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Entlassung wegen genesungswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers im Krankenstand

DAVIDKOXEDER

Gegenständlich beurteilten die Vorinstanzen folgendes Verhalten des Kl als objektiv sorgfaltswidrig und subjektiv vorwerfbar: Der Kl litt seit Jahren an Wirbelsäulenbeschwerden. Sein Leiden befand sich nach einem Krankenstand und im Anschluss an einen Urlaub in einer – erneut seine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigenden – Akutphase, weshalb sich der Kl am Vortag und am Tag des Vorfalls in fachärztlicher Behandlung befand. In dieser Situation hantierte er mit einem 510 kg schweren Anhänger. Das Erstgericht konstatierte dieses Verhalten als genesungswidrig. Nachdem ihm sein Arzt erklärt hatte, Lastbewegungen mit vorgebeugtem Oberkörper zu vermeiden, war dem Kl die Genesungswidrigkeit auch bewusst.

Der OGH wies die außerordentliche Revision des Kl mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig zurück und begründete dies damit, dass die Frage, ob ein Entlassungsgrund – wie im vorliegenden Fall ein genesungswidriges Verhalten des AN im Krankenstand – verwirklicht ist, eine Einzelfallentscheidung darstellt und damit keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO begründet, sofern keine grobe Fehlbeurteilung vorliegt.

In rechtlicher Hinsicht führt der OGH zunächst aus, dass sich nach der Rsp die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Beurteilung des Verhaltens des AN im Krankenstand unter dem Gesichtspunkt der beharrlichen Pflichtverletzung nach § 82 lit f GewO 1859 bzw der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Abs 1 AngG wie folgt zusammenfassen lassen: Aus dem Arbeitsvertrag besteht für den AN229 die Verpflichtung, sich im Fall einer Krankheit und einer dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit so zu verhalten, dass die Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt wird. Bereits die Eignung eines Verhaltens, den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen oder den Heilungsprozess zu verzögern, kann einen Entlassungsgrund darstellen. Dem AN muss jedoch das objektiv sorgfaltswidrige Verhalten auch subjektiv vorwerfbar sein. Demnach darf ein DN ärztlichen Anordnungen jedenfalls nicht schwerwiegend bzw betont und im erheblichen Ausmaß zuwiderhandeln, ebenso wenig die nach der allgemeinen Lebenserfahrung allgemein üblichen Verhaltensweisen im Krankenstand betont und offenkundig verletzen.

Darauf aufbauend vertritt der OGH im vorliegenden Fall die Ansicht, dass von einem AN in der Situation des Kl erwartet werden kann, den Heilungsverlauf nicht durch Bewegungsabläufe zu beeinträchtigen, die auch ohne genaue ärztliche Anweisung als für die Genesung schädlich erkennbar sind. Insofern sah der OGH die Rechtsmeinung der Vorinstanzen, dass eine Weiterbeschäftigung des Kl aufgrund des obengenannten Verhaltens in Verbindung mit bereits im ersten Rechtsgang festgestellten geringeren Dienstpflichtverletzungen (wie zB Überschreitung der Ausgehzeiten) unzumutbar sei, als vertretbar.