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Betriebspensionsberechnung: Keine Aliquotierungspflicht bei Teilzeit ohne Aliquotierungsregelung in der Anspruchsgrundlage

JULIAEICHINGER (WIEN)
§§ 6 und 7 ABGB; Art 4 Nr 1 RL 97/81/EG idF RL 98/23/EG; Art 2 Abs 1 lit b iVm Art 4 und 5 RL 2006/54/EG
  1. Für die Berechnung der Betriebspensionsansprüche ist im Anlassfall die Auslegung der zugrundeliegenden Pensionspläne maßgebend. Diese enthalten eine abschließende Regelung aller Berechnungsfaktoren ohne Aliquotierungsregelung bei Teilzeitbeschäftigung. Mangels einer planwidrigen Regelungslücke sind die Ansprüche daher für Teilzeitbeschäftigte und Vollzeitbeschäftigte identisch zu berechnen.

  2. Eine Übung des redlichen Verkehrs als allgemeiner Vertragsgrundsatz, wonach bei Teilzeitbeschäftigung sämtliche Entgeltleistungen nur aliquot im Verhältnis zum Arbeitsausmaß zustünden, besteht nicht. Auch aus der Auslegung spezieller gesetzlicher Bestimmungen (UrlG, Abfertigung alt) kann ein solches Ergebnis nicht als Dogma für Regelungen in Einzelvereinbarungen oder BV abgeleitet werden.

  3. Das EU-Recht (TeilzeitarbeitsRL 97/81/EG idF RL 98/23/EG, GleichbehandlungsRL 2006/54/EG) erlaubt zwar grundsätzlich Aliquotierungen pro-rata-temporis, eine Aliquotierungspflicht bei Entgeltleistungen (hier Betriebspensionen) ergibt sich daraus jedoch nicht. Auch aus der gemeinsamen Verfassungstradition der Mitgliedstaaten ist kein allgemeiner Rechtsgrundsatz zur verpflichtenden Aliquotierung von Entgeltleistungen bei Teilzeitbeschäftigung ableitbar.

  4. Die Rechtsauffassung, teilbare Entgeltleistungen seien durch unionsrechtskonforme Auslegung zwingend zu aliquotieren, wenn die nationale Anspruchsgrundlage die Aliquotierung nicht ausdrücklich anordnet, ist daher unzutreffend.

1. Die vorliegende Rechtssache betrifft die Auslegung der einzelvertraglichen Pensionszusagen der Bekl (Pensionspläne 1979 und 1984), die im Jahr 1990 inhaltlich unverändert mittels BV auf eine Pensionskasse übertragen wurden. Im Jahr 1994 traten eine Ergänzung (dritte Ergänzung) der Pensionskassen-BV sowie für Alt-AN (für diese galt die dritte Ergänzung nicht) der Pensionsplan 1994 in Kraft. [...]

3.1 Die Vorinstanzen stehen auf dem Standpunkt, dass die alten Pensionspläne (1979 und 1984) zur Berechnung der Betriebspensionsansprüche (Pensionszuschuss oder Anwartschaft) hinsichtlich aller Faktoren (Entgelt, Dienstzeit, Berechnungszeitraum) eine abschließende Regelung enthalten und eine Lücke nicht vorliege. Davon ausgehend gelangen sie zum Ergebnis, dass die alten Pensionspläne bei der Definition der Dienstzeit nicht zwischen Vollzeit und Teilzeit differenzierten, weshalb die Ansprüche ident zu berechnen seien.

3.2 [...] Abschnitt 6 der Pensionspläne weist eine detaillierte Regelung auf. Unterschiedliche Einkommen während des Berechnungszeitraums werden in Form des Jahresdurchschnittsbezugs berücksichtigt. Die Annahme einer Lücke liegt nicht nahe. Teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter wurden nicht vergessen; diese sind im Abschnitt 1 der Pensionspläne ausdrücklich erwähnt. [...]

Aus der Definition des Pensionsplans 1994 (für Alt-AN) ergibt sich nicht, dass es sich um eine „rückwirkende Klarstellung im Sinn einer authentischen Interpretation“ [der Pensionspläne aus 1979 und 1984; Anm der Verf] handeln soll. Vielmehr ist ausdrücklich von „Abweichungen“ zu den bisherigen (alten) Pensionsplänen die Rede.

