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Eine ungünstige Zukunftsprognose zur Rechtfertigung der Kündigung einer Vertragsbediensteten ergibt sich nicht allein aus der Zahl der Krankheitstage oder einer Verschlechterung der Grundleiden

RICHARDHALWAX
§ 42 Abs 2 Z 2 Wr VBO 1995

Die Kl war bei der Bekl seit 29.3.1993 zunächst als Straßenbahnfahrerin, dann über ihren eigenen Wunsch wegen ihrer Wirbelsäulenbeschwerden ab 4.10.2012 im sogenannten Leichtdienst und ab 1.1.2014 als Kontrollorin beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis kamen die Bestimmungen der Wiener Vertragsbedienstetenordnung 1995 (Wr VBO 1995) zur Anwendung.

Die Kl befand sich im Jahr 2011 an 90 Tagen, 2012 an 51 Tagen, 2013 an 96 Tagen, 2014 an 112 Tagen, 2015 an 79 Tagen und 2016 an 15 Tagen in Krankenstand. Mit Schreiben vom 1.6.2016 kündigte die Bekl das Dienstverhältnis gem § 42 Abs 2 Z 2 Wr VBO 1995 zum 30.11.2016 auf. Gem § 42 Abs 2 Z 2 Wr VBO 1995 ist die Bekl zur Kündigung eines Vertragsbediensteten dann berechtigt, wenn dieser für die Erfüllung seiner Dienstpflichten gesundheitlich ungeeignet ist.

Die Kl begehrte mit ihrer Klage die Feststellung, dass das Dienstverhältnis über den 30.11.2016 hinaus fortbestehe. Bereits zum Kündigungszeitpunkt sei sie wieder dienstfähig gewesen, hat der Bekl vor Ausspruch der Kündigung aber nicht mitgeteilt, dass sie ihre gesundheitlichen Probleme mittlerweile überwunden hat. Nach zwei im Juni 2016 eingeholten Privatgutachten war sie in der Lage, die Tätigkeit als Kontrollorin (ohne Intensivkontrollen) auszuüben.

Die Kl blieb in beiden Instanzen erfolglos. Der OGH gab der von der Kl erhobenen außerordentlichen Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung statt und hob die Entscheidungen der Vorinstanzen wegen fehlenden Feststellungen auf.

Der festgestellte Sachverhalt bietet laut OGH keine tragfähige Grundlage für die Annahme, dass die von der Bekl vor Ausspruch der Kündigung der Kl – alleine auf Grundlage der vergangenen Krankenstände der Kl – erstellte negative Zukunftsprognose über die Dienstfähigkeit der Kl zutreffend war. Weder konnte eine ungünstige Zukunftsprognose allein aus einer anhaltend steigenden Zahl der Krankheitstage bei regelmäßigen Krankenständen (Reduktion der Krankenstandstage ab dem Jahr 2015) noch aus einer festgestellten objektivierten Verschlechterung der Grundleiden der Kl abgeleitet werden.

Nur wenn die Kl zum Kündigungszeitpunkt entweder grundsätzlich für ihre Arbeit körperlich ungeeignet oder aufgrund ihres damaligen Gesundheitszustands weiterhin mit überhöhten Krankenständen in der Zukunft zu rechnen war, dann war die Kündigung des Dienstverhältnisses wegen Verwirklichung des Kündigungsgrundes nach § 42 Abs 2 Z 2 Wr VBO 1995 berechtigt.

Diesbezüglich fehlten jedoch die erforderlichen Feststellungen. Der OGH hob daher die Urteile der Vorinstanzen auf.235