118

Anordnung zur Verwendung des Privat-PKW iSd Abschnitts VIII Pkt 14 KollV für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung auch konkludent möglich

DAVIDKOXEDER
KollV für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung

Der Kl war bei der Bekl, einem Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen, vom 17.6.2015 bis 4.5.2016 tätig und durchgehend an (lediglich) ein Beschäftigerunternehmen überlassen. Auf das Arbeitsverhältnis kam der KollV für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung zur Anwendung.

Die Parteien vereinbarten im schriftlichen Arbeitsvertrag ua, dass die An- und Abreise des Kl auf die Baustelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erfolgen hat und im Falle der Benutzung eines Privat-PKW kein Kilometergeld vergütet wird. Jedoch wurde in der am selben Tag von beiden Parteien unterfertigten Überlassungsmitteilung vereinbart, dass der Kl „Kilometergeld sf 0,11 € wöchentlich pro KM“ erhält.

Festgehalten wird, dass der Kl im Beschäftigerbetrieb abwechselnd in der Frühschicht (von 6:00 bis 14:00 Uhr) und in der Nachmittagsschicht (von 14:00 bis 22:00 Uhr) tätig war. Für die Anreise zu Beginn der Arbeitswoche und die Heimreise am Ende der Arbeitswoche bezahlte die Bekl dem Kl ein Kilometergeld von € 0,11 pro Kilometer. Im Falle der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln hätte der Kl schon am Sonntagabend anreisen müssen, um am Montag seine Arbeit um 6:00 Uhr antreten zu können. Endete die Schicht des Kl am Freitag um 22:00 Uhr, bestand mit öffentlichen Verkehrsmitteln die erstmögliche Rückreise an seinen Wohnort erst am drauffolgenden Samstagnachmittag. Die Anreise am Montag zur Nachmittagsschicht sowie die Heimreise am Freitag nach der Frühschicht wäre für den Kl mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch am jeweils selben Tag möglich gewesen.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren betreffend die geltend gemachte Kilometergelddifferenz (teilweise) statt, und führte resümierend aus, dass der Kl nach Abschnitt VIII Pkt 14 des anzuwendenden KollV Anspruch auf Vergütung des Kilometergeldes iHv € 0,42 habe, wenn der AG die Verwendung des Privat-PKW angeordnet habe. Die Anordnung des AG iSd erwähnten Bestimmung könne nicht nur ausdrücklich, sondern auch schlüssig erfolgen. In der Überlassungsmitteilung sei die Bekl von der dienstvertraglichen Anordnung der An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln wieder abgegangen. Darüber hinaus sei dem Kl die rechtzeitige wöchentliche Anreise zum und Abreise vom Beschäftigerbetrieb unter Einhaltung der ihm vorgegebenen Arbeitszeiten bei gleichzeitiger Einhaltung der kollektivvertraglichen Bestimmungen faktisch nicht möglich gewesen. Insofern habe der Kl Anspruch auf das kollektivvertragliche Kilometergeld für sein Wochenpendeln, weil aufgrund des von der Bekl verfügten Einsatzes des Kl im Beschäftigerbetrieb unter Berücksichtigung der einzuhaltenden Arbeitszeit die konkludente Anordnung der Verwendung seines Privat-PKW abzuleiten sei.

Der OGH wies die ordentliche Revision der Bekl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurück.

Zunächst hielt der OGH in seiner Begründung fest, dass – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht die Auslegung des anzuwendenden KollV strittig ist, sondern ausschließlich die Frage, ob der Kl aufgrund konkludenter Anordnung der Bekl für seine wöchentliche Anreise vom Wohnort zum Beschäftigerbetrieb und seine Heimreise lediglich das in der Überlassungsmitteilung festgelegte Kilometergeld von € 0,11 bezahlt erhält oder gem Abschnitt VIII Pkt 14 des anzu-230wendenden KollV ein Kilometergeld von € 0,42 auszuzahlen ist. Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung bzw der Schlüssigkeit eines Verhaltens hat regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung, es sei denn, es läge eine krasse Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vor, die im Interesse der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste. Dies ist hier nach Ansicht des OGH nicht der Fall.

In Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht geht der OGH davon aus, dass eine Anordnung gem Abschnitt VIII Pkt 14 KollV für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung nicht nur ausdrücklich, sondern auch schlüssig erteilt werden kann. Gegenteiliges lässt sich weder aus dem maßgeblichen Text des KollV noch der Intention der Kollektivvertragsparteien entnehmen. Auch aus der von beiden Parteien unterfertigten Überlassungsmitteilung, womit ein fiktiver Fahrtkostenersatz für die wöchentliche An- und Abreise iHv € 0,11 pro km vereinbart wurde, ist für die Bekl nichts zu gewinnen, weil eine derartige einzelvertragliche Vereinbarung gegen die zwingenden Rechtsnormen des Abschnitts VIII Pkt 14 verstößt (vgl idZ § 3 Abs 1 ArbVG). Insofern war der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach der Kl nach Abschnitt VIII Pkt 14 Anspruch auf das kollektivvertragliche Kilometergeld von € 0,42 habe, zu folgen.