Auch das Argument [...], „rückwirkende nachträgliche Verschlechterungen der Ansprüche durch eine spätere Betriebsvereinbarung seien bei authentischer Interpretation zulässig“, schlägt [...] fehl, weil die Bekl [...] die „authentische Interpretation“ durch die Vertragsparteien bemühen muss. Dafür bestehen [...] keine stichhaltigen Anhaltspunkte.

3.3 Insgesamt hat es daher bei dem [...] in der E 8 ObA 15/15m erzielten Auslegungsergebnis zu bleiben. Dies bedeutet, dass die Betriebspension von Angestellten mit (mehr als fünf Jahre vor Pensionsantritt gelegenen) vorübergehenden Perioden der Teilzeitbeschäftigung gleich zu berechnen ist wie die Betriebspension von durchgehend Vollzeitbeschäftigten. Die Revision vermag nicht darzulegen, weshalb dieses Ergebnis nicht dem Willen der seinerzeitigen Vertragsparteien entsprochen haben soll. Eine einseitige, auch langjährige Praxis durch die Mitarbeiter der Personalabteilung der Bekl kann die Willenseinigung der Vertragsparteien nicht ändern.

4.1 [...] Es mag auch richtig sein, dass aus den Regelungen des BPG über Pensionsanwartschaften (vor allem §§ 5, 7 und 8) eine Einschränkung der Regelungsbefugnis der Betriebsvereinbarungsparteien nicht abgeleitet werden kann. Diese Überlegungen [...] sprechen aber weder für noch gegen die [...] Aliquotierung bei Teilzeit. Vielmehr überlassen die zitierten Bestimmungen die konkrete Regelung den Vertragsparteien. Das Gleiche gilt für die [...] Überlegungen [...], die [...] „nicht gegen die Bedeutung des synallagmatischen Zusammenhangs zwischen Umfang der Arbeitsleistungspflicht in einzelnen Zeiträumen und Höhe einer damit zusammenhängenden Leistungszusage“ sprechen. Eine Übung des redlichen Verkehrs als allgemeiner Vertragsgrundsatz, wonach bei Teilzeitbeschäftigung sämtliche Entgeltleistungen nur aliquot im Verhältnis zum Arbeitsausmaß zustünden, besteht nicht. Auch aus der Auslegung spezieller gesetzlicher Bestimmungen, die nicht den Anlassfall betreffen (UrlG; Abfertigung alt), kann ein solches Ergebnis nicht gleichsam als Dogma auch für die Regelung in Einzelvereinbarungen oder BV abgeleitet werden. Vielmehr besteht [...] kein Grund zur Einschränkung der Regelungsautonomie der Vertragsparteien.

Die [...] E 8 ObS 12/16x betrifft den Spezialfall der Berechnung der Sonderzahlungen bei unterjäh-324riger Veränderung des Beschäftigungsausmaßes. Ausgangspunkt dieser E ist [...], dass der Gesetzgeber für bestimmte, typische Fälle des Wechsels des Beschäftigungsausmaßes spezielle Regelungen über die Berechnung der Sonderzahlungen angeordnet hat, die eine Aliquotierung in dem der Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung entsprechenden Ausmaß im Kalenderjahr vorsehen. [...] Dazu hält [...] die zitierte E fest, dass die darin angestellten Überlegungen zur analogen Berechnung der Sonderzahlungen nur dann gelten, wenn der anzuwendende KollV keine bestimmte Regelung für die Änderung des Beschäftigungsausmaßes enthält. Grundlage dieser E ist daher nicht ein verallgemeinerungsfähiges Prinzip für alle Fragen, die sich bei einer Teilzeitbeschäftigung stellen können, sondern [...] ein Analogieschluss (vgl auch Mader, Glosse zu 8 ObS 12/16x in DRdA 2017/23, 219 [223]).

