschaftsbegründenden oder die Arbeitslosigkeit nach § 12 Abs 3 AlVG ausschließenden) Erwerbstätigkeit oder erst nach deren Beendigung aufgenommen wird, sofern keine Pflichtversicherung in der PV vorliegt. Nach § 12 Abs 3 lit h AlVG gilt jedoch nicht als arbeitslos, wer beim selben DG eine geringfügige Beschäftigung aufnimmt, es sei denn, dass zwischen der vorhergehenden und der neuen (geringfügigen) Beschäftigung ein Zeitraum von mindestens einem Monat gelegen ist. Es entspricht der Rsp des VwGH, dass die vom Gesetzgeber angenommene Missbrauchsmöglichkeit des vom jeweiligen Bedarf des AG abhängigen Wechsels des AN in ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis bei (teilweiser) Substitution des Entgeltausfalles durch Arbeitslosengeld indiziert ist, wenn zwischen einem vollversicherten Beschäftigungsverhältnis und einer späteren geringfügigen Beschäftigung beim selben DG ein Zeitraum von weniger als einem Monat liegt. Für eine Interpretation des § 12 Abs 3 lit h AlVG dahingehend, dass eine innerhalb eines Monats an die vollversicherte Beschäftigung anschließende geringfügige Beschäftigung beim selben DG nach Ablauf eines Monats dem Eintritt der Arbeitslosigkeit nicht mehr entgegenstehen sollte, besteht in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts dieser Bestimmung kein Raum (vgl in diesem Sinn VwGH 22.2.2012, 2009/08/0251). Daher ist auch im vorliegenden Fall in den auf die vollversicherte Beschäftigung in den Monaten Februar, Juni und Dezember 2014 folgenden Zeiträumen einer geringfügigen Beschäftigung beim selben DG – entgegen der Annahme des BVwG auch soweit diese einen Monat überschreiten – keine Arbeitslosigkeit anzunehmen.