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Kein Schadenersatzanspruch, wenn der Arbeitgeber fälschlich, aber unverschuldet von der mangelnden Tauglichkeit des Arbeitnehmers iSd § 10 Abs 1 Z 2 und 3 StrabVO ausging

RICHARDHALWAX
§ 10 Abs 1 Z 2 und 3 StrabVO

Der Kl war bei der Bekl Betriebsbediensteter einer Straßenbahn. Er litt an einer konstitutionsbedingten Beeinträchtigung, die ihn in seiner Fähigkeit, Nachtdienste zu verrichten, einschränkte. Auf Grund dessen war er auch dienstfreigestellt. Die Bekl kündigte daraufhin das Dienstverhältnis zum Kl. Sie ging von der mangelnden Tauglichkeit des Kl iSd § 10 Abs 1 Z 2 und 3 StrabVO aus. Nach dem Attest des Direktionsarztes bestand keine Prognose für eine allfällige Rückbildung. Im Kündigungsverfahren wurde festgestellt, dass der Kl auch im streitgegenständlichen Zeitraum der Dienstfreistellung uneingeschränkt zur Verrichtung seines Dienstes fähig gewesen wäre. Der Kl erhob daraufhin Schadenersatzansprüche.

Der Kl blieb in beiden Instanzen erfolglos. Der OGH wies die erhobene Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zurück, weil die Beantwortung der Rechtsfrage von den Umständen des Einzelfalls abhängt und eine krasse Fehlbeurteilung der Vorinstanzen nicht festgestellt werden konnte.

Wesentlich für den im vorliegenden Revisionsverfahren erhobenen Schadenersatzanspruch ist es nicht, ob der Kl – wie im Kündigungsverfahren ex234 post festgestellt wurde – auch im streitgegenständlichen Zeitraum der Dienstfreistellung uneingeschränkt zur Verrichtung seines Dienstes fähig gewesen wäre, sondern ob die Bekl ein Verschulden daran trifft, dass sie ex ante von seiner mangelnden Tauglichkeit iSd § 10 Abs 1 Z 2 und 3 StrabVO ausgegangen ist. Der OGH hielt die Rechtsansicht der Vorinstanzen, die ein solches Verschulden verneint haben, zumindest nicht für unvertretbar. Im Hinblick auf die Verantwortung der Bekl für die Sicherheit der öffentlichen Verkehrsmittel und Leben und Gesundheit der Passagiere durfte sie die Angaben des Kl über Konzentrationsprobleme und wiederkehrende Anfälle von Sekundenschlaf nicht ignorieren.

Soweit die Revision meint, die Entscheidung der Bekl sei „ohne jedes Substrat“ getroffen worden, übergeht sie den Umstand, dass der Kl sich wegen seiner subjektiven Beschwerden immerhin der Mühe einer spitalsärztlichen Untersuchung unterzogen hatte, die in aller Regel einen nicht völlig unbedeutenden Leidensdruck indiziert.

Sofern der Kl zum Ausdruck bringen wollte, seine Beeinträchtigung hätte er übertrieben dargestellt, um seinem Wunsch nach einer Dienstplanänderung Nachdruck zu verleihen, kann er daraus ebenfalls keinen Vorwurf gegen die Bekl ableiten.