Verallgemeinerungsfähig aus der zitierten E ist lediglich der Grundsatz, dass das Unterbleiben der Aliquotierung (mangels sachlicher Rechtfertigung) nicht dazu führen darf, dass der teilzeitbeschäftigte AN aufgrund einer Herabsetzung des Beschäftigungsausmaßes während des Berechnungszeitraums benachteiligt wird, weil im Berechnungszeitraum gelegene Vollarbeitszeiten unberücksichtigt bleiben. Es darf somit zu keiner Diskriminierung der Teilzeitbeschäftigten kommen [...].

4.2 Es bleibt also dabei, dass es zur Bestimmung der nationalen Regelung [...] allein auf die Auslegung der zugrundeliegenden Pensionspläne ankommt. [...]

5. Nach dem erzielten Auslegungsergebnis findet bei der Bemessung der Betriebspension nach den zugrundeliegenden Pensionsplänen eine Aliquotierung [...] nicht statt. Teilzeitbeschäftigte AN werden [...] gleich wie Vollzeitbeschäftigte behandelt.

6.1 Das dargestellte Auslegungsergebnis ist in der Folge an den [...] unionsrechtlichen Grundsätzen zu messen.

Nach stRsp des EuGH gehört das Entgelt zu den Beschäftigungsbedingungen [iSd RL 97/81/EG über Teilzeitarbeit; Anm der Verf]. Das Gleiche gilt für Versorgungsbezüge, wenn sie von einem Beschäftigungsverhältnis zwischen AN und AG abhängen, ausgenommen Versorgungsbezüge aus einem gesetzlichen System der sozialen Sicherheit, die weniger von einem Beschäftigungsverhältnis abhängen, sondern [...] durch sozialpolitische Erwägungen bestimmt werden (EuGHC-395/08, Bruno, Rz 64; C-527/13, Cachaldora Fernandez, Rn 37).

Für Beschäftigungsbedingungen gilt der Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Teilzeitbeschäftigten nach § 4 Nr 1 der RL 97/81/EG (idF der RL 98/23/EG) über Teilzeit. Diese Bestimmung verbietet es, Teilzeitbeschäftigte hinsichtlich ihrer Beschäftigungsbedingungen gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nur deswegen schlechter zu behandeln, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt (C-354/16, Kleinsteuber, Rn 25 und 42). Eine solche Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten liegt hier nicht vor. [...]

Es entspricht der Rsp des EuGH, dass die Berücksichtigung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes sowohl für Versorgungsbezüge aus einem gesetzlichen System der sozialen Sicherheit als auch für Versorgungsbezüge durch den DG zulässig ist (C-395/08, Bruno, Rn 65; C-354/16, Kleinsteuber, Rn 30). Diese rechtliche Konsequenz setzt allerdings voraus, dass im nationalen Recht eine entsprechende Regelung [...] besteht, die am Unionsrecht zu messen ist. Dies ist hier [...] aber gerade nicht der Fall. Entgegen der Ansicht der Bekl lässt sich aus der RL über Teilzeit, die nur Diskriminierungen (zu Lasten) von Teilzeitbeschäftigten verhindern will, eine Aliquotierungspflicht nicht ableiten. Es besteht [...] auch kein allgemeiner Rechtsgrundsatz nach Art 6 Abs 3 EUV, der sich aus der gemeinsamen Verfassungstradition der Mitgliedstaaten ableiten ließe.

6.2 Nichts anderes ergibt sich aus der [...] E zur Kinderzulage für Teilzeitbeschäftigte (EuGHC-476/12, ÖGB; siehe dazu 8 ObA 20/12t und 8 ObA 76/14f). Aus dieser E ergibt sich, dass die Anwendung des Pro-rata-temporis-Grundsatzes auf sämtliche vom AG bezahlten Entgeltbestandteile gerechtfertigt ist. Der Entgeltbegriff umfasst alle gegenwärtigen oder künftigen Vergütungen, die der AG im Zusammenhang mit der Beschäftigung dem AN gewährt. In der Berücksichtigung einer im Verhältnis zum vollzeitbeschäftigten AN reduzierten Arbeitszeit erblickt der EuGH ein objektives Kriterium, das eine proportionale Kürzung aller Entgeltansprüche der betroffenen AN (Teilzeitbeschäftigten) erlaubt. Auch aus dieser E folgt, dass bei Teilzeitbeschäftigung eine Aliquotierungsregelung erlaubt ist, sofern eine solche Regelung nach der einschlägigen Rechtsgrundlage tatsächlich getroffen wurde.

6.3 Der Ansicht der Bekl, wonach teilbare Entgeltleistungen im Weg unionsrechtskonformer Auslegung zwingend zu aliquotieren seien, wenn die nationale Anspruchsgrundlage die Aliquotierung nicht ausdrücklich anordne, ist nicht zuzustimmen. Vielmehr ist zunächst – im ersten Schritt – die nationale Regelung [...], gegebenenfalls durch Auslegung, zu bestimmen. Im zweiten Schritt ist zu prüfen, ob ein Widerspruch zum Unionsrecht besteht. Gegebenenfalls ist dieser Widerspruch nach unionsrechtlichen Grundsätzen aufzulösen. Im Anlassfall liegt ein Widerspruch zur RL über Teilzeit [...] nicht vor.

7.1 Die Bekl müsste die behauptete Unionsrechtswidrigkeit daher aus einer anderen unionsrechtlichen Grundlage ableiten [...]. Sie führt ins Treffen, dass die Gleichbehandlung der Teilzeitbeschäftigten zu einer mittelbaren Diskriminierung der Männer führe.

Die einschlägige Rechtsgrundlage besteht in der RL 2006/54/EG. Danach liegt eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts vor, wenn eine nationale Maßnahme (Bestimmung oder Gepflogenheit) zwar neutral formuliert ist, sich in ihrer Anwendung aber (hier) auf wesentlich mehr Männer als Frauen nachteilig auswirkt, diese also benachteiligt (C-527/13, Cachaldora Fernandez, Rn 28; 8 ObA 30/16v mwN; C-173/13, Leone, Rn 41).325

7.2 Die Bekl unterstellt [...], dass es sich bei Vollzeitbeschäftigten in Österreich vornehmlich um männliche AN handelt. Unter dieser Prämisse würden durch die in Rede stehende Regelung nach dem erzielten Auslegungsergebnis weibliche AN zwar begünstigt werden. Eine Benachteiligung männlicher AN findet aber nicht statt. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Gruppe der (vollzeitbeschäftigten) Männer sämtliche Dienstzeiten mit dem Ausmaß der Vollzeitbeschäftigung angerechnet erhält. Vollzeitbeschäftigte Männer könnten für sich also kein günstigeres Ergebnis erzielen. Der Ausgleich der „Ungleichbehandlung“ nach Maßgabe des Pro-rata-temporis-Grundsatzes könnte demnach nur darin bestehen, dass die Gruppe der Frauen ihre Vergünstigungen verliert. Damit fehlt es an einer relevanten Ungleichbehandlung iSd unionsrechtlichen Antidiskriminierungsvorschriften. Eine solche setzt [...] voraus, dass die neutral formulierte Regelung in ihren Auswirkungen für eine bestimmte Gruppe (hier Männer), die sich in einer vergleichbaren Situation wie die andere Gruppe befindet, nachteilig ist (vgl auch 8 ObA 30/16v). Die Ungleichbehandlung müsste somit zu einer Benachteiligung führen.

Davon abgesehen besteht das Ziel der zugrundeliegenden Berechnungsmethode zur Betriebspension darin, die Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Grundlage der Regelung ist [...] nicht das Kriterium des Geschlechts, sondern [...] jenes der Betriebszugehörigkeit, weshalb die in Rede stehende Regelung nicht konkret, sondern nur zufällig das Merkmal des Geschlechts betreffen würde.

7.3 Schließlich käme auch eine Rechtfertigung in Betracht. Der primäre Zweck der betrieblichen Rentenversorgung besteht darin, die Betriebstreue der Mitarbeiter zu honorieren. Dabei handelt es sich um ein sozialpolitisches Ziel im Allgemeininteresse (vgl C-354/16, Kleinsteuber, Rn 65). Das in Rede stehende Auslegungsergebnis ist geeignet, das genannte Ziel zu erreichen, und es erscheint auch nicht unangemessen (vgl C-354/16, Kleinsteuber, Rn 66).

8. Insgesamt ergibt sich somit, dass das [...] Auslegungsergebnis zur Berechnung der Betriebspension (Pensionszuschuss oder Anwartschaft) auf Basis der [...] Pensionspläne in Bezug auf teilzeitbeschäftigte DN weder zu einer Diskriminierung aufgrund der Beschäftigungsart noch zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen führt. [...] Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen. [...]

ANMERKUNG
1.
Einleitung

Die im Anlassfall einschlägigen Pensionspläne aus 1979 und 1984 sehen für die Berechnung der Betriebspensionsleistungen für bestimmte Alt-AN keine Aliquotierungsregelungen bei Teilzeitbeschäftigung vor. Bei sonst identischen Leistungsvoraussetzungen und Berechnungsfaktoren erhalten vollzeit- und teilzeitbeschäftigte AN daher gleich hohe Betriebspensionsleistungen. Bei der Befassung mit der außerordentlichen Revision der bekl AG prüfte der OGH, ob eine Aliquotierung solcher Leistungen pro-rata-temporis auch dann verpflichtend sein kann, wenn die einschlägige Anspruchsgrundlage keine Aliquotierungsregelung enthält.

2.
Auslegung der Pensionspläne

Der OGH verneinte im Zurückweisungsbeschluss eine dahingehende „Aliquotierungspflicht“ mit überzeugender Begründung. Zutreffend ging er davon aus, dass der Modus für die Berechnung der Betriebspensionsleistungen auf der Basis der die Leistungsansprüche begründenden Rechtsgrundlagen – im Anlassfall anhand der „alten“ Pensionspläne aus 1979 und 1984 – zu ermitteln ist. Der Ansicht der Bekl, „wonach teilbare Entgeltleistungen im Weg unionsrechtskonformer Auslegung zwingend zu aliquotieren seien, wenn die nationale Anspruchsgrundlage die Aliquotierung nicht ausdrücklich anordne“, folgte der OGH zu Recht nicht: Zunächst müsse der Inhalt der nationalen Regelung bestimmt werden. Erst dann sei zu prüfen, ob eventuell ein Widerspruch zum Unionsrecht bestehe.

Die im Anlassfall einschlägigen Pensionspläne enthielten nach den Feststellungen der Vorinstanzen „zur Berechnung der Betriebspensionsansprüche (Pensionszuschuss oder Anwartschaft) hinsichtlich aller Faktoren (Entgelt, Dienstzeit, Berechnungszeitraum) eine abschließende Regelung“, die bei der Definition der Dienstzeit nicht zwischen Vollzeit und Teilzeit differenzierte. In einem anderen Abschnitt der Pensionspläne wurden teilzeitbeschäftigte AN aber ausdrücklich erwähnt. Das spricht bei systematischer Auslegung grundsätzlich für die Schlussfolgerung des OGH, dass Teilzeitbeschäftigte in den Pensionsplänen „nicht vergessen“ worden seien und daher auch keine planwidrige Regelungslücke bezüglich der Berechnung der Leistungsansprüche teilzeitbeschäftigter AN (iS einer Aliquotierung nach dem Pro-rata-temporis-Grundsatz) vorliege. Allerdings können dem Zurückweisungsbeschluss des OGH keine Details darüber entnommen werden, welche Inhalte der Abschnitt der Pensionspläne betrifft, der Regelungen für Teilzeitbeschäftigte enthält. Denn eine beliebige Regelung betreffend Teilzeitbeschäftigte in einem anderen Abschnitt des Pensionsplans müsste nicht zwingend bedeuten, dass diese Gruppe bei den Regelungen zur Betriebspensionsberechnung nicht vielleicht doch übersehen wurde.

Für die vage Argumentation der Bekl, eine „authentische Interpretation“ der Pensionspläne spreche für die Aliquotierung bei Teilzeitbeschäftigung, sah der OGH keine stichhaltigen Anhaltspunkte und gelangte wie schon die Vorinstanzen zum vertretbaren Ergebnis, dass die Leistungsansprüche nach den maßgebenden Pensionsplänen für die teilzeitbeschäftigten AN und für die vollzeitbeschäftigten AN „ident zu berechnen“ seien.326

3.
Unionsrechtliche Beurteilung
3.1.
„Verkehrte Welt“ im Anlassfall

Die Sachlage im Anlassfall präsentiert sich als „verkehrte Welt“. Denn wenn es in Arbeitsrechtsfällen um den Themenbereich „Teilzeitbeschäftigung – Vollzeitbeschäftigung“ aus gleichbehandlungsrechtlicher Sicht geht, dann ist in aller Regel zu beurteilen, ob teilzeitbeschäftigte AN wegen der Teilzeitbeschäftigung gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteiligt werden (siehe zum EU-Recht Fuchs/Marhold, Europäisches Arbeitsrecht5 [2018] 166; Schrammel/Windisch-Graetz, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht2 [2018] 119 f). Meistens ist dann – wegen des idR sehr hohen Frauenanteils unter den Teilzeitbeschäftigten – auch zu prüfen, ob vielleicht eine mittelbare Frauendiskriminierung vorliegt (vgl zu diesem Konnex Fuchs/Marhold, Europäisches Arbeitsrecht5 164, 210 f; Heilegger/Klein, Arbeitszeitgesetz4 [2016] § 19d Rz 107 f; Schrammel/Windisch-Graetz, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht2 118, 133 ff).

Im Anlassfall war als Kernfrage zu klären, ob sich aus dem Unionsrecht – konkret aus der Teilzeitarbeitsrichtlinie (RL 97/81/EG idF RL 98/23/EG; siehe dazu in Pkt 3.2.) und aus der Gleichbehandlungsrichtlinie – Neufassung (RL 2006/54/EG; siehe dazu in Pkt 3.3.) – Anhaltspunkte für eine Aliquotierungspflicht bei der Berechnung der Betriebspensionsansprüche von Teilzeitbeschäftigten ergeben, wenn die einschlägigen Anspruchsgrundlagen (dh die Pensionspläne aus 1979 und 1984) keine Aliquotierung festlegen. In diesem Zusammenhang ging der OGH auch der Frage nach, ob die Vollzeitbeschäftigten (offenbar überwiegend Männer) im vorliegenden Fall dadurch bei ihren Betriebspensionsansprüchen benachteiligt wurden, dass die Pensionspläne für Teilzeitbeschäftigte keine Aliquotierung pro-rata-temporis vorsehen. Das prüfte der OGH anhand der unionsrechtlichen Grundlagen (siehe Pkte 3.2. und 3.3.).

Der OGH setzte sich auch in anderen Entscheidungen mit der Auslegung der im Anlassfall einschlägigen Pensionspläne in Bezug auf die Aliquotierungsfrage auseinander (vgl OGH 28.11.2017, 9 ObA 116/17z; OGH 28.9.2017, 8 ObA 27/17d; OGH 26.2.2015, 8 ObA 15/15m). Darunter enthielt die im vorliegenden Beschluss zitierte E zu OGH8 ObA 15/15m (ZFR 2015/232, 433 [Resch]; DRdA-infas 2015/140, 185; Arb 13.210) die genauesten Ausführungen. Auch darin hielt der OGH fest, dass aus der Zulässigkeit der Aliquotierung betrieblicher Pensionszuschüsse für Teilzeitbeschäftigte pro-rata-temporis im Umkehrschluss kein Gebot zur Aliquotierung abzuleiten ist. Das Diskriminierungsverbot wegen Teilzeitbeschäftigung stehe einer für die betroffene AN-Gruppe relativ günstigeren Vereinbarung nicht entgegen. Demzufolge seien durchgehend vollzeitbeschäftigte Angestellte nicht benachteiligt, wenn sie bei identen Anspruchsvoraussetzungen keine höhere Betriebspension erhalten als Angestellte, die in der Vergangenheit vorübergehend teilzeitbeschäftigt waren (siehe Pkt 4 des Beschlusses).

3.2.
Aliquotierungspflicht bei Teilzeitbeschäftigung?

Im Unionsrecht legt die Teilzeitarbeitsrichtlinie (RL 97/81/EG zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit vom 15.12.1997) idF der Teilzeitarbeit-Ausdehnungsrichtlinie (RL 98/23/EG zur Ausdehnung der RL 97/81/EG ... auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland vom 7.4.1998) die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für die Teilzeitarbeit fest (siehe zur TeilzeitarbeitsRL weiterführend Fuchs/Marhold, Europäisches Arbeitsrecht5 164 ff; Schrammel/Windisch-Graetz, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht2 118 ff). Das wichtigste Ziel der TeilzeitarbeitsRL ist – wie schon das der ihr vorangegangenen Rahmenvereinbarung der europäischen Sozialpartner (auf AG-Seite der UNICE, Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas, und des CEEP, Europäischer Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft, und auf AN-Seite des EGB, Europäischer Gewerkschaftsbund) über Teilzeitarbeit – „die Beseitigung von Diskriminierungen von Teilzeitbeschäftigten“ (vgl die Präambel zur Rahmenvereinbarung im Anhang der RL 97/81/EG; Fuchs/Marhold, Europäisches Arbeitsrecht5 166; Schrammel/Windisch-Graetz, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht2 119. Dasselbe Ziel verfolgt auch die nationale Regelung in § 19d Abs 6 AZG. Siehe dazu weiterführend Heilegger/Klein, Arbeitszeitgesetz4 § 19d Rz 106 ff; Mosler, Das Benachteiligungsverbot für Teilzeitbeschäftigte nach österreichischem, deutschem und europäischem Recht, in FS-Tomandl [1998] 273 ff, 279 ff; Schrank, Arbeitszeit – Kommentar4 [2017] § 19d AZG Rz 113 ff).

Diese Zielsetzung kommt in dem in § 4 der Rahmenvereinbarung normierten „Grundsatz der Nichtdiskriminierung“ zum Ausdruck. Teilzeitbeschäftigte dürfen danach in ihren Beschäftigungsbedingungen nur deswegen, weil sie teilzeitbeschäftigt sind, gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten nicht schlechter behandelt werden, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt (Z 1; dazu Fuchs/Marhold, Europäisches Arbeitsrecht5 166; Schrammel/Windisch-Graetz, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht2 119). Der in Z 2 leg cit festgelegte Satz – „Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz“ – darf daher nicht dahingehend missverstanden werden, dass er eine Aliquotierungspflicht bei Teilzeitbeschäftigung begründe (so aber die Ansicht der Bekl im Anlassfall). Aus dieser Regelung ergibt sich hingegen – wie der OGH zutreffend aufgezeigt hat – lediglich die Befugnis zur Festlegung von Aliquotierungsregelungen in den Mitgliedstaaten (siehe die Nachweise zur EuGH-Judikatur bei Fuchs/Marhold, Europäisches Arbeitsrecht5 166 f; Schrammel/Windisch-Graetz, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht2 119 f), sei es durch Anordnungen des Gesetzgebers oder auch in individuellen oder kollektiven Vereinbarungen. Soll es also zu einer Aliquotierung von Entgeltansprüchen bei Teilzeit kommen, dann muss vorher von der Befugnis327zur Festlegung einer solchen Regelung Gebrauch gemacht worden sein. Umgelegt auf den Anlassfall hätten die einschlägigen Pensionspläne aus 1979 und 1984 daher eine Aliquotierungsregelung bei Teilzeitbeschäftigung vorsehen müssen. Das war aber gerade nicht der Fall und im Verfahren konnte auch keine planwidrige Regelungslücke festgestellt werden.

3.3.
Mittelbare Diskriminierung vollzeitbeschäftigter Männer?

Die Bekl konnte auch die RL 2006/54/EG vom 5.7.2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen nicht erfolgreich ins Treffen führen. Diese RL (siehe zur GleichbehandlungsRL – Neufassung weiterführend Fuchs/Marhold, Europäisches Arbeitsrecht5 195 ff; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG [2009], Historische Entwicklung Rz 34, 48 f; Schrammel/Windisch-Graetz, Europäisches Arbeits- und Sozialrecht2 125 f) untersagt (wie auch die Umsetzungsbestimmungen in § 3 iVm § 5 Abs 1 und 2 GlBG; siehe dazu exemplarisch Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 3 Rz 1 ff, § 5 Rz 93 ff) unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts ua in Bezug auf sämtliche Entgeltbestandteile und -bedingungen (vgl Art 4 Satz 1 RL 2006/54/EG), nicht zuletzt auch bei der Leistungsberechnung in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit (vgl Art 5 lit c der RL).

Auf das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts können sich nicht nur Frauen, sondern auch Männer stützen (siehe grundlegend EuGH 17.5.1990, C 262/88, Barber; bereits zur RL 76/207/EWG Eichinger, Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, in Oetker/Preis [Hrsg], Europäisches Arbeits- und Sozialrecht, EAS, Teil B 4200 [42. ErgLfg 1999] 60 Rz 50; ebenso schon zum österreichischen GlBG aus 1979 Mayer-Maly, Gleichbehandlungsgesetz [1981] 46).

Art 2 Abs 1 lit b RL 2006/54/EG definiert mittelbare Diskriminierung als eine „Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich“ (vgl nahezu wortgleich die Legaldefinition der mittelbaren Diskriminierung in § 5 Abs 2 GlBG). Nach dieser Begriffsbestimmung genügt es für den Tatbestand einer mittelbaren Diskriminierung bereits, wenn Vorschriften ein Geschlecht benachteiligen können (siehe Fuchs/Marhold, Europäisches Arbeitsrecht5 210; Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG § 5 Rz 93 und 97). Eine tatsächliche Benachteiligung ist demzufolge nicht immer erforderlich. In dieser Hinsicht hätten die Formulierungen im Beschluss des OGH (in Pkt 7.1 „diese also benachteiligt“ und in Pkt 7.2 „dass die neutral formulierte Regelung in ihren Auswirkungen für eine bestimmte Gruppe ... nachteilig ist“ sowie die „Ungleichbehandlung müsste somit zu einer Benachteiligung führen“) etwas präziser ausfallen sollen.

Inhaltlich begründete der OGH die Verneinung einer mittelbaren Diskriminierung mit dem Argument, dass den Vollzeitbeschäftigten (hier offenbar überwiegend Männer) nach den Pensionsplänen ohnehin sämtliche Dienstzeiten mit dem Ausmaß der Vollzeitbeschäftigung anzurechnen waren und damit kein für sie günstigeres Ergebnis erreichbar war. Wenn man dieser vertretbaren Argumentation folgt, hätten die Vollzeitbeschäftigten durch die Anwendung der Pensionspläne wohl auch nicht benachteiligt werden können.

Allenfalls ließe sich für eine mittelbare Diskriminierung der vollzeitbeschäftigten Männer ins Treffen führen, dass diese Gruppe für den Erwerb des Betriebspensionsanspruchs in zeitlicher Hinsicht mehr arbeiten musste als die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten, um im Ergebnis einen gleich hohen Pensionsanspruch zu erwerben. Diese Situation könnte man unter Umständen mit unterschiedlich hohen Entgelten für Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte für dieselbe Zeitspanne (zB Stundenentgelt) vergleichen. Gegen diese Überlegungen spricht aber wohl der auch vom OGH betonte besondere Zweck von Betriebspensionen, die Honorierung der Betriebstreue (speziell bei direkten Leistungszusagen wie sie die Pensionspläne aus 1979 und 1984 enthielten), die gerade nicht vom Umfang der individuellen Arbeitszeit, sondern von den im Betrieb des AG zugebrachten Dienstjahren abhängt.

4.
Fazit

Im Ergebnis kann daher der Rechtsauffassung des OGH gefolgt werden, dass im Anlassfall weder eine Diskriminierung aufgrund der Beschäftigungsart (hier bei Vollzeitbeschäftigung) noch eine mittelbare Diskriminierung der vollzeitbeschäftigten Männer aufgrund des Geschlechts vorlag, weil die maßgebenden Pensionspläne keine Aliquotierungsregelung für die Leistungsberechnung bei Teilzeitbeschäftigung enthielten. Für eine planwidrige Regelungslücke in den Pensionsplänen bestanden offenbar keine ausreichenden Anhaltspunkte und aus anderen Regelungen im nationalen Recht und im Unionsrecht war keine Aliquotierungspflicht ableitbar